Dramen der Wirklichkeit werden sichtbar, wenn man das Maß des Menschlichen verfehlt. Helmut Müller schließt seine Überlegungen mit einem Verweis auf Heilswissen und Johannes Paul II. ab. Dieser hat gezeigt, dass eine Ökologie des Menschen im Oikos, dem Haus des himmlischen Vaters, gründet. Er schreibt:
“Vaterschaft, nicht Elektronen, Protonen, Neutronen oder andere Bestandteile des Atoms ist der Boden dessen, was ist“,
mit anderen Worten: Das ist die Wirklichkeit allen Wirkens von Thomas von Aquin.
Die Ökologie des Menschen fundiert in einer Ökologie des Lebendigen
Keine Frage, es bedarf kluger Abwägungen, wenn es darum geht, uns selbst zu vermessen. Da der Mensch nach Aristoteles ein zoon politikon oder anders gewendet ein Solidarwesen ist und kein Solitärwesen, wie der arktische Eisbär, der am Polarkreis einsam seine Runden zieht, ist er auch ein Kommunikationswesen. Diese Kommunikation verläuft nicht instinktiv durch ein Seitenlinienorgan wie bei Heringsschwärmen, das ein Mitschwingen im Schwarm regelt. Auch die energiesparende V-Formation bei Zugvögeln ist kein basales Kommunikationsmodell für uns; nein, wir sind neben Naturwesen auch Geistwesen und manche pochen geradezu darauf, richtungslos freier Geist zu sein. Deshalb unterliegt die Einbindung in soziale Strukturen bei uns einem Akt freier Entscheidung. Das sollten keine einsamen Entscheidungen sein, sondern jede Entscheidung sollte in eine Ökologie des Menschlichen eingebettet sein. Zu dieser Ökologie gehört, dass jeder Mensch in seinen Anfängen massiv auf eine Solidargemeinschaft angewiesen ist, die er in seiner mittleren Lebenszeit aktiv unterstützt und fördert, auf die er dann voraussichtlich im Alter wieder angewiesen ist. In der längsten Kindheit aller Lebewesen ist beim Menschen eigentlich als Instinktersatz für eine Organisation des Sozialen eine Erziehung für die Ansprüche in einer Solidargemeinschaft vonnöten. Eine Kompetenz zu freier Entscheidung und aktiver Beanspruchung für Belange der Solidargemeinschaft sollten dann die Eltern und die Gesellschaft als Erziehungsziele für den Nachwuchs so anbieten, dass eine humane Gesellschaft auch in Zukunft eine Solidargemeinschaft bleibt.
Gefährdungen in der Noosphäre durch andere und sich selbst
Aber alle Lebenswelten sind verletzlich. So ist die Lebenswelt der Pandabären limitiert durch Bambuswälder oder die des Tagpfauenauges durch die Brennnessel. Von den Gefährdungen, die unsere Spezies betreffen, gar nicht zu reden. Im Unterschied zu Gefährdungen der Lebenswelten von Tieren und Pflanzen, die nur Gefährdungen in Lithosphäre, Hydrosphäre, Atmosphäre und Biosphäre gewärtigen müssen, kommen bei unserer Spezies noch Gefährdungen in einer weiteren Sphäre hinzu, nämlich die Noosphäre (= Sphäre des menschlichen Geistes/Verstandes). Dabei lassen wir das Naturwesen nicht hinter uns, sondern als Geistwesen sind wir genötigt, manche archaisch anmutenden Architekturen, wie sie schon in einem Reptiliengehirn angelegt sind, zu übernehmen. Triebstrukturen unserer Sexualität müssen daher aus der Instinktsteuerung eines Naturwesens aus sexuellen Stimmungen dem Eigen- und Partnerwohl zuträgliche Haltungen modellieren. Das hängt davon ab, wie wir unser Selbstbild definieren. Wir können uns als Geschöpf und Abbild Gottes erfahren, aber auch von einem blinden Schicksal als Auswurf oder Geworfensein ins Dasein erleben. Als Geistwesen positionieren wir uns zu einer dieser beiden Herkunftsannahmen. Da kann es sein, dass wir uns wie Sartre den „Blicken“ anderer ausgesetzt fühlen, die unter Umständen für unser Selbstbild herausfordernd und verletzend erlebt werden können. Auch unser Selbstbild kann verstörend sein.
Wenn nun jemand auf die Welt kommt und irgendwann erlebt, dass sein Geschlecht im Wissen durch Bekanntschaft, d. h. seinem Selbstbild, nicht mit dem Wissen durch Beschreibung übereinstimmt – also noch innerhalb der Wirklichkeit 1.0, und damit für jeden ersichtlich – sollte das ernst genommen werden. Wissen durch Bekanntschaft ist nämlich das sicherste Wissen überhaupt, das es geben kann. Allerdings ist es auch Manipulationen oder fake News ausgesetzt, eben weil wir Geist- und Solidarwesen sind.
Die fehlende Anziehung etwa für das andere Geschlecht oder eine Irritation in Bezug auf das eigene bedeutet unter Umständen, dass der oder die Betroffene nicht selber noch einmal zusammen mit einem anderen Menschen Quellgrund eines weiteren Lebens sein kann. Das ist weit tragischer, als mit einer Gaumenspalte auf die Welt zu kommen. Denn seit 500 Millionen Jahren – seit es Zweigeschlechtlichkeit gibt – ist die Weitergabe von Leben ein grundierendes Merkmal alles Lebendigen. Sich gegen diese Grundierung zu entscheiden oder diese Grundierung gar nicht zu spüren, kann in einer Ökologie des Lebendigen und auch des Menschen keine Nebensache sein und deshalb auch nicht als Alternative beurteilt werden, wie etwa Farbenblindheit nicht als alternatives Sehen zu bewerten ist.
Natur und Geist in Bio- und Noosphäre
Es sind daher auf jeden Fall Abklärungen notwendig, ob diese Dissonanz zwischen den beiden Formen des Wissens von sich selbst nicht unabwendbares Schicksal ist, oder, da wir ja auch Geistwesen sind, leb- und begründbare Entscheidung! Die lange Phase einer halbwegs gesicherten Kindheit mündet in der Pubertät in eine sehr unsichere Phase. In dieser wird das Kind unter den Gegebenheiten des Naturwesens sozusagen hormonell und sozial vom Kind umgebaut zum Mann oder zur Frau. Unter Beachtung gegebener Naturtriebe und aufgegebener Kulturbildung sollte die Anlage zur Zweigeschlechtlichkeit jeweils ausgebildet werden. Ein mögliches „Dazwischen“ ist Fakt, aber sicherlich nicht eine finale Strategie des Lebendigen. Biosphäre und Noosphäre sind dabei ineinander verschränkt. Die sexuelle Identität ist kein absolutes Terrain der Entscheidung, wie es das Selbstbestimmungsgesetz vom November 2024 simuliert! Als Naturwesen können in der Noosphäre nicht Entscheidungen getroffen werden, die die hormonelle Wirklichkeit der Biosphäre substantiell umformen, in der Annahme, dass das zugleich folgenlos für das ökologische Gleichgewicht unseres persönlichen Wohlbefindens und auch das der Solidargemeinschaft, der wir angehören, ist. Eine eventuelle Änderung des Geschlechtseintrags betrifft nicht nur einen selbst, sondern auch weitere Mitglieder in der Solidargemeinschaft.
Transzendierungen der Noosphäre
Der Mensch als freier Geist, kann sich gegen Generativität, die finale Strategie des Lebendigen, entscheiden. Joachim Illies formulierte es einmal so: Kein Tier kann in ein Kloster gehen. Der Mensch kann das, allerdings nur mit guten Gründen, die in die Noosphäre reichen und selbst diese wird noch transzendiert in eine letzte Wirklichkeit, die nur dem Menschen offen steht. Der Grund im Christentum heißt dann „… um des Himmelreiches willen.“
Die oben angesprochene Dissonanz zwischen den beiden Wissensarten, in denen wir uns bewegen, zeigt auch schon einen Reflex im Evangelium, genau gesprochen in einem größeren Kontext, in den das „…um des Himmelreiches willen“ eingebettet ist. Man könnte sagen, in eine eigentliche Wirklichkeit. Da heißt es nämlich, wenn die finale Naturstrategie, Leben weiterzugeben, in der erwähnten Ökologie des Menschen nicht befolgt wird oder befolgt werden kann:
„Dies Wort fassen nicht alle, sondern die, denen es gegeben ist. Denn es gibt Verschnittene, die von Geburt an so sind; und es gibt Verschnittene, die von den Menschen verschnitten worden sind [!]; und es gibt Verschnittene, die sich selbst verschnitten haben, um des Himmelreiches willen. Wer es fassen kann, der fasse es.“(Mt 19, 11f)
Hypes als Gefährdungen von Biosphäre und Noosphäre
In der Phase des Umbaus vom Kind zum Mann oder zur Frau kann es vorkommen – um in der Sprache des Evangeliums zu bleiben –, dass Menschen für ihr ganzes Leben von Geburt an so sind, wie es heißt oder von Menschen verschnitten werden. Hormonelle und neuronale Erschütterungen in der Wirklichkeit 2.0 können wir in der Regel nicht beeinflussen. Und wenn wir es können, sollten wir eine Beeinflussung reichlich überlegen. Denn was da hormonell oder neuronal geschieht, sendet seine Druckwellen in die Wirklichkeit 1.0, gleichsam auf die Bühne, auf der sich unser Leben abspielt und für alle sichtbar inszeniert wird. C. S. Lewis hat dieses Bild von Bühne und Kulissen[1] gerne verwandt: Die Kulissen von 2.0 mit ihren Requisiten und der ganzen Bühnentechnik bleibt für den gewöhnlichen Zuschauer und uns selbst verborgen, nicht für Humanwissenschaftler. Umgekehrt kann es auch sein, dass etwas auf der Bühne gespielt wird, wie man früher sagte, dass eine Sau durchs Dorf gejagt wird und dadurch unangemessene Aufmerksamkeit erlangt. Heute wäre das ein Hype, der durchs Internet, wie etwa TikTok oder Instagram gejagt und tausendfach geliked wird. Das kann Erschütterungen bei Jugendlichen bis ins Mark beider Wirklichkeiten zur Folge haben.
Die Humanwissenschaften haben mittlerweile erkannt, dass es kein unerschütterliches Dogma der Molekularbiologie mehr gibt, an das man noch etwa bis zum Jahr 2000 geglaubt hat, sondern man hat in einer neuen Disziplin der Epigenetik erkannt, dass selbst die binären Vorgaben geschlechtlicher Identität erschüttert werden können. D. h. die binären genetischen Vorgaben können in ihrer Ausprägung vor und ab der Embryogenese bis weit in die Phase der großen Irritationen negativ beeinflusst werden. Sozio- und Sexualgenese des heranwachsenden Kindes und Jugendlichen könnten dadurch beeinträchtigt werden, indem naturwüchsiges Vorkommen mit natürlichen Zielen verwechselt wird. Schlimm ist, dass eine sogenannte Sexualpädagogik der Vielfalt eher Verstärker dieser Hypes und dieser Verwechslungen geworden ist, als dass diese epigenetischen Erschütterungen verstanden werden. Irritationen werden als Vielfalt verfestigt, nicht als Abweichungen finaler binärer Strategien des Lebendigen erkannt. Lebendigkeit sollte in die Zukunft weitergegeben werden und sollte sich nicht in der Gegenwart erschöpfen und vielleicht bloß problematisch in Hypes gefeiert werden.
Druckwellen der Erschütterung in der Noosphäre menschlicher Ökologie
Was in dieser Weise schon in Politik und Gesellschaft angekommen ist, wird immer mehr auch in Kirchen als Bereicherung der binären Codierung angesehen oder in bloßer Bipolarität unproblematisch weggeredet. Das kann dann bedeuten, dass der Zeugungsvorgang, dem der Schöpfer das Geschenk der Geschlechtslust beigefügt hat, verkehrt oder sogar verunmöglicht wird. Was bei Tieren sozusagen instinktiv gesichert wurde und durch Rausch- und Brunftzeiten u. ä. periodisch reizvoll erlebt wird, ist beim Menschen nicht an Zeiten gebunden, sondern sollte über das ganze Leben hinweg human kultiviert werden. So wie Lithosphäre, Hydrosphäre, Atmosphäre und Biosphäre durch Umwelteinflüsse beeinträchtigt werden, wird auch die Noosphäre in der sexuellen Ökologie des Menschen in Mitleidenschaft gezogen. Pornographie, Polyamorie, Fragmentisierungen des eigentlich eine Ganzheitlichkeit anzielenden sexuellen Erlebnisses müssen da genannt werden. Eigentlich sind Wissen durch Bekanntschaft und Wissen durch Beschreibung in der Regel beide mit Zielen ausgestattet, die auf der Ebene der Noosphäre entschieden werden müssen, mit welchen Gründen man sich für eine Gestaltung von Partnerschaften und für die Weitergabe neuen Lebens oder dagegen entscheidet. Aber es gibt Tragik im Lauf menschlichen Lebens. Das Evangelium weist mit dem Begriff „verschnitten“ darauf hin. Es stellt sich daher die Frage, wie diese Tragik bewältigt werden oder, wenn sie nicht bewältigt werden kann, mit ihr gelebt werden sollte. Der norwegische Bischof Erik Varden hat in einem Schreiben an seine Diözese die Wege aufgezeigt, die in der katholischen Kirche möglich sind, mit den verschiedenen Lebenssituationen umzugehen, die eine Tragik bewältigen, mit der man leben muss bzw. auch Auswege zeigt, wie solche Tragiken überwunden werden können.
Heil aus der Wirklichkeit 0.0 und seine Verortung in 1.0 durch C.S. Lewis
Bischof Varden hat beispielhaft gezeigt, wie man mit einem weiteren Wissen, das uns Menschen geschenkt wurde, umgeht. Es umgreift Wissen durch Bekanntschaft und Wissen durch Beschreibung. Max Scheler nennt es Heilswissen oder Erlösungswissen und grenzt es von Herrschaftswissen ab. C. S. Lewis hat in seinem Lebenswerk gezeigt, wie Wirklichkeit 1.0 und 2.0 zusammenhängen und von einem Heilswissen umfasst werden, das durch die Tragik und die Gefährdungen menschlichen Lebens führt. Er schreibt:
„Besteht die Wirklichkeit tatsächlich aus nichts als physischen Objekten und abstrakten Begriffen [also Wirklichkeit 2.0], so hat sie uns letztlich nichts zu sagen. Wir sind im falschen Universum. Der Mensch ist eine passion inutile, und dann gute Nacht. Und doch wurde das vermeintlich wirkliche Universum aus dem Steinbruch menschlicher Sinneserfahrung gewonnen.“
Das ist die Wirklichkeit 1.0. Die „Steinbrüche menschlicher Sinneserfahrung“ bedürfen der Transposition in die Sphäre menschlicher Lebenswelt der Wirklichkeit 1.0 und von da in göttliche Schöpfungswirklichkeit. Das hat er in seinem Lebenswerk durchdacht, mit Mitteln der Wirklichkeit 1.0 erzählt und in seinem Erzählwerk bebildert wie nur noch J. R. R. Tolkien.
Als Hochschullehrer, genauer Literaturwissenschaftler, „denkt“ C. S. Lewis Gott und als Schriftsteller „erzählt“ er ihn auch. In seinem Gesamtwerk bilden somit Mythos und Logos eine Einheit, so wie in der Menschheitsgeschichte sich Göttliches zunächst
- erzählend im Mythos meldet,
- im Christentum einmalig und wahrhaftig Geschichte wird
- und sich so auch im Logos „denkbar“ zeigt und hoffentlich in einer Theologie, die ihr Mensch- und Gottesbild aus der Offenbarung schöpft und nicht aus der Wirklichkeit 2.0 schlecht verstandener Humanwissenschaften generiert, wie es etwa der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz wortwörtlich einmal bekundet hat.
C. S. Lewis „denkt“ und „erzählt“ Gott
Für C. S. Lewis dagegen wird die Welt zur Bühne, auf der das Leben des Menschen und aller Kreaturen „gespielt“ wird. Gott kommt da zunächst so wenig vor wie Goethe in seinem Faust. Aber wie es einen Faust nicht ohne Goethe gibt, gibt es ohne Gott keine Welt als Bühne und kein Leben, das darauf gespielt wird. Und hier wird C. S. Lewis erzählerisch konkret: Im Gegensatz zu Goethe und seinem Faust hat Gott einen einmaligen, auf die Länge der gespielten Stücke bezogen, kurzen Auftritt auf der Bühne der Welt. 30 Jahre „hinter den Kulissen“ in Nazareth und 3 Jahre „auf der Bühne“ in zwei unbedeutenden Provinzen des Imperium Romanum am Rande der Wüste unter galiläischen Fischern und teils rebellischen Juden. Schon hier sei gesagt: Inkarnation wird zum zentralen Begriff des Gottes-, Welt- und Menschenbildes von C. S. Lewis. In dem Löwen Aslan in den Chroniken von Narnia wird dieses einzigartige Ereignis in der Welt der Religionen erzählerisch dargestellt, zwar auch wieder in einem Mythos, was aber in einem Erzählwerk auch gar nicht anders möglich ist. So erzählt er im Mythos, „denkt“ ihn aber als „Transposition“ als Logos. Es ist der systembildende Begriff von C. S. Lewis schlechthin. Mit diesem Begriff versucht er die verschiedenen Wirklichkeitsstufen bis zum Wirkgrund, also der actualitas omnium actuum (Thomas von Aquin) „denkbar“ – der Wirklichkeit allen Wirkens – zu machen. Ultrakurz: darunter versteht er die Hebung von etwas Niederem in ein Höheres: Hier das Höchste, dann das Nächstniedere, das Elementarste sind dann die Erkenntnisse der Quantenphysik. Er spricht auch von Perspektiven von unten und oben, und von einem Miteinander von Kausalität und Finalität, von vor und hinter der Bühne.
„Vaterschaft“ – Wirklichkeit 0.0 „ist der Boden dessen, was ist”.
Wenn C. S. Lewis Gott „denkt„, begegnet uns wie bei Thomas die Wirklichkeit schlechthin, nämlich die actualitas omnium actuum, und das ist Gott selbst. Der Wirkgrund ist dabei abgehoben von allem Wirken, wie sich eben Schöpfer und Schöpfung unterscheiden. Das geschöpfliche Wirken selber ist für C. S. Lewis in Stufen zu denken, nicht bloß in Schichten unseres Bewusstseins herumzusteigen, wie bei Harry Potter und dann schlussendlich doch bei sich und seiner vielleicht blühenden Phantasie zu bleiben. Bei C. S. Lewis sind es tatsächlich objektive Wirklichkeitsstufen oder objektive Wirklichkeitsschichten. Diesen muss sich unsere Vernunft oder unser Bewusstsein adäquat annähern. Und natürlich: Diese Wirklichkeitsschichten sind vom Wirkgrund zu unterscheiden. C. S. Lewis hat sich ausdrücklich von einem deistischen und pantheistischen Gottesbild verabschiedet und ein theistisches gewählt. Dieses ist daher eine Wirklichkeit 0.0, aus der alle Wirklichkeit nur analog als Wirklichkeit zu der absoluten Wirklichkeit Gottes beziffert werden kann. D. h. unsere Wirklichkeit 1.0 und die aller anderen Lebewesen ist aus dem Nichts entstanden. Die Beziehung dieser Wirklichkeit 0.0 zu allen anderen „Wirklichkeiten“ hat in unseren Tagen Johannes Paul II. unübertrefflich auf den Begriff gebracht: „Vaterschaft, nicht Elektronen, Protonen, Neutronen oder andere Bestandteile des Atoms ist der Boden dessen, was ist“, schreibt der unvergessene Papst in seinen Betrachtungen über die Vaterschaft Gottes.[2] Unvergessen ist auch seine Auffassung, dass Europa aus zwei Lungen atmet, d. h. er stellt das ikonische Menschen- und Gottesbild des Ostens gegen das eher rationale des Westens. Wir sind dann diejenigen, deren Wirklichkeit 1.0 sich auf der Bühne unserer ikonischen fünf Sinne abspielt. Und zwar in Komödien, Dramen, leider auch Tragödien, während „hinter den Kulissen“ sich eine weitere rationalere Wirklichkeit auftut, zwischen – um ein Wortspiel zu verwenden – Quarks, Quanten und Quasaren.
[1] C. S. Lewis, Hinter den Kulissen, in: Norbert Feinendegen (Hg.), Durchblicke. Texte zu Fragen über Glauben, Kultur und Literatur, Basel 2019, 29–35.
[2] Wojtyla, Karol: Betrachtungen über die Vaterschaft. In. Ders.: Der Gedanke ist eine seltsame Weite. Betrachtungen, Gedichte. Freiburg 1979, 110.Dr. phil. Helmut Müller
Philosoph und Theologe, akademischer Direktor am Institut für Katholische Theologie der Universität Koblenz. Autor u.a. des Buches „Hineingenommen in die Liebe“, FE-Medien Verlag. Helmut Müller ist Mitautor des Buches „Urworte des Evangeliums“.
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