Zum aktuellen Streit in der katholischen Kirche kommentiert Stephan Raabe kurz und prägnant, was die Stunde geschlagen hat. Noch gibt es die Alternativen des vertrauensbildenden Dialogs oder im Gehorsam gegenüber dem Papst innezuhalten und den Prozess auszusetzen. Ein letzter Ausweg für Bischof Bätzing wäre sein Rücktritt als DBK-Vorsitzender.

Es geht um den „Sensus Ecclesiae“

Der Streit um Lehre und Disziplin in der katholischen Kirche hat sich mit den jüngsten Briefen von Papst Franziskus und seinem Kardinalstaatssekretär Parolin an die Kirche in Deutschland zugespitzt. Ignorieren, beschwichtigen, leugnen hilft nicht weiter. Wir haben es nicht mit „ganz normalen Vorgängen“ zu tun, wie manche Vertreter des deutschen „Synodalen Wegs“, der eben keine Synode ist, glauben machen wollen. Das ist ein fataler Irrtum!

Es geht um „den gemeinsamen Weg“ der Weltkirche, den „sensus ecclesiae“, den Papst Franziskus eindringlich anmahnt. In Deutschland sind die Bischöfe bereits gespalten und die Gläubigen in den Gemeinden, soweit sie überhaupt die Geschehnisse mitbekommen und verfolgen, ebenso.

Lehrstreit und religiöser Gehorsam

Die Rebellion in Deutschland wird dadurch brisant, dass die große Mehrheit der Diözesanbischöfe beteiligt ist. Nach der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils „Lumen gentium“ sind die Bischöfe „sichtbares Prinzip und Fundament der Einheit in ihren Teilkirchen“ (LG 23). Sie können ihre Autorität nur in Gemeinschaft mit der ganzen Kirche unter der Leitung des Papstes ausüben. Begeben sie sich öffentlich in einen Gegensatz und erklären in grundsätzlichen Punkten der Lehre und Konstitution der Kirche, dass sie diese für falsch halten und ändern wollen, haben wir es mit einem handfesten Lehrstreit zu tun, der die in LG 25 prinzipiell geforderte Glaubenszustimmung oder den religiösen Gehorsam gegenüber „authentischen Lehren“ der Kirche unterminiert. Auch das ist keineswegs „ein völlig normaler Vorgang“.

Vertrauensbildender Dialog oder Rücktritt

Soll sich die Auseinandersetzung durch die

„zahlreichen konkreten Schritte, mit denen sich große Teile dieser Ortskirche immer weiter von dem gemeinsamen Weg der Weltkirche zu entfernen drohen“,

wie Papst Franziskus schreibt, nicht noch weiter zuspitzen und vollends in eine Konfrontation münden, bedarf es eines vertrauensbildenden Dialogs, eines Innehaltens (Moratorium) im radikalen Reformeifer und vor allem des notwendigen Respekts gegenüber der Bischofssynode in Rom und dem Lehramt. Wenn Bischof Bätzing als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz dazu nicht in der Lage ist, sollte er von diesem Amt zurücktreten.


Stephan Raabe,
M.A. studierte Geschichte, Katholische Theologie, Philosophie und Politikwissenschaften in Bonn und München. Nach der Wiedervereinigung war er zehn Jahre in der Jugendseelsorge im Erzbistum Berlin tätig. Als Bundesgeschäftsführer des Familienbundes der Katholiken gehörte er 2002/03 dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken an. Dann ging er als Projektleiter und Berater für sieben Jahre nach Polen und Belarus und arbeitet seitdem in leitender Funktion in der Politischen Bildung in Brandenburg.


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