Die Bischofsernennungen vom Wochenende im Handlungszusammenhang

Viele Katholiken, die erschüttert sind, dass ein großer Teil der Bischöfe offensichtlich keine Probleme damit hat, sich und ihre Diözesen vom machtbewussten ZdK in die seichten Gewässer eines schismatischen Zustands schleppen zu lassen, konnten ihre Enttäuschung über die neuen Bischofsernennungen kaum verhehlen. Sie hatten kämpferische Ernennungen erwartet – zumindest ein deutliches Votum gegen den Synodalen Rat, der, wenn er kommt, die deutschen Kirchenschiffe auf Grund laufen lassen wird. Warum das jedoch keine sinnvolle Handlungsoption wäre, schildert Martin Brüske in folgenden Überlegungen:

Gespräche – weder angenehm noch unverbindlich

Es ist im Grunde einfach und offensichtlich. Wir müssen über den römischen Plan nicht mehr spekulieren: Rom will im nächsten Jahr mit Vertretern des deutschen Episkopats Gespräche führen. Rom hat für diese Gespräche in seltener Klarheit die Agenda und die Bedingungen vorgegeben: Für die deutschen Vertreter werden diese Gespräche weder angenehm noch unverbindlich, denn sie wollen Klärung herbeiführen – und schließen alles bereits lehrmäßig Geklärte vom Gespräch aus. Frauenordination und Homosexualität sind dabei nur Beispiele. Für die Deutschen und ihr Begehren substantieller Veränderung kirchlicher Lehre, samt der praktischen Folgen solcher Änderungen wie die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, gilt hier: Lass alle Hoffnung fahren! Man will ernsthaft sprechen, aber gleichzeitig wird die Grenze jedes Gespräches festgelegt. So eine Note gibt man nicht in schwarz auf weiß, wenn man nicht wild entschlossen ist, sie durchzusetzen. Deutlicher geht nicht!

Päpstliche Wahrnehmung: Die Deutschen auf dem Weg zum Bruch

Der Kontext des Gesprächs ist für die Römer ernst, sehr ernst sogar. Auch hier: Keine Spekulation ist nötig. Im Brief des Papstes an vier Frauen aus dem Gottesvolk in Deutschland steht es nachzulesen: Die Kirche in Deutschland bewegt sich weg vom Weg der Weltkirche. Vulgo: Sie gefährdet die Einheit und geht auf den Bruch zu. Zuletzt durch die Errichtung des Synodalen Ausschusses. So gibt es der Papst zu Protokoll – in einem Dokument, das wohl offensichtlich schon im Blick auf eine mögliche Veröffentlichung verfasst worden war.

Wie in der Reformation

Wenn man aber in Rom zusammenkommt, werden nicht mehr einfach römisch-katholische Bischöfe zusammensitzen. Vielmehr werden die Deutschen bereits als Vertreter – in einer gewissen Analogie zur Reformationszeit – einer „Religionspartei“ auftreten. In aller Deutlichkeit: Wer das nicht sieht, ist analytisch blind – oder er will es um keinen Preis sehen. Erhebliche Teile der Kirche in Deutschland – und zwar ausdrücklich bis hinein in den Episkopat – haben sich der Autorität der Rechts- und Glaubensgemeinschaft der römisch-katholischen Kirche bereits entzogen. Es gehört zu den mit Händen greifbaren harten Fakten, dass sie längst handeln, als ob es diese Autorität nicht gäbe. In den Diözesen wird allenthalben jenseits der Autorität der „alten“ Kirche ein neues Kirchentum errichtet. Und auch hier greift wieder die historische Analogie: Das ist ein Vorgang wie die jeweilige „Einführung der Reformation“ (wie der Vorgang benannt wurde) in den verschiedenen Gebilden des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation vom Kurfürstentum bis zur freien Reichsstadt im 16. Jhdt.

Diese Bischofsernennungen durften keine Kriegserklärung sein

Das macht die Situation so explosiv. Jeder Versuch einer unmittelbaren Durchsetzung der römischen Autorität durch ein „Durchregieren“ von „top“ nach „down“ ist in dieser Situation völlig naiv und führt sofort zum Flächenbrand. So lange man in Rom auch nur eine geringe Hoffnung hat, im nächsten Jahr wenigstens Teile des deutschen Episkopats in einer äußerst anspruchsvollen Operation auf den Weg der Einheit zurückzulenken, wird man eine solche Eskalation in jedem Fall vermeiden. Die Ernennung zweier Bischöfe, die massiv und direkt gegen den Weg der Kirche in Deutschland stehen, wäre aber genau das gewesen: der Funke ins Pulverfass. Oder: Wer noch reden will, sollte nicht kurz vorher den Krieg erklären.


Dr. theol. Martin Brüske
Martin Brüske, Dr. theol., geb. 1964 im Rheinland, Studium der Theologie und Philosophie in Bonn, Jerusalem und München. Lange Lehrtätigkeit in Dogmatik und theologischer Propädeutik in Freiburg / Schweiz. Unterrichtet jetzt Ethik am TDS Aarau.


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