Mehr und mehr setzt sich auch bei Befürwortern die Erkenntnis durch, dass der Synodale Weg erfolglos bleiben wird. Im Grunde war das vorhersehbar, weil der Synodale Weg systematisch die notwendigen Reformen ausgeklammert hat, meint Peter Winnemöller.
Erhebliche Spannung zum kirchlichen Lehramt
Mit einer Wortmeldung, die die Tonalität hatte von „Wir wissen, wo dein Auto steht!“, hatte sich die Vorsitzende des ZdK vor einigen Wochen zu Wort gemeldet. Die oberste deutsche Laienfunktionärin mahnte in ihrer Wortmeldung gegenüber dem „Kölner Stadtanzeiger“ die mangelnde Bereitschaft der Bischöfe an, auf dem Synodalen Weg beschlossene Texte umzusetzen. Obwohl die Texte keinerlei Verbindlichkeit haben und auch die Satzung des Synodalen Weges klarstellt, dass sich kein Bischof durch Beschlüsse des Synodalen Weges gebunden fühlen muss, vermittelt nicht nur Stetter-Karp den Eindruck, als hätten diese Texte höchste Lehrautorität. In Wirklichkeit stehen zahlreiche Texte des insgesamt im rechtsfreien Raum befindlichen Synodalen Weges in erheblicher Spannung zum Lehramt der Kirche. Sie umzusetzen brächte die Bistümer nur immer näher an ein fast schon nicht mehr zu vermeidendes Schisma heran.
Faktisches Schisma
Wie weit das Schisma bereits gediehen ist, zeigt die partielle Umsetzung der Handreichung zu Segensfeiern für homosexuelle Paare. Stetter-Karp stellt zu Recht fest, dass diese nur in der Hälfte der deutschen Diözesen angewandt wird. Die Handreichung widerspricht in wesentlichen Punkten der kirchlichen Lehre. Hier kann schon ein faktisches Schisma festgestellt werden, wenn in einem Bistum in moraltheologischen Fragen nicht dasselbe gilt, was im Nachbarbistum gilt. Und diese schismatische Situation geht voll zulasten des Synodalen Weges.
Deutsche Synodalität versus römische Synodalität
Nur wenig erstaunlich ist, dass zahlreiche Bischöfe kaum noch eine Neigung zeigen, am sogenannten Synodalen Ausschuss teilzunehmen. Ehrlich wäre es natürlich, wenn sie offen dazu stehen könnten, statt wichtige Verpflichtungen in ihren Diözesen vorzuschieben. Es ist nachvollziehbar, dass die Motivation umso mehr sinkt, je mehr Stoppschilder Rom aufgestellt hat. Zudem geht Rom in Sachen echter Synodalität immer weiter voran. Es zeigt sich immer deutlicher, wie sehr der deutsche Synodale Weg von weltkirchlichen Überlegungen zur Synodalität abgehängt wird. Doch nicht nur Stetter-Karp, auch andere packt langsam der Frust auf dem Synodalen Weg. Auch wenn der Redaktionsleiter des Nachrichtenportals katholisch.de die römischen Stoppschilder gerne zu Leitplanken umschmieden möchte, die rote Farbe und der weiße Schriftzug bleiben erkennbar. Sie zeigen an, dass es so nicht weitergeht. Ratlos steht er vor dem vermeintlichen Reformstau. Das inzwischen ganz in die Katholische Nachrichtenagentur integrierte Portal gehörte zu den entschiedensten Verfechtern des umstrittenen Synodalen Weges. So wundert es nicht, wenn der Redaktionsleiter beklagt, dass immer noch kein Bischof demokratisch gewählt wurde, noch immer keine Frau zur Priesterin geweiht ist und der Zölibat immer noch die verpflichtende Lebensform für Priester ist. Natürlich singt auch katholisch.de das Hohelied der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare.
Einstige Vordenker werden zu Kritikern
Selbst von Theologen, die als Vordenker des Synodalen Weges gelten, kommt immer häufiger Kritik. Der Münsteraner Theologe Michael Seewald wirft dem Synodalen Weg vor, nicht hinreichend theologisch durchdacht zu sein. Seewald schrieb in der Septemberausgabe der „Herder Korrespondenz“, der Synodale Weg habe sich für eine Begründungsweise entschieden, die grundlegende Fragen nicht stelle. Seewald wörtlich:
„Der Synodale Weg zeigt ein beachtlich geringes Interesse an der für einen solchen Reformprozess nicht nebensächlichen Frage, wie die instabile Gleichzeitigkeit von Kontinuität und Diskontinuität im Rahmen synodaler Prozesse zu fassen sei.“
In der Sichtweise Seewalds hat es immer wieder in der Kirchengeschichte uneinheitliche Lehren gegeben. Als Beispiele führt der Theologe Unterschiede in der Haltung zur Sklaverei, zur Theologie des Priesteramts, beim Monogenismus oder bei der Bewertung der Todesstrafe durch die Päpste an. Die Frage, die hier zu stellen ist, ob es sich dabei wirklich um derart fundamentale Trennungen in der Lehre handelt, wie wir sie beim Synodalen Weg feststellen müssen. Und natürlich ist nicht zu bestreiten, dass es in der Dogmengeschichte Entwicklungen, aber auch Fehlentwicklungen gegeben hat. Die Wahrheit lag allerdings am Ende immer dort, wo sich die Kirche in synchroner und diachroner Einheit mit dem Petrusamt wiederfand. Denselben Frust äußert auch der Kirchenrechtler Thomas Schüller, der zugleich gegen Präsidentin und Generalsekretär des ZdK austeilt. Leider würden Ansprüche auf seriöse Theologie durch Präsidentin und Generalsekretär des ZdK, die beide Schüller zufolge keine theologische Expertise aufwiesen, direkt als störend abgetan. Ferner kritisiert Schüller, dass alle mit entsprechenden Mehrheiten beschlossenen Vereinbarungen keinen einzigen Diözesanbischof binden könnten. Jeder könne machen, was er wolle. Verbunden damit kritisiert der Kirchenrechtler Kardinal Marx und Thomas Sternberg, die die verbindliche Form einer Nationalsynode nicht gewollt hätten.
„Systemisch“ fruchtloser Synodaler Weg
Die Ratlosigkeit im deutschen Synodalismus ist kaum verwunderlich. Von der Weltkirche isoliert wurden in den vergangenen Jahren die schon seit Jahrzehnten fruchtlos diskutierten Reformforderungen wieder und wieder ventiliert, obwohl sie teils mehrfach von Rom verworfen wurden. Dazu zog man den sexuellen Missbrauch von Klerikern an zumeist männlichen Kindern und Jugendlichen als Grund heran. Die bis dato nicht erfolgten Reformen wurde zu systemischen Ursachen für den Missbrauch herbeifantasiert. Die Lösung lag in den bekannten Forderungen. Es ist im Grunde kaum verwunderlich und es war vorhersehbar, dass der Synodale Weg fruchtlos bleiben würde. Selbst Vordenker der deutsch-katholischen Reformen prophezeiten den Misserfolg. Bereits 2021 kritisierte Georg Essen in einem Interview mit Kirche und Leben, dass es beim Synodalen Weg ein strukturelles Problem gäbe. Damit man frei und offen über alles in der Kirche reden und entscheiden könne, habe man sich eine Grundordnung gegeben, die außerhalb des geltenden Kirchenrechts angesiedelt sei. Der Erzbischof von München sprach damals von einem Prozess sui generis. Es ist und war nie eine Synode. Auch Essen sah schon damals in einer mit dem Kirchenrecht konformen Synode die Voraussetzung dafür, dass es eine Chance gäbe, die Beschlüsse mit Bindungswirkung auch umzusetzen.
Außer Spesen nichts gewesen
Zwei Dinge stehen dem Synodalen Weg nun bevor: die letzte Sitzung des Synodalen Ausschusses, in dem die Bischöfe ein reines Beratungsgremium ohne Entscheidungskompetenz durchsetzen wollen. Dies lehnen die Laienfunktionäre jedoch entschieden ab. Man wird hier irgendeinen Formelkompromiss suchen, bei dem beide als Sieger aus dem Rennen gehen, der jedoch den Frust nur auf später verschiebt. Letztendlich steht dann in ungefähr einem halben Jahr die letzte Versammlung des Synodalen Weges an, die die Umsetzung der Beschlüsse evaluieren soll. Es braucht nur wenig Fantasie, sich auszumalen, wie das Fazit der Mehrheit der Teilnehmer an dieser Veranstaltung lauten wird: Außer Spesen nichts gewesen. Immerhin hat sich der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) nicht lumpen lassen und nur erstklassige Hotels ausgewählt. Dafür werden die Laienfunktionäre aber auch künftig bei der Haushaltsgestaltung des VDD nicht mitreden dürfen und das ist gut so. Keine Frage, der gesamte Prozess steht damit auf der Kippe. Darin ist Thomas Schüller ebenso zuzustimmen wie in der Feststellung, dass es in der Deutschen Bischofskonferenz keine Persönlichkeit gibt, die in der Lage wäre, den zerstrittenen deutschen Episkopat zu einen. Die ekklesialen Zentrifugalkräfte nehmen noch einmal neue Höchstwerte an.
Hoffnung auf Neuanfang
Es bleibt nun abzuwarten, wie sich die römische Synodalität weiterentwickelt. Klar ist, dass diese missionarisch ist. Wie das aussehen soll, wird sich zeigen. So ein selbstreferentielles System wie der Synodale Weg wird es zum Glück nicht werden. Papst Leo XIV. jedenfalls ist hier die große Integrationsfigur. Seine Absicht, zusammenzuführen, was seit Jahren auseinander driftet, könnte die Kraft entwickeln, zumindest einiges zu heilen, was sich in Deutschland kirchlich wundgescheuert hat. Wenn sich im kommenden Frühjahr der Staub gelegt hat, den die letzte Versammlung des Synodalen Weges aufgewirbelt haben wird, erst dann wird man das volle Ausmaß der Verwerfungen erkennen, die diese unnütze Veranstaltungsreihe hinterlassen hat. Vielleicht wird dann endlich der Neuanfang in der Kirche in Deutschland mit Evangelisierung und Katechese möglich werden.
Peter Winnemöller
Journalist und Publizist. Autor für zahlreiche katholische Medien. Kolumnist auf dem Portal kath.net. Im Internet aktiv seit 1994. Eigener Weblog seit 2005. War einige Jahre Onlineredakteur bei „Die Tagespost“. Und ist allem digitalen Engagement zum Trotz ein Büchernarr geblieben.
Beitragsbild: Peter Esser / ChatGPT