Wie das katholische Bild von Sex heute Menschen berührt, warum uns „die alten Männer in Rom“ viel zu sagen haben und die Lehre der Kirche alles andere als eine weltfremde Spaßbremse ist. Ein Zeugnis von Lucia Hauser.

„Wenn das die Lehre der Kirche ist, trete ich morgen wieder ein“,

so das Feedback einer Frau, als wir nach einer Podiumsdiskussion noch etwas zusammenstanden und ein Glas Wein tranken. Es ging um Kirche und Sex. Sie war tief im Herzen berührt. Die Kirche war wohl doch ganz anders als gedacht.

Wenn die Kirche sich überhaupt traut, über das Thema „Sex“ oder „Ehe“ zu sprechen, dann meist mehr oder weniger hilflos, von Ausnahmen abgesehen. So ist zumindest meine Erfahrung. Denn es ist ein zugegeben heikles Thema. Was hat die Kirche im Intimleben eines Menschen zu suchen?, heißt es oft. Und es ist durchaus nachvollziehbar, wenn man das Thema nicht aus einem Blick der Liebe, Wahrheit und Freiheit heraus betrachtet.

Keine Vorschriften, I do it my way!

„Was die alten Männer in Rom‘ über Kirche und Sex zu sagen haben, interessiert mich nicht, weil es keine Relevanz für mein Leben hat.“ So dachte ich persönlich auch einmal. Damals war ich vom Scheitel bis zur Sohle linksliberal. Ich wusste genau, wie die Dinge angeblich sind und niemand hatte das Recht, mir irgendwelche Vorschriften zu machen. Ich habe mein Leben gelebt wie ich wollte. Und in meinem Herzen war trotzdem eine große Sehnsucht, die niemand stillen konnte.

Durch verschiedene Erfahrungen und Umstände kam ich irgendwann an einen Punkt, wo ich mir eingestehen musste, dass ich auf dem Holzweg war, dass ich mir durch meine Besserwisserei so Vieles an Kostbarem genommen habe. Ja, wir bekommen, was wir in den Fokus nehmen. Es war mein kritischer Blick auf das katholische Lehramt, der mir die Sicht verstellt hatte. Das ist bis heute ein Schmerz in mir: Er zeigt sich für mich im Nachhinein wie „ein irgendwie am Wesentlichen vorbei leben“. Es waren vielleicht verschenkte Jahre. Andererseits hilft es mir heute dabei, Menschen sehr gut zu verstehen, die denken, wie ich gedacht habe. Manchmal möchte ich schreien:

„Öffnet doch Eure Herzen, ihr müsst das Ganze anders, genau anders herum sehen…“

Aber bevor dies möglich ist, braucht es zuvor meist die Bereitschaft, sich von einer unendlichen Liebe lieben zu lassen, eine Art Kapitulation.

In einem neuen Licht

Ich habe letztendlich erfahren dürfen, dass Gott unsere falschen Investitionen im Leben in einen Gewinn verwandelt – wenn wir ihm die Erlaubnis dazu geben. Als ich mich von der Schönheit des Glaubens neu berühren ließ, sah ich auch das, was die Kirche lehrt, in einem neuen Licht.  Sie wird der Würde gerecht, die jeder Mensch hat. Sie erhebt den Menschen. Es geht um Freiheit, um den unendlichen Wert des Menschen. Um das Wahre, Gute und Schöne, das uns zu dem hinziehen soll, der die Wahrheit, das Gute und das Schöne selbst ist.

Sexualität geht bis zum Kern der Person. Sie kann ein Stück Himmel oder ein Stück Hölle auf Erden werden. Sie kann erheben oder zerstören. Und selbst das Mittelmaß und das, was alle tun, lässt uns nie das eigene Potenzial entfalten. All das ist weit mehr als letztendlich Lustmaximierung. Es geht für den Menschen in der Sexualität quasi um Alles oder Nichts. Es ist das Wissen im Innersten, um die tiefe Realität, dass es wahr ist, was die Kirche hinsichtlich Leben, Liebe und Sexualität lehrt. Wir brauchen diese unumstößliche Wahrheit, nach der wir uns immer wieder neu ausrichten können. Denn ohne Orientierung sind wir verloren und irren umher, folgen unseren Instinkten und Trieben und erleiden oder hinterlassen dadurch meist Verletzung und Leid. Die Lehre der Kirche führt uns zur Fülle des Lebens, zur Liebe selbst, in die wahre Freiheit. Daher haben Ideologen und unterdrückende Systeme Panik vor ihr.

Was einem lieb und teuer ist, schützt man in der Regel. So setzt die Lehre der Kirche auch Grenzen, notwendige Leitplanken, die verhindern sollen, dass etwas in den Graben geht, hier auf Erden und in Ewigkeit. Grenzenloser Spaß endet in der Regel in grenzenlosem Chaos. Daher sind Grenzen aus Liebe keine fiesen Spaßbremsen, die einem das Leben vermiesen sollen. Denn die menschliche Person ist so wertvoll, dass es sie in ihrer ganzheitlichen Kostbarkeit von Körper, Seele und Geist zu schützen gilt.

Kein Mensch darf Mittel zum Zweck sein

Die tiefe Wahrheit ist: Ein Mensch darf nie Mittel zum Zweck sein. Echte Liebe benutzt die andere Person nicht, um das zu bekommen, was man möchte. Es geht um bedingungslose Liebe, die den Wert des anderen in seiner Einmaligkeit und Einzigartigkeit erkennt. Es geht um die Liebe, die jeden Menschen zur besten Version seiner selbst werden lässt.

Es gibt wahre Leuchttürme in der Kirche – Priester, Ordensleute, Laien; Menschen, die dafür brennen, diese Wahrheit zu verkünden. Ihnen kann man nicht genug danken! Aber da ist leider auch die andere Seite, bei der eher verklemmtes Schweigen herrscht, Anbiederung an den Zeitgeist, ein Verstecken hinter dem, wie „man es halt so macht“. Aber die Kirche ist kein Underdog. Ihr ist die größte Aufgabe überhaupt anvertraut: den Menschen mit der unendlichen und ewigen Liebe Gottes bekannt zu machen und ihn zu befähigen, aus dieser Liebe heraus zu leben. Das verändert das Leben und die Welt, die uns anvertraut ist, gravierend. Und das ist alles andere als harmlos oder nett.

Ist der lebendige Gott tatsächlich der Maßstab, an dem alles gemessen wird? Wer sitzt auf dem Thron? Gott – oder eine Theorie aus irgendwie zusammengebastelten Wunschwahrheiten, die dem Ego schmeicheln?

Die Wahrheit in einer Haltung der Liebe, aber verständlich und klar auszusprechen, ist eine Aufgabe der Kirche und natürlich eine Herausforderung, gerade heute. Und daher wünsche ich jedem manchmal Ängstlichen und Mutlosen in der Kirche, auch mir selbst, mehr Stolz auf unseren wunderbaren Gott und kein verschämtes Wegducken. Und ich wünsche der Kirche im Gesamten den Mut, zum Kern zu gehen und in der Kraft des Heiligen Geistes, voll Vertrauen, in Wahrheit, Liebe und Freiheit über die Schönheit der menschlichen Sexualität zu sprechen und wie das alles gedacht ist.

Aus Liebe und für die Liebe geschaffen

Ist jedem Christen bewusst, dass er durch die Taufe gesalbt ist zum Priester, König und Propheten? Priesterliche Salbung heißt: Ich hole durch mein Leben Jesus Christus in die Welt hinein. Der königliche Auftrag lautet, die Welt zu ordnen, sie schön zu machen. Prophet zu sein bedeutet: Ich repräsentiere mehr als ich bin. Ich repräsentiere ein Stück weit Gott – in meiner jeweiligen Berufung und Aufgabe, trotz meiner Zerbrechlichkeit, aber mit meinem ganzen Sein und der ganzen menschlichen Dimension von Körper, Seele und Geist.

Der Mensch ist von einem Gott der Liebe aus Liebe und für die Liebe geschaffen. Die Lehre der Kirche stellt sicher, dass jede Person Schutz, Raum und Halt erfahren kann. Dass sie sich in einer Liebe geborgen und geleitet weiß und sie hoffentlich ihren unendlichen Wert erkennt. Die Frage ist, ob ich das annehmen möchte oder nicht. Ich bin frei.

Ich bin durch unsere Initiative „Liebe Leben“ und darüber hinaus vielen Menschen begegnet, die durch einen neuen Blick auf die Lehre der Kirche zur Sexualität tief berührt worden sind und wieder heim zu ihr gefunden haben. Warum? Weil sie endlich Antwort auf ihre tiefsten, innersten Fragen bekommen haben. Weil da endlich Resonanz mit ihrer unstillbaren Sehnsucht im Herzen war. Es tut sich ein Weg in einer verwirrten Zeit auf, verbunden mit der tiefen Erfahrung, wertvoll und geliebt zu sein. Eine Erfahrung von Fülle und Freude. Das bedeutet, sich nicht länger mit billigem Ersatz zufriedengeben zu müssen. Endlich innerer Friede, weil ich mich nicht mehr auflehnen muss, sondern mich behutsam und liebevoll durch die Kirche leiten lassen darf.

Bei LIEBE LEBEN möchten wir diese Erfahrung weiterschenken. Auf den Wochenenden, die wir anbieten, werden die wesentlichsten Prinzipien und Grundlagen des Lebens und der Liebe vermittelt. Das Konzept ist sehr umfangreich, intensiv und konkret. Es ist gleichermaßen geeignet für Paare, die sich auf die Ehe vorbereiten, die Sehnsucht nach mehr haben oder sich in einer Krise befinden. Jedes Paar ist herzlich dazu eingeladen – auch einfach um die Beziehung zu vertiefen und zu intensivieren! Mehr Info dazu unter: www.liebeleben.com


Lucia Hauser
verheiratet, 2 Kinder, ist Logotherapeutin und Leiterin der Initiative „Liebe leben“.


Der Beitrag erschien zuerst in der Tagespost

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