Sein Leben hingeben für andere? Mütter tun das in gewisser Weise. Patricia Haun betrachtet, wie Kinder – aus Mutterliebe geboren – für Leben und Leiden befähigt werden. Sie blickt dabei auf die Gottesmutter und Jesus und kommt zum Schluss, dass der Karfreitag vor allem ein Tag der Liebe ist.

The circle of life

Empfängnis und Schwangerschaft sind meist freudige und hoffnungsfrohe Ereignisse. Spätestens bei der Geburt beginnen die Schmerzen. Es heißt, dass Geburtswehen existentiell sind. Und Leben schenken bedeutet in gewisser Weise auch, sein eigenes Leben weiter zu schenken. Früher sind viele Mütter bei der Geburt eines Kindes verstorben. Sie haben sprichwörtlich ihr Leben weitergegeben oder man könnte auch sagen hingegeben.

Würdest Du für mich sterben?

In Joh 15,13 heißt es:

„Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“

Dies spielt selbstverständlich auf Jesus an.

Mir ist eine Postkarte im Gedächtnis geblieben auf der ein junges Liebespaar mit Sprechblase abgebildet war. Sie fragt: „Würdest Du für mich sterben?“ – Er antwortet mit der Gegenfrage: „Bin ich Jesus?“  Es ist unser Auftrag, Jesus gleich zu werden. Und es entspricht unserer Natur zu leben und zu sterben. Doch für andere sterben? Und wenn die Liebe noch so groß ist . . . schwierig. . . Mütter haben da naturgemäß einen Vorsprung. Mutterliebe kann nahe an Jesu Liebe rankommen.

Löwenmutter

Mütter sind bereit, für ihre Kinder durchs Feuer zu gehen. Sie kämpfen wie Löwinnen für ihre Jungen. Der Vergleich aus dem Tierreich unterstreicht die Kämpfernatur einer Mutter. Was Mütter aushalten (erdulden) können, ist unbeschreiblich.

Allein, was Mütter bereit sind, von pubertierenden Teenagern zu ertragen: Unordnung, mangelnde Körperhygiene, Uneinsichtigkeit, permanenter Widerspruch, Undank, manchmal sogar Beleidigungen. Alles ist später vergeben und vergessen, genauso wie man es vom Geburtsschmerz berichtet. Wie frau bei einer Geburt zu sterben meint und es ihr schier den Körper zerreißt, so zerreißen Kinder ihren Müttern später das Herz durch Sorgen, die sie bereiten.

Ein Sprichwort sagt: „Kleine Kinder – kleine Sorgen – große Kinder – große Sorgen“ Früher habe ich darüber immer gelächelt. Vier erwachsene Kinder später, weiß ich, was es meint.

Gottesmutter

Wie mag es wohl der Mutter Jesu ergangen sein? Sie hatte schon Sorgen um ihr Kind als sie mit Josef vor Herodes nach Ägypten floh. Später wird berichtet, dass die Eltern ihren Sohn voller Angst suchten und ihn später im Tempel wiederfanden. Die Szene erinnert an einen Teenager, der seiner Mutter mürrisch antwortet: „Was willst Du denn? Hast Du nicht gewusst, wo ich bin?“. Als Erwachsener wird Jesus bei der Hochzeit zu Kana seiner Mutter harsch auf ihre Bitte antworten: „Frau, was willst Du von mir?“ Auch nicht gerade nett. Aber Mütter halten so etwas aus. Am Ende muss Maria ihrem Sohn auf dem „Via dolorosa“ begegnen. Sie folgt ihm bis unters Kreuz und birgt schließlich seinen Leichnam auf ihrem Schoß. In ihrem Schoß hat Jesu Leben begonnen und auf ihrem Schoß ist es zu Ende.

Schmerzensmutter

Man sagt, es gibt nichts Schlimmeres für eine Mutter als ihrem Kind ins Grab zu blicken. Die Mutter Jesu musste das auf schmerzlichste Weise erleben. Noch dazu die Ungerechtigkeit und Grausamkeit der Menschen im Umgang mit ihrem lieben Sohn. Mater Dolorosa – Schmerzensmutter wird Maria genannt. Man sagt auch, die Mutter, die alle (unsere) Schmerzen kennt. Ich stehe oft nachdenklich vor einer Pieta-Statue. Es ist ein trauriger aber zugleich auch tröstlicher Anblick.  Pietà meint im italienischen „Frömmigkeit, Mitleid“, nach lat. domina nostra de pietate „unsere Herrin vom Mitleid“. Man leidet mit Maria, wenn man sie mit ihrem toten Sohn im Arm sieht. Aber viel (ge)wichtiger ist die umgekehrte Betrachtung: Maria leidet mit uns in unseren Sorgen und Nöten. Weil sie die Mutter der Schmerzen ist und jeden Schmerz schon vor uns kennt.

Mutterliebe

In diesem Sinne macht mir der Anblick einer Pieta-Statue auch Mut für mein eigenes Mutterleben.

„Ist ein Schmerz wie meiner?“

ist häufig auf Tafeln zu lesen, die dort angebracht sind. Auf solche Weise kann sich aller Schmerz der Welt relativieren im Vergleich mit der Leidensfähigkeit der Gottesmutter. Und letztlich strahlt dieses Bildnis vor allem auch Liebe aus. So ist auch der Karfreitag bei allem Schrecken, Klagen, Fasten und Leiden in besonderer Weise vor allem ein „Tag der Liebe“ – Tag der Mutterliebe und Tag der Jesusliebe, der aus Liebe für uns gestorben ist.


Patricia Haun
Jahrgang 1971, ist freie Journalistin, Mutter von vier Kindern und Großmutter eines Enkels. Sie ist Mitgründerin von EuroProLife und Gründerin der „Gebetsvigilien für das Leben“ in Aschaffenburg und Frankfurt. Sie arbeitete zuletzt als Redaktionsleiterin für Durchblick e. V. und wirkt mit bei der Initiative „Neuer Anfang“.


Bildquelle: Wikipedia

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