Zwischen dem Schlussdokument der Weltsynode und der Satzung der deutschen „Synodalkonferenz“ besteht ein nicht zu heilender Grundwiderspruch. Im Schlussdokument: Zusammenspiel von geistlicher Unterscheidung und bischöflicher Verantwortung. In der „Konferenz“ ein Pseudoparlamentarismus nach Mehrheit und Minderheit. Martin Brüske kommentiert.
Ein fundamentaler Widerspruch
„In den kirchlichen Versammlungen (auf regionaler, nationaler und kontinentaler Ebene) nehmen die Mitglieder, die die Vielfalt des Gottesvolkes (einschließlich der Bischöfe) zum Ausdruck bringen und repräsentieren, an der Unterscheidung teil, die es den Bischöfen ermöglicht, kollegial die Entscheidungen zu treffen, die ihnen aufgrund ihres Amtes zustehen.“ (Nr. 127). Dieser Satz aus dem Schlussdokument der Bischofssynode von 2024, das heute vor einem Jahr Papst Franziskus zum Teil seines „ordentlichen Lehramts“ erklärt hat, spiegelt konzentriert ein kohärentes ekklesiologisches Konzept von Synodalität. Dieses Konzept prägt das Schlussdokument insgesamt. Das Konzept ist prozessual und partizipativ gedacht. Es sagt nicht: Auf eine belanglose Beratung folgt eine davon losgekoppelte einsame, im schlimmsten Fall willkürliche Entscheidung. Es sagt nicht: Die Stimme der Beratenden ist am Ende des Tages doch nichts wert, weil die Souveränität der Entscheidung doch allein bei den Bischöfen liegt. Wer so denkt, hat nichts verstanden.
Vielmehr: Im gemeinsamen Hören, Beten und Unterscheiden wächst Stück für Stück eine für alle geistlich tragfähige Entscheidung. Verantwortung der Bischöfe – in ihrer Einbindung ins Kollegium und besonders in Einheit mit dem Bischof von Rom – ist es, diese Entscheidung zu erkennen und sie autoritativ gültig zu machen. Das können sie allein, denn nur sie sind in sakramentaler Sendung dazu ermächtigt. Auch alle charismatische Autorität in der Kirche – die Autorität der Heiligen, die ihr Fundament in Taufe und Firmung hat – ist an diese sakramentale, auf Sendung beruhende Autorität zurückgebunden und muss sich ihrem Urteil aussetzen. Natürlich: Daraus können tragische Konflikte entstehen. Natürlich: Ein Missbrauch auch dieser Autorität ist niemals ausgeschlossen. Aber als Grundordnung ist sie in der Kirche alternativlos.
Merkwürdigerweise beruft sich an prominenter Stelle genau die in Fulda am Samstag beschlossene Satzung der sog. „Synodalkonferenz“ auf diese Nummer des Schlussdokuments als Referenz. Denn diese Satzung steht in unheilbarem Widerspruch zu dem Grundkonzept von Synodalität, das sich in Nummer 127 spiegelt. Formal ist das sichtbar daran, dass die „Synodalkonferenz“ als Gremium aus Bischöfen und Laien insgesamt Subjekt von Beratungen und Beschlüssen ist. Es ist ganz einfach festzuhalten: Das widerspricht dem zitierten Satz aus Nr. 127 (der mannigfach ergänzbar wäre) diametral. Aber vor allem widerspricht es dem prozesshaften Grundverständnis von Synodalität in seiner Ausgewogenheit von echter Teilhabe und bleibender, durch Sakrament und Sendung begründeter bischöflicher Autorität, wie es das Schlussdokument vorlegt, wie es Papst Franziskus zum Teil seines Lehramts gemacht und wie es sich Papst Leo angeeignet hat.
Selbstbezogener Pseudoparlamentarismus
Statt dessen ist das ekklesiologisch unförmige und hässliche Gebilde, das sich in der Satzung abbildet, nichts anderes als ein selbstbezüglicher Pseudoparlamentarismus. „Pseudo“ deshalb, weil es am Ende des Tages, wenn schon nicht wirklich synodal, nicht einmal repräsentativ sein wird und auch nicht über echte legislative Kompetenz verfügt. Es tut nur so. Es ist Standesvertretung von Laienfunktionären plus handverlesenen Einzelpersonen, Bischofsclub ohne Verbindlichkeit und ekklesiologischen Sinn und Ort, schließlich wird überall die Verbindlichkeit der Beschlüsse suggeriert, um sie in Nummer 7 dann wieder zu derogieren. Summa summandum ein groteskes Gebilde. Seine Wirksamkeit beruht allein auf der Kungelei zwischen Bischofsfunktionären und Laienfunktionären und der Möglichkeit, durch die Pseudoverbindlichkeit moralischen Druck auf Abweichler aufzubauen. Dazu gehört auch eine „Rechenschaftspflicht“ von solchen, die Beschlüsse nicht umsetzen und der Gebrauch des semantisch schillernden Neologismus „entscheidungserheblich“ für Laienvoten. Beides ist ekklesiologisch schlicht absurd.
Fazit
So groteske und absurde Züge dieses missratene Gebilde aufweist – es ist dennoch gefährlich:
- Es wird eine wirkliche Erneuerung blockieren, weil eine geistlich und theologisch grundsätzlich falsche Haltung zementiert wird.
- Es versperrt die Sicht auf authentische Synodalität. Die aus dem theologisch gediegenen Schlussdokument vor allem in der Präambel verwendeten theologischen Formeln werden so entstellt und entwertet.
- Es wird die tödliche Selbstbezogenheit der katholischen Kirche in Deutschland, die paradoxerweise einhergeht mit der Sucht vollständiger Anpassung an bestimmte Elemente des Zeitgeists, noch einmal erhöhen.
- Vor allem, wenn es gelingt, Budget- und Finanzhoheit zu erobern, droht ein bürokratischer Wasserkopf, der alle guten Initiativen vor Ort lähmt.
- Die mangelnde Bereitschaft dieses Pseudoparlamentarismus, sich wirklich in den universalkirchlichen Zusammenhang einzufügen, hat sich längst gezeigt: Der Papst erklärt programmatisch die Gültigkeit der kirchlichen Lehre zur Anthropologie und Sexualmoral. Er stellt – unter ausdrücklicher Nennung des deutschen Papiers – fest, dass bestimmte Weichenstellungen im Norden Europas der kirchlichen Lehre nicht entsprechen. Den Bischöfen und Laien, die sich mit dem synodalen Weg identifizieren, ist das schlicht und ergreifend egal, ja der Bischof von Aachen setzt dieses Dokument noch nach der päpstlichen Äußerung in sein Amtsblatt.
Man hat diesen fundamentalen Widerspruch zu einer authentischen Synodalität, wie sie im Schlussdokument formuliert wurde, durch eine Fülle salvatorischer Klauseln zu kaschieren versucht. Ich hoffe, dass man das in Rom durchschaut, die notwendigen Schlüsse zieht und entsprechend handelt.
Bildquelle: Pieter Bruegel d. Ä., Das Narrenschiff (Ausschnitt); Public Domain, via Wikimedia Commons.

