Die Thesen zu den Urworten bilden so etwas wie die Quintessenz unseres Buches „Urworte des Evangeliums“. Wer mit dem Buch arbeiten will, kann hier anknüpfen. Es lohnt sich, sie sich immer wieder zu vergegenwärtigen und sie zu meditieren. Eine Broschüre mit Anregungen zur persönlichen Weiterarbeit mit diesen Thesen sowie weiteres didaktisches Material ist derzeit in Bearbeitung und wird bald zur Verfügung stehen. Hier finden Sie die Urworte aufgelistet mit den dazugehörigen Thesen und jeweils einer kurzen Erläuterung.

Jesus

Die Kirche leuchtet, wenn Jesus ihr Anfang, ihre Mitte und ihr Ziel ist.

Die Kirche ist vital, wo Menschen in persönlicher Beziehung mit Jesus sind. Der HERR ist da. Er kommt uns entgegen: im Empfang der Sakramente, in der Kontemplation des Wortes, im Gebet und in der Begegnung mit dem Nächsten. Wir verkümmern als Kirche, wenn wir uns Jesus vom Leib halten, ihn zur frommen Dekoration machen, ihn durch Begriffe zähmen und ihn in die Vergangenheit entrücken, statt seine heilende Gegenwart zu verkünden.

 

Liebe

Eine Kirche der Liebe ist eine Kirche mit Gott. Das Maß ihrer Liebe ist die Liebe Jesu, der sich am Kreuz für uns hingegeben hat.

„Liebe“ ist der zentrale Begriff des Christentums, der Ausgangspunkt aller Wirklichkeit und das Ziel von allem. Liebende zu werden, die Liebe Gottes in die Welt zu tragen, eine liebevoll anfordernde Kirche zu sein, das ist das Abenteuer, zu dem Gott uns einlädt.

 

Volk Gottes

Die Kirche ist älter als die Kirche; sie lebt aus dem Wurzelgrund Israels und hat als Volk Gottes bereits eine lange Geschichte mit Gott.

Ohne ihren jüdischen Ursprung würde die Kirche die Wege Gottes mit den Menschen nicht kennen, sich seiner Gebote nicht bewusst sein, die Sprache der Psalmen nicht sprechen und Jesus nicht verstehen, der die Herrlichkeit, die Nähe und das Ja zu allen Verheißungen Gottes ist. Israel wurde von Gott für immer erwählt und ist und bleibt der „Augapfel Gottes“.

 

Wort Gottes

Die Kirche ist „Geschöpf des Wortes Gottes“ (Martin Luther).

Sie steht unter dem Wort und verliert ihre Identität, wenn dieses Wort nicht allem kirchlichen Denken, Handeln und Sprechen vorausliegt. Die Lebenswirklichkeit der Menschen heute muss sich am lebendigen Wort Gottes orientieren, an Jesus Christus, in dem Gott sich vollkommen ausgesprochen hat. Die Kirche kann das Wort Gottes nicht verbessern oder nachjustieren. „Der glaubende Mensch kann das Wort Gottes nicht er-finden; er kann es nur finden oder noch besser: sich von ihm finden lassen.“ (Kardinal Kurt Koch)

 

Heiliger Geist

Die Kirche ist eine Wirklichkeit aus dem Heiligen Geist, bevor sie eine menschliche Organisation ist.

Sie wird, wo immer sie berät und handelt, „geistlich“ vorgehen. Nicht menschliches Planen, sondern der Heilige Geist ist es, der die Kirche in die Wahrheit führt, ihr neues Leben und Wachstum schenkt. „Ein christliches Leben, das als christlich bezeichnet wird und dem Geist keinen Platz vorbehält, sich nicht vom Geist führen lässt, ist ein heidnisches Leben, das sich als christlich verkleidet. Der Geist ist der Protagonist des christlichen Lebens, der Geist – der Heilige Geist –, der bei uns ist, uns begleitet, verwandelt, mit uns siegt.“ (Papst Franziskus) 


Rettung

Die Kirche ist der einzige Ort, an dem sich Rettung und Erlösung für die gesamte Schöpfung ereignet.

Die Kirche ist der von Gott vorgesehene Ort für die Rettung und Erlösung der ganzen Welt. Alles, was Menschenantlitz trägt, wird von der Gnade des Heiligen Geistes zu diesem Ort hingeführt. Eine Welt, deren Rettung allein uns Menschen anvertraut wäre, ist rettungslos verloren. Gott entreißt sie dem Untergang und wird sie in ursprünglicher Schönheit vollenden.

 

Eucharistie

Ohne Eucharistie keine Kirche.

Die Kirche lebt aus der österlichen Hingabe Jesu am Kreuz und der eucharistischen Integration der Gläubigen in seinen Leib. Wer das einmal in seinem Leben gesehen hat, wird die Eucharistie um keinen Preis in der Welt gegen etwas Anderes eintauschen. Die Eucharistie ist das Herz der Kirche und nicht etwa eine Gottesdienstform unter anderen oder eine rituelle Zugabe.

 

Verkündigung

Die Kirche ist die Botin, nicht die Botschaft, sie verkündet nicht sich selbst, sondern das Evangelium.

Die Kirche hat aus sich heraus nichts zu sagen; ihr ist aber die demütige, leidenschaftliche, vollmächtige und strahlende Verkündigung des Wortes Gottes anvertraut. Die Kirche ist wie der Mond: „Er ist nicht selbst das Licht, sondern strahlt, weil er von der Sonne angestrahlt wird. So strahlt auch die Kirche niemals aus sich selbst heraus, sondern durch Christus, der das Licht ist.“ (Henri de Lubac)

 

Leib   

Die Kirche ist ein Leib, sie freut sich am Leib und sie lehrt die Erlösung im Leib.

Die Kirche gründet im Geheimnis der Inkarnation (Fleisch-Werdung) Gottes und sie wird vollendet in der Auferstehung des Leibes. Sie widersteht allen Versuchen, ihre Leibhaftigkeit in eine bloße Gesinnungsgemeinschaft aufzulösen. Die Kirche bejaht den Menschen ganzheitlich, in seiner geschaffenen Leiblichkeit, als Mann und Frau.

 

Sakrament

Die Kirche begegnet in den Sakramenten dem lebendigen Jesus.

Wir feiern keinen antiken Helden, an den wir uns aus der Ferne erinnern. In den Sakramenten ist der Auferstandene bei uns. Er lebt, beschenkt uns mit seiner Gegenwart. Und er wirkt sogar durch uns, die wir sein Leib, die Kirche, sind. Die Sakramente setzen die Menschwerdung Gottes in sinnlichen Zeichen fort. „Der Verlust der Sakramente ist gleichbedeutend mit dem Verlust der Inkarnation und umgekehrt.“ (Joseph Ratzinger)

 

Jünger

Durch missionarische Jünger und Freunde Jesu blüht und wächst die Kirche.

Die Kirche wächst erst in der Breite, wenn sie in der Tiefe gewachsen ist. Als Jünger nehmen wir bewusst die Freundschaft Jesu an und lassen uns von ihm verwandeln. In der Lebensschule Jesu lernen wir, was es heißt, mit Hingabe in seiner Nähe zu sein. Wir werden immer mehr, wozu wir geschaffen sind: geliebte Kinder unseres himmlischen Vaters. Wir lassen uns senden. Wir tun, was ER tun will. Wir treffen die große Wahl unseres Lebens.

 

Gebet

Das Gebet ist der Atem und die Seele der Kirche.

Beten ist die natürliche menschliche Reaktion auf die Liebe Gottes. Die Kirche als Ganze ist „ohne Unterlass“ (1 Thess 5,17) mit Gott im Gespräch. Nichts ist wichtiger, als Gott voll Vertrauen anzubeten, ihm zu danken, ihn zu loben, ihn zu bitten und täglich die ganze Welt vor sein Angesicht zu bringen. In der Weite der Kirche und mit ihren Worten zu beten, lässt uns in der Wahrheit ruhen. Es verbindet uns mit Tausenden an unserer Seite, mit Abertausenden vor und nach uns.

 

Mission

Die Kirche hat keine Mission, sie ist Mission.

Mission heißt Sendung. Wie der Vater den Sohn und den Heiligen Geist sendet, so ist die Kirche zu den Menschen gesandt, um die Welt in die Liebe heimzuholen. Es geht um eine Liebe, die Geschenk für freie Menschen sein möchte; sie will dienen und nicht triumphieren. Wer in der Freundschaft mit Jesus ist, für den ist Mission etwas Natürliches: „Wovon unser Herz voll, davon geht der Mund über.“ (Lk 6,45) Mission ist kein Luxus oder eine Aufgabe für Spezialisten – gesandt sind wir alle. Dafür ist die Kirche da.

 

Umkehr

Die Kirche wird durch Umkehr schön; sie kommt zu sich und zu Gott.

Umkehr ist Herrschaftswechsel in einer verkehrten Welt und Orientierung an den neuen Regeln der Gottesherrschaft. Wir alle sind zur Umkehr eingeladen und durch die Gnade Gottes dazu befähigt: „Bekehrung ist die Demut, sich der Liebe des ganz anderen anzuvertrauen, einer Liebe, die Maßstab und Richtschnur meines eigenen Lebens wird.“ (Benedikt XVI.)

 

Freude

Die Freude am Herrn ist die Stärke der Kirche.

Die Freude ist die Botschaft der Engel für die Hirten und das erste Geschenk des Auferstandenen, zugleich sein Auftrag; wir sollen einander zu Dienern der Freude (2 Kor 1,24) werden. Papst Franziskus beginnt sein großes Lehrschreiben Evangelii gaudium mit dem Satz: „Die Freude des Evangeliums erfüllt das Herz und das gesamte Leben derer, die Jesus begegnen. Diejenigen, die sich von ihm retten lassen, sind befreit von der Sünde, von der Traurigkeit, von der inneren Leere und von der Vereinsamung. Mit Jesus Christus kommt immer – und immer wieder – die Freude.“

 

Urbild Maria

Zwischen Maria und Jesus hat die ganze Kirche Platz.

Maria ist das Urbild der Kirche. In ihrer Person verdichtet sich das Geheimnis der Kirche wie in einer Ikone. Im hörenden Glauben empfängt Maria Gottes ewiges Wort. Indem sie „Ja“ (Lk 1,38) sagt, wird das Wort Fleisch. Maria wird fruchtbar und kann der Welt den Erlöser schenken. Auch die Kirche bringt Frucht, wenn sie das Wort empfängt, es im Herzen bewegt und zur Welt bringt. Das verbindet orthodoxe, katholische und reformatorische Christen im Wort Gottes.


Beitragsbild: Ikone der Advocata in Rom      Foto: Peter Esser

Melden Sie sich für unseren Newsletter an