In einem Kommentar auf Katholisch.de spielt der Mainzer Dogmatiker und Fundamentaltheologe Oliver Wintzek am Beispiel des Konzils von Nicäa den Glaubenssinn des Kirchenvolkes gegen die „episkopalen Autoritäten“ aus und droht den Bischöfen damit, dass das Kirchenvolk als Träger des Glaubenssinn mit den Füßen abstimmen werde.
Aus diesem Anlass erinnern wir an Hans Urs von Balthasars prägnante „Klarstellung“:  

„Über Glaubenswahrheiten abzustimmen ist lächerlich“

Hier ist ein Wort über den sogenannten „Glaubenssinn“ der Gesamtkirche (sensus fidelium) und seine „Unfehlbarkeit“ fällig, einer sehr problematischen Größe, weil er auf keinen Fall in einem demokratisch-numerischen Sinn solche Unfehlbarkeit beanspruchen kann, sondern nur in einem qualitativ-pneumatischen Sinn, der um so leichter in Vergessenheit gerät, je mehr die Menge der Gläubigen mechanisch, durch Massenmedien und mechanische Statistiken manipulierbar wird. Über Glaubenswahrheiten abzustimmen ist lächerlich.

In einer Kirche, die wesentlich „kleine Herde“ ist, hat nicht die Mehrheit recht, sie hat es nie gehabt und hat es heute weniger als je.
Recht haben jene Gläubigen, deren Glaubenssinn tief, lebendig, umfassend, nah bei den Quellen ist, jene, die beten und sich einsetzen, die das innere Ohr zum Geist hin offen haben. Es sind vielleicht wenige, und vielleicht ganz andere, als man annimmt. Es sind sicher nicht die, die demagogisch die Menge der Gläubigen auffordern, sich aufgrund ihres Glaubenssinnes gegen das Dienstamt zu stellen. Der Glaubenssinn ist eben wirklich Glaubenssinn, und nicht irgendein ‚Instinkt‘ für Dinge, die in der Luft liegen und nach allgemeiner Ansicht jetzt geschehen müßten…

Hans Urs von Balthasar, Klarstellungen, Herder 1972, (S. 91)


Bildqelle: Imago Images, „Wir sind Kirche“

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