Dass kirchliche Synodalität etwas völlig anderes ist als der deutsche „Synodale Weg”, zeigt einmal mehr Stephan Raabe auf. Die Mängel des übereilten Reformeifers der Deutschen werden immer deutlicher offenbar.
Papst Franziskus meinte in seinem Brief an die deutschen Katholiken 2019, der „Synodale Weg“ sei gedacht, um der zunehmenden Erosion und dem Verfall des Glaubens mit all dem, was dies nicht nur auf geistlicher, sondern auch auf sozialer und kultureller Ebene einschließt, in Deutschland zu begegnen.
Schaut man sich den Verlauf dieses Weges an, dann geht es aber vor allem darum, den Glauben und die Strukturen der Kirche nach eigenen Prämissen oft im Gegensatz zur Lehre der Kirche an die gesellschaftlichen Gegebenheiten und Meinungen anzupassen. Dies wird als Voraussetzung angesehen, um der Glaubenserosion überhaupt begegnen zu können, was man der Kirche, wie sie ist, nicht zutraut, die man selbst als solche ja nicht mehr akzeptiert. Kurz: eine erneuerte Kirche soll und kann es nur richten.
Elementare Mängel des Synodalen Weges
Hier kommt nun die Synodalität ins Spiel: zuerst von unten nach oben unter Einbeziehung der Basis, dann ebenso „von oben nach unten, die es erlaubt, in spezifischer und besonderer Weise die kollegiale Dimension des bischöflichen Dienstes und des Kirche-Seins zu leben“ (Papst Franziskus). In beiden Richtungen zeigt der „Synodale Weg“ elementare Mängel, wie die Auseinandersetzungen in Deutschland selbst, mit anderen Teilen der Weltkirche und mit Rom zeigen. Denn beim „Synodalen Weg“ meinte man, auf ein abgehobenes Gremiensystem setzen zu können, das kirchenrechtlich keine Legitimation hat. Dabei werden die Bischöfe funktionalisiert und majorisiert.
Simulierte Synodalität
Synodalität wird nur simuliert beziehungsweise nach ganz eigener Weise praktiziert. Das und verschiedene inhaltliche Entscheidungen führten in eine Konfrontation mit Rom, die jetzt durch Abstimmung mit Rom und Kontrolle durch Rom aufgelöst werden soll.
Derweil schreitet der Prozess der Bemächtigung der Kirche durch dieses nicht legitimierte Gremium subversiv weiter voran, wird die Umsetzung der „Beschlüsse“ geprüft. Vier Bischöfe (Köln, Eichstätt, Passau, Regensburg) – immerhin – entziehen sich diesem Prozess.
Eine typisch deutsche Versuchung
Mit Blick auf solche Entwicklungen hatte Papst Franziskus hellsichtig vor einem neuen Pelagianismus (Selbsterlösung) und vor einer Verweltlichung gewarnt, die dazu führen, „unser Vertrauen auf die Verwaltung zu setzen, auf den perfekten Apparat“. Eine für Deutschland nicht untypische Versuchung.
Er erinnerte daran, dass die „Evangelisierung unser Leitkriterium schlechthin sein muss“.
Er mahnte, den „Sensus Ecclesiae“ zu achten, der uns „befreit von Eigenbrötelei und ideologischen Tendenzen“. Er warnte vor einem proagon, einem Fortschreiten über das „kirchliche Wir“ hinaus: „Deshalb achtet aufmerksam auf jede Versuchung, die dazu führt, das Volk Gottes auf eine erleuchtete Gruppe reduzieren zu wollen …“
Der “eilige” Weg und seine Folgen
Dies alles erfordert ein geduldiges Miteinander, für das der „Synodale Weg“ leider im Furor seines Reformeifers, den er durch den Missbrauchsskandal und die Unzufriedenheit der Protagonisten mit ihrer Kirche meinte legitimieren zu können, keine Zeit hatte. Die Folgen, vor denen Papst Franziskus eindringlich gewarnt hatte, erleben wir heute.
Stephan Raabe
ist als Projektleiter in Bosnien und Herzegowina tätig. Er studierte Geschichte, Kath. Theologie, Philosophie und Politik für das Schullehramt in Bonn und München, machte einen Magisterabschluss, arbeitete anschließend zehn Jahre in der Jugendseelsorge im Erzbistum Berlin, war 2002/03 Bundesgeschäftsführer des Familienbundes der Katholiken und als solcher Mitglied im ZdK, ging dann für die Konrad-Adenauer-Stiftung nach Polen und Weißrussland und leitete danach das Politische Bildungsforum der Stiftung in Brandenburg. Publizistisch setzte er sich immer wieder kritisch mit der „Weiterentwicklung“ der Kirche in Deutschland auseinander.
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