Vom Vorhof der deutschen Botschaft zum Tempel der Weltsynode. Helmut Müller legt anhand von drei Falsifikaten (Verfälschungen) dar, wie der Theologe Söding auf der politischen Bühne auftritt – und es dabei mit der intellektuellen Redlichkeit nicht so genau nimmt.
Darauf muss man erst kommen: Wenn man im Metzgerladen nicht an die Wurst kommt, bellt man halt davor, so Söding am Tag 9 seiner Synode mit Söding aus Rom. Sichtlich erfreut von seiner „Frohen Botschaft“, wählt er – wie könnte es anders sein – die Deutsche Botschaft in Rom aus, um sie der ganzen Welt mitzuteilen:
Söding wörtlich:
„Heute Mittag habe ich die üppig bemessene Siesta der Synode in der Deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl verbracht – aber keine Siesta gehalten. Der Botschafter, Dr. Bernhard Kotsch, hatte geladen, 20 Gesandte diplomatischer Vertretungen aus Europa sind der Einladung gefolgt: Ein Gespräch über den Synodalen Weg in Deutschland“.
Erstes Falsifikat: Vom süßen Brei des Märchens und dem Sauerteig des Evangeliums
Vor allem habe ich erklärt, dass das ZdK aus einer demokratischen Revolution hervorgegangen ist.
Falsch daran ist nicht so sehr, was er sagt, sondern was er nicht sagt, aber der Fall ist: Die Aufgabe des ZDK war ursprünglich eine politische Reaktion, die katholische Kirche gegen staatliche Übergriffe im Kulturkampf des 19. Jahrhunderts zu verteidigen und ihre Anliegen in das gesellschaftliche Leben einzubringen oder mit dem Sendungsauftrag jedes getauften Christen gesagt, den Sauerteig des Evangeliums in der Welt aufgehen zu lassen. Was macht das ZDK daraus? Es lässt den süßen Brei des Märchens der Brüder Grimm aus der Welt in die Kirche überschwappen und lässt damit den Lifestyle der Gegenwartsgesellschaft in der Kirche aufgehen. Das fängt damit an, dass die ZDK-Vorsitzende Irme Stetter-Karp meint, dafür sorgen zu müssen, dass flächendeckende Abtreibung in Deutschland gesichert werden müsse bis zur Belobigung des neu geplanten Selbstbestimmungsgesetzes der Ampelfraktion.
Zweites Falsifikat: Vom zündelnden Feuerwehrmann zur mit Benzin löschenden Feuerwehr
Er pries den Synodalen Weg in Deutschland als politisches Ereignis. Das stimmt. Und dann präsentiert er ein Falsifikat von katholischer Kirche, das Kardinal Marx 2018 zum ersten Mal verwendet hat und das durch ständige Wiederholung nicht richtig wird: „systemischer Missbrauch in der katholischen Kirche“. Dazu Söding wörtlich:
„Der Synodale Weg in Deutschland, der systemische Antworten auf den systemischen Missbrauch geistlicher Macht entwickelt, ist ein politisches Ereignis“.
Falsch daran ist, dass der Missbrauch Einzelner auf die Struktur der katholischen Kirche insgesamt übertragen wird. Was eigentlich untersuchenswert gewesen wäre, die offensichtliche Korrelation der „hohen Anzahl männlicher Betroffener“ laut MHG-Bericht mit der ebenfalls hohen Anzahl homosexueller Täter zu untersuchen, ist tabu. Stattdessen wird ein seltsamer Schluss gezogen. Ich übertrage ihn einmal formal, dann wird der Irrsinn offensichtlich: Zündelnde Feuerwehrleute in der Feuerwehr kommen gehäuft vor. Niemand wird aber ernsthaft behaupten, dass man vom Zündeln Einzelner den Schluss ziehen kann, dass es in der Struktur der ganzen Feuerwehr läge, mit Benzin zu löschen: Zündelnde Feuerwehrleute müssen genauso entfernt werden wie missbrauchende Kleriker, anstatt einen ganzen Berufsstand „systemisch“ zu verdächtigen.
Drittes Falsifikat: Von der Einheit mit Rom und den unverstandenen Deutschen
„Drittens habe ich betont, dass sich die katholische Kirche in Deutschland nicht von anderen Kirchen und von „Rom“ absondert. Warum haben wohl die „kritischen Briefe aus dem Vatikan [haben] viele irritiert“,
wie er selber eingangs zitiert? Gar nicht davon zu reden, dass ganze Bischofskonferenzen Briefe an den Vorsitzenden Georg Bätzing geschrieben haben. Und warum weist er selber auf „heftige Diskussionen“ in der Synode hin, offensichtlich wenn er oder ein Bruder im Geist sich zu Worte gemeldet hat? Es liegt sicherlich nicht daran, dass Deutsch keine Sprache der Synode ist und alle die Deutschen falsch übersetzen, sondern einfach daran, dass man ihn und die anderen richtig verstanden hat. Es hat sich allerdings schon ein Narrativ eingebürgert, dass deutsche Bischöfe es anderen eigens erklären müssen, was sie meinen. Und weil die anderen sie einfach nicht verstehen, schafft man Fakten.
Diese drei Falsifikate wurden im Vorhof der Heiden – der deutschen Botschaft – fabriziert und sollen wohl irgendwie auch im Tempel der Weltsynode wirksam werden, so stellt sich Söding Synode mit Söding vor.
Philosoph und Theologe, akademischer Direktor, i. R. am Institut für Katholische Theologie der Universität Koblenz. Autor u.a. des Buches „Hineingenommen in die Liebe“
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