Ausführungen über die Ernährung des Leibes, seine Pflege, seine Ertüchtigung und seine altersgemäße Behandlung schenke ich mir. Darüber gibt es ganze Bibliotheken. Ich möchte ein paar Worte über die Ökologie des Leibes verlieren, wenn wir einander lieben und begehren.

Leibzeit statt Jahreszeit

Begehren findet sich allerdings auch im Tierreich. Es ist geregelt durch Brunftzeiten beim Rotwild, Rauschzeiten beim Schwarzwild und Balzzeiten bei Vögeln. Bei uns Menschen kennt Lieben und Begehren keine Jahreszeiten. Es gibt allerdings eine Leibzeit1 der Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit, wie es Jahreszeiten in der Natur gibt – in einem Monats-Rhythmus und in einem Lebens-Rhythmus. Im Frühlingsrhythmus2 – im Stadium des Kindseins – sollte man altersgemäß mit dem Leib anders umgehen als in entsprechenden anderen Jahreszeitrhythmen. Eine Ökologie des Leibes will diese Rhythmen beachten und dabei auf Produkte der Petrochemie (Kondome) und der Pharmazie (Pille) verzichten. Unser Lieben und Begehren ist nämlich wesentlich mit Fruchtbarkeit gekoppelt. Die damit einhergehende Lust hat auch ihre Rhythmen, ist aber nicht so eng wie im Tierreich mit Fruchtbarkeit gekoppelt. Zudem gibt es Zeiten der Unlust, des nicht daraufhin Disponiert-Seins, der Krankheit und der fehlenden Paarigkeit der Lust, so dass sie einer verspürt aber der andere gerade nicht.

„Alle Lust will Ewigkeit“

Unser Leib ist diese Quelle von Lust, die ökologisch den Sinn hat, mit einem anderen Menschen geteilt zu werden und das über die Rhythmen der Fruchtbarkeit hinaus. Ökologisch richtig wird sie in allen Dimensionen unseres Wesens, physisch, psychisch, geistig erlebt. Und das wusste schon Nietzsche: „Alle Lust will tiefe, tiefe Ewigkeit“. Wenn das so ist – und es ist so – muss sie mit etwas verbunden werden, an das Nietzsche gar nicht glaubte, mit Gott. Die ökologische Basis dieser Lust entspringt einer Zweierbeziehung. Sie beginnt zwar in Raum und Zeit, und wenn es nicht bloß Sehnsucht ist, wie bei Nietzsche, sondern auch Verheißung, dann ist sie auf Ewigkeit hin angelegt. Die katholische Kirche liefert den Ritus dazu, diese Sehnsucht auch als Verheißung zu feiern.

„Minus-Vernunft“ statt Transzendenz?

Von Helmut Müller


  1. https://www.herder.de/philosophie-ethik-shop/der-leib-und-seine-zeit-gebundene-ausgabe/c-27/p-14869/↩︎
  2. https://www.prinzipien-sexualpaedagogik.org↩︎
  3. https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/der-philosoph-charles-taylor-wird-neunzig-17618304.html↩︎
  4. http://www.eulenfisch.de/magazin/ausgaben/02-2015-tier-und-wir/helmut-mueller-frauchens-waldi/↩︎
  5. https://de.wikipedia.org/wiki/Feinabstimmung_der_Naturkonstanten↩︎
  6. Z. B. auf „Die Liebe, nach der wir uns sehnen“: https://www.buecher.de/shop/theologie/die-liebe-nach-der-wir-uns-sehnen/groos-maria/products_products/detail/prod_id/62550874/↩︎

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