Maria Lichtmess – das Fest der Fusion von Krippe und Kreuz, das Gottes Herrlichkeit erstrahlen lässt. Dorothea Schmidt teilt ihre Gedanken dazu in einer Betrachtung mit vielen Bildern über die Schöpfung, über Gott und die Menschen und den Glauben. Sie hebt das bei vielen bereits vergessene Kirchenfest in ein strahlendes Licht, das dazu anregt, einen wirklichen Festtag zu begehen.
Der Messias wird der Welt präsentiert
Die Kirche feiert heute Maria Lichtmess, die Darstellung Jesu im Tempel. Es ist das Fest, wo die Letzten ihre Weihnachtsdeko wieder verstauen und sich endgültig und vielleicht ein wenig wehmütig von der Weihnachtszeit verabschieden — auch wenn diese seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil offiziell mit dem Fest der Taufe des Herrn und damit spätestens am 13. Januar endet. Dabei geht es eigentlich erst richtig los: Die wahre Bedeutung der Geburt Jesu wird bei der Darstellung im Tempel deutlich; der Gott, der liturgisch am 25. März Gestalt annimmt und an Weihnachten nur für eine kleine Schar von Menschen sichtbar wird, wird an Maria Lichtmess dem ganzen Volk Israel — und im Grunde der ganzen Welt — als derjenige vorgestellt, der er ist: der verheißene Messias, der gekommen ist, um die Menschheit am Kreuz zu erlösen und ihr die Pforten des Himmels wieder zu öffnen.
Lichtexplosion und Fusion
An Maria Lichtmess fusionieren Geburt und Erlösungstod, Freude und Schmerz. Leben und Tod, Gott und Mensch, Jung und Alt, Licht und Dunkelheit. Verborgenheit und Öffentlichkeit treffen aufeinander. Diese Kontraste sind in Christus kein Widerspruch, sondern werden zu einem gemeinsamen Sinn vereint. Traditionelle Lichterprozessionen und Kerzenweihen dieses Festes verweisen zurück auf die Geburt Jesu, die in einer himmlischen Lichtexplosion die Dunkelheit der Menschheit vertrieb; der ewige Gott kommt in die irdische Welt, vereint gewissermaßen Ewigkeit mit Endlichkeit und antwortet auf die Sehnsucht des Menschen nach dem verheißenen Messias — beispielhaft dargestellt in Hanna und Simeon.
„Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel“,
jubelt Simeon — um im nächsten Atemzug darauf hinzuweisen, dass in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und Maria ein Schwert durch die Seele dringen wird. In Simeon und Hanna, diesen gottesfürchtigen Israeliten, die ein Leben lang im Glauben auf die Verheißung ausgeharrt haben, erfüllt sich nun die Sehnsucht, dass sich das Heil kundtut. Ihr Glaube wird belohnt.
Mysterium und Glaube
Im Grunde zeigt sich hier schon das Mysterium der Kirche, die ebenso voller scheinbarer Gegensätze ist. Sie kommt von Gott, besteht aber aus Menschen. Sie ist sichtbar und unsichtbare Wirklichkeit zugleich. Sie ist geistig und fleischlich, heilig uns sündhaft, historisch und eschatologisch, wie Henri de Lubac es wunderbar entfaltet hat.
In diesem Mysterium bewegen sich die Christen und werden es nie ganz ergründen. Das ist auch nicht entscheidend. Entscheidend ist, was Hanna und Simeon vorgelebt haben: die Treue zum Glauben an Gottes Verheißung(en), Geduld, die Sehnsucht nach dem Herrn — nach dem, der das Kreuz umarmt hat und der uns zu selbigem ermutigt und einlädt. Christus selbst, die treue Beziehung zu ihm ist der Schlüssel zu einem erfüllten Leben. Er allein kann die verborgensten Sehnsüchte des menschlichen Herzens füllen. Er allein weiß auch, wieviel Kreuz der Einzelne tragen kann.
Das Kreuz ist übrigens auch der Schlüssel zur Einheit der Christen. Papst Benedikt XVI. sagte 2012 in einer Generalaudienz: „Jeder Christ könne am Kreuzestod Jesu, der ein „Sieg seiner Liebe“ war, teilhaben, wenn er sich „von Gott verwandeln“ lasse, umkehre „und die Verwandlung in Form der Bekehrung stattfindet“. Die Einheit der Christen „verlangt eine innere, sowohl gemeinschaftliche als auch persönliche Bekehrung“.
Verwandlung durch Umkehr und Christusbeziehung
Bei allem Kirchenkrach, den wir in diesen Tagen erleben, trotz aller Spaltung untereinander, trotz Kleinkrieg und Sündhaftigkeit eines Jeden von uns geht es immer wieder nur um eines: die Beziehung zu Jesus Christus, der uns ein neues Herz schenken, aus uns eine neue Schöpfung machen möchte.
Die Turbulenzen der letzten Jahre haben gezeigt, wie schnell Menschen die Barmherzigkeit vergessen und wie notwendig Jesu Wirken an unserm Herzen ist. Dafür braucht es die Hingabe an den Herrn, der alle noch so immensen Divergenzen unter den Menschen nicht nivelliert, sie aber zu einer echten Einheit im Heiligen Geist zu führen vermag. John Henri Newman sagte:
„Das Herz des Christen soll im Kleinen die Darstellung des gläubigen Ganzen sein, da doch ein Geist das Ganze und seine Glieder zu einem lebendigen Tempel macht.“
Sehr schön formulierte es auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer:
„Wer mit Christus verbunden ist, der ist Teil der Gemeinschaft derer, die alle mit Ihm verbunden sind, und das ist die Kirche.“
Die Schöpfung trägt das Prägemal des Kreuzes
Kennzeichen der Kirche sind gewissermaßen Tod und Auferstehung, verbunden durch das Kreuz, auf das die Prophetin Hanna subtil hinweist. Das Kreuz ist dem Menschen sogar physisch einverleibt: Wie Bauarbeiter beim Hausbau Mörtel benutzen, um einzelne Ziegelsteine miteinander zu verbinden, so werden die menschlichen Zellen durch einen speziellen Kleber, das Laminin, zusammengehalten. Und dies hat eine kreuzförmige Struktur.
Die Schöpfung trägt das Prägemal des Kreuzes. So sehr wir Menschen es manchmal gern von uns abschütteln würden — das Kreuz ist der Weg zur Erlösung. Das Kreuz verbindet uns mit dem Erlöser, der am Tag der Darstellung im Tempel der Welt offenbart wurde. Das Kreuz ist das Zeichen, durch das Gottes Herrlichkeit erstrahlt. Zum Heil der Welt und zu unserm Heil.
Dorothea Schmidt
arbeitet als Journalistin und regelmäßige Kolumnistin für diverse katholische Medien (Tagespost, kath.net, u.a.). Sie ist Autorin des Buches „Pippi-Langstrumpf-Kirche“ (2021). Sie war Mitglied der Synodalversammlung des Synodalen Weges und verließ gemeinsam mit weiteren Frauen Anfang 2023 das Gremium als Protest gegen die Beschlüsse des Synodalen Weges, die sich immer weiter von der Weltkirche entfernen. Schmidt ist Mutter von zwei Kindern und lebt mit ihrer Familie in Süddeutschland.