Römisch-katholisch, Alt-katholisch, Anders-katholisch, Hysterisch-katholisch und dann folgt nur noch die absolute Schwundstufe Homöopathisch-katholisch. Letzteres „Katholisch sein“ wird wohl weiter zunehmen und heißt dann: Das römisch-katholische wird nur noch in homöopathischen Potenzen durchs Weihwasser geschossen. Das sind Gedanken von Helmut Müller nach der Lektüre der Würdigungsrede von Julia Knop bei der Verleihung des Edith-Stein-Preises an Sr. Philippa Rath (OSB)

Anders-katholisch

Leider sind mittlerweile auch schon Bischöfe bei genannten Schwundstufen auszumachen. Der Bischof von Magdeburg hat dazu sogar schon ein Buch geschrieben. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofkonferenz wirbt – wie könnte es anders sein – schon damit und ermächtigt sich selbst vom Moderator zum Autokrator in dem er nicht ich sondern wir sagt: Wir wollen anders katholisch sein.

Hysterisch-katholisch

Bei der Verleihung des Edith Stein Preises an Schwester Philippa Rath (OSB)[1]– kreiert die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop in ihrer Würdigungsrede offensichtlich eine neue Schwundstufe des Katholischen, nämlich die hysterisch-katholische. Damit ist natürlich keine psychologische Kategorie gemeint, sondern eine Metapher, die merkwürdig erhellend Anleihen beim freudschen Strukturmodell macht. Ein ES, in dem es aus irgendwelchen Gründen, mehr oder weniger hemmungslos kocht und brodelt und Wünsche im Bereich des Römisch-Katholischen „selbstmächtig“, so Knop realisieren will, die darin unmöglich sind. Es ist nicht so, dass ein „gefühltes Berufensein“ selbstmächtig in ein objektives Gerufensein verwandelt werden könnte. „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt…“ heißt es schon im Johannesevangelium (Joh. 15,16). Das diesbezügliche ICH eines gefühlten Berufenseins erlebt sich – will man Julia Knop folgen – unter der Betondecke eines ÜBERICHs, das als „kirchliche Übermächtigung“ erlebt wird, die allerdings nur um den Preis, eines anders-katholisch Seins durchstoßen werden kann. Diese spezielle Variante nenne ich hysterisch-katholisch. Es gibt – wie vor einem Jahrhundert für Napoleonhüte – offensichtlich einen ähnlichen Markt für eigentlich Priestern und Diakonen vorbehaltene Stolen, wie heute in katholisch.de gemeldet: Die Stoffbänder sind in vier liturgischen Farben erhältlich. Warum eine Paramentenwerkstatt Stolen für Nicht-Kleriker macht

Mittlerweile rennt Julia Knop in einem weiteren Beitrag auf katholisch.de gegen eine römisch-katholisch verstandene Tradition an, die sie historistisch[1] als veränderbar ansieht, auch wenn es vielleicht wie oben beschrieben bloß ein hysterisches Grummeln in der Psyche ist, die den Wesensunterschied zwischen Mann und Frau auf eine Ebene von blond und brünett herunter bricht. Sollte das auch weiterhin nicht eingesehen werden, gibt es bei Altkatholiken alles, was man sich wünscht: Man kann dann historistisch denken ohne sich als hysterisch verunglimpft zu empfinden.

 „Spirituelle Selbstermächtigung gegen kirchliche Übermächtigung“

Alle oben genannten Schwundstufen haben offenbar eines gemeinsam, was die Erfurter Dogmatikerin in ihrer Würdigungsrede auf den Punkt bringt: „Spirituelle Selbstermächtigung gegen kirchliche Übermächtigung“.

  • Sie manifestiert den paradiesischen Ungehorsam der Stammeltern und folgt der Schlange: Euch werden die Augen aufgehen und ihr werdet gut und böse unterscheiden können (vgl. Gen 3,5). Ein Lehramt ist dann so überflüssig wie ein Kropf, wenn man alles besser weiß.
  • Sie folgt dem Non serviam (Ich werde nicht dienen) der „himmlischen Palastrevolution“ (Apk 12,7ff), der der Erzengel Michael sein serviam entgegenschleudert.
  • Aus dem „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst“ (Mt 16,24) Jesu, wird die Nachfolge Nietzsches mit seinem Aufruf „sich selber zu folgen“ (Zarathustras Vorrede, Abschnitt 9) um zum Übermensch zu werden. Im Paradies kommt das dem wie Gott sein wollen gleich. Uns wesensgemäß ist aber nur verhießen, was wir gerade am Ende des Kirchenjahres gefeiert haben, bei Gott sein. Gott ist aber bei genannten Theologen und Theologinnen offenbar nur noch  ein Streit um Begriffe, Anbetung wird wohl ein Fremdwort sein, wenn – es ist kaum zu glauben – in einer Würdigungsfeier für eine Benediktinerin von „spiritueller Selbstermächtigung“ die Rede ist. Das ist dann schon homöopathisch-katholisch.

[1]Papst Benedikt XVI.: „In der Tat halte ich dafür, dass die Krise der Kirche und die Krise der Humanität, die wir erleben, mit der Ausklammerung des Themas Gott aus der Vernunft in Zusammenhang steht, die zum Rückzug der Theologie in Historismus zuerst, in Soziologismus dann und gleichzeitig auch zur Verödung der Philosophie geführt hat.“


Dr. phil. Helmut Müller

Philosoph und Theologe, akademischer Direktor am Institut für Katholische Theologie der Universität Koblenz. Autor u. a. des Buches „Hineingenommen in die Liebe„, FE-Medien Verlag


Foto von Boston Public Library auf Unsplash

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