Weder hat Maria ihren Platz in der Nachfolge eingefordert noch hat die Urkirche das Frauenpriestertum eingeführt, obwohl sie zahlreiche caritative und apostolische Tätigkeiten von Frauen kannte. Dorothea Schmidt geht der permanent wiederholten Behauptung nach, dass Frauen in der katholischen Kirche benachteiligt seien. Ist das wirklich so?

Die altkatholische Kirche in Österreich hat vergangene Woche die erste Frau zur Bischöfin geweiht, die evangelische Kirche kennt die Praxis der Frauenordination schon lange, die katholische Kirche (wie die byzantinische, west- und ostsyrische, armenische, koptische und äthiopische) hat es noch nie getan — treu dem Erbe Israels, über das die Kirche kein Verfügungsrecht hat, ebenso wenig wie über die Sakramentsmaterien Weizenbrot und Traubenwein.

Der linke Flügel der katholischen Kirche, die meisten von ihnen sind Gremienkatholiken, fordert die Weihe von Frauen dennoch immer vehementer ein. Allen voran Irme Stetter-Karp, Chefin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, die gerade wieder verlangte, dass alle deutschen Bistümer die Beschlüsse des Synodalen Weges umsetzen.

Im Grunde geht es bei all den Forderungen um die Dogmatisierung der (kirchenrechtlich nichtigen) synodalen Beschlüsse — gern auch gegen Rom, wie es auch Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, immer offensichtlicher postuliert. Homo-Paare sollen gesegnet werden, Laien mitentscheiden dürfen — um nicht zu sagen: Sie sollen die Bischöfe ersetzen — und Frauen soll der Zugang zu allen Ämtern gewährt werden. Das bekräftigte Bätzing erst kürzlich bei einem Treffen mit dem Lions-Club in seinem Bistum. Benachteiligt die katholische Kirche tatsächlich die Frauen und lässt jede Geschlechtergerechtigkeit vermissen?

Eine Instrumentalisierung von Edith Stein

Mitnichten! Denn dann hätte Jesus auch seine Mutter diskriminiert, und alle nicht berufenen Männer ebenso. Jesus hat aber allen Menschen die gleiche Würde zugesprochen, ohne die Unterschiede zwischen den Menschen glattzubügeln oder die Komplementarität von Mann und Frau aufzuheben. Er hob Frauen auf einen Sockel, schockierte damit die damalige Gesellschaft — zu seinen Nachfolgern hat er Frauen aber nicht bestimmt, auch seine Mutter nicht. War diese nur eine servile Magd?

Weder hat Maria ihren Platz in der Nachfolge eingefordert, noch hat die Urkirche das Frauenpriestertum eingeführt, obwohl sie zahlreiche caritative und apostolische Tätigkeiten von Frauen kannte. Einige sind als starke Zeuginnen oder Märtyrerinnen in die Geschichte eingegangen. Die Jungfrauenweihe und das Diakonat waren verbreitet. Darauf hat bereits Edith Stein 1931 hingewiesen, die sich intensiv mit dem Thema des Frauenpriestertums auseinandergesetzt hat. Allerdings hat sie sich nicht, wie auf dem Synodalen Weg suggerierte wurde, für das Amt für Frauen ausgesprochen.

Jesus „nur“ ein Mensch?

Vielmehr wog sie Für und Wider ab — und kam zu dem Schluss, dass nicht nur die gesamte Tradition gegen eine Frauenordination spreche, sondern auch die Tatsache, dass Christus als Mann auf die Welt gekommen ist. In der katholischen Kirche in Deutschland wird das Mannsein Jesu immer wieder in Frage gestellt. Er sei Mensch geworden, nicht Mann, behauptete Bätzing mehrfach — und verstrickte sich damit in ein Sophisma, bei dem ein altkirchliches Axiom als geltend angenommen wird, nach dem nur erlöst ist, was auch angenommen ist. Demnach wäre die Frau nicht erlöst. Weil das nicht möglich ist, wird das Mannsein Jesu als irrelevant abgetan, ja geleugnet.

Das ist eine reductio ad absurdum. Dann müsste man auch das Judesein Jesu hinterfragen. Das wird kein Theologe wagen, denn das Judesein Jesu ist von größter Bedeutung. Und wenn nur erlöst ist, was angenommen ist, wären auch Japaner und Germanen nicht erlöst, denn Jesus war weder noch.

Edith Stein sah in eben diesem Mannsein Jesu das Priesteramt begründet. Das Mannsein Jesu schien für sie ein Hinweis darauf, „daß er zu seinen amtlichen Stellvertretern auf Erden nur Männer einsetzen wollte“. Die Pflicht des zum Priesteramt berufenen Mannes ist es nach Edith Stein, im Gegensatz zur Frau die Vertrautheit des Herrn immer wieder zu verlassen, um an seiner Stelle zu lehren, zu verkünden, zu richten….

Freiheit statt Amtsbindung

Im Gegensatz dazu ist die Frau für den Herrn, so Edith Stein, etwas so Wertvolles, dass er sie nicht loslassen und an ein Amt binden wollte wie den Mann. Sie schrieb:

„Wie er aber einer Frau sich so nahe verbunden hat wie keinem andern Wesen auf Erden“ — der Gottesmutter Maria — , „und sie so sehr zu seinem Bilde geschaffen wie keinen Menschen vorher und nachher, wie er ihr für alle Ewigkeit eine Stellung in der Kirche gegeben hat wie keinem andern Menschen, so hat er zu allen Zeiten Frauen zur innigsten Vereinigung mit sich berufen, als Sendboten seiner Liebe, als Verkünderinnen seines Willens an Könige und Päpste, als Wegbereiterinnen seiner Herrschaft in den Herzen der Menschen: einen höheren Beruf als den der sponsa Christi kann es nicht geben, und wer diesen Weg offen sieht, der wird nach keinem andern verlangen.“

Maria war die sponsa Christi schlechthin, die „Magd des Herrn“, wie sie sich selbst bezeichnete — nicht aus einer Mauerblümchen-Haltung heraus, sondern aus dem tiefen Verständnis über ihren von Gott zugesprochenen Wert als Geschöpf Gottes sowie aus einer Haltung richtig verstandener Demut. Empfangen und Tun schließen sich nicht aus. Maria empfängt ihr Tun aber nicht aus dem eigenen Wollen, sondern aus Gott und zeigt damit, dass nicht unser eigenes, auf unserem Willen entspringende Tun heilsbringend und fruchtbar ist, sondern Gottes Wirken durch uns — und dies macht jede äußerliche Form von Amt und Position zehntrangig.

Maß nehmen an Maria

Durch uns wirken kann Gott an allen denkbar möglichen Fronten, sagte Edith Stein. Entscheidend sei allein der Blick auf den Gekreuzigten — und die Liebe. Das haben uns viele charakterstarke Frauen der Geschichte vorgelebt, und Großes erreicht — ohne Priesteramt; weil sie ganz durchlässig waren für Gott. Allen voran Maria, heilsgeschichtlich von enormer Bedeutung, welche die Kirche im Laufe der Jahrhunderte immer mehr ergründet und in Mariendogmen festgezurrt hat — die aber von vielen Katholiken heute heruntergespielt und sogar verdreht wird. Könnte es sein, dass uns ein Maßnehmen an Maria fehlt, um das, was Frauen ausmacht (und was Priestertum meint), ergründen zu können?

Der 2004 verstorbene katholische Theologe Louis Bouyer aus Paris, der die Geschlechtertypologie auf bemerkenswerte Weise entfaltete —, bedachte die Frau mit einem Loblied. Er sah die Frau dadurch ausgezeichnet — und damit erinnern seine Ausführungen an Edith Stein —, dass sie — analog zur Muttergottes — aktiv an der Seite des Schöpfers stehe und somit die vollkommene Verwirklichung des ganzen Menschseins sei, der Inbegriff der Immanenz, das eigentliche Gegenüber Gottes, bestimmt durch ein „tieferes und dauernderes Eingelassensein in das Heilige“.

Der Mann hingegen repräsentiere Gottes Transzendenz, Vaterschaft und Schöpferkraft nur uneindeutig und momenthaft. Weil er die Transzendenz des gebenden Gottes repräsentiere, habe Jesus sich auch nur als Mann hat inkarnieren können. Infolgedessen stünden Bischofs- und Priesteramt (alles Handeln in persona Christi capitis) aufgrund der symbolischen Logik des Sakramentalen nur dem Mann offen.

Zu sagen, wie es heute vielfach geschieht, der zum Priesteramt berufene Mann dürfe mehr als die Frau, ist der falsche Ansatz, weil es vom weltlich verstandenen Machtbegriff gedacht und womöglich auch von Machtansprüchen geleitet ist. Das führt unweigerlich zu einer Rivalität der Geschlechter und geht  – im Sinne der Debatte über die „Vielfalt der Geschlechter“ weiter gedacht – letztlich in einem Brei von fluiden und emotional konstruierten Geschlechtern sowieso unter.

Pespektivwechsel von Verweigerung zu Wertschätzung

Die neue Anthropologie der Vielfalt, die sich angeblich für eine Gleichberechtigung der Frau einsetzen wollte, inspiriert in Wirklichkeit Ideologien, die letztlich die Familie infrage stellen, zu der naturgemäß Eltern (Mann und Frau) gehören. Sie fördern die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Verbindungen mt der Ehe sowie polymorphe Sexualität, wie sie jetzt in der Kirche in Deutschland lautstark propagiert wird. Von Wertschätzung der Frau keine Spur. Von Klarheit und göttlicher Ordnung ganz zu schweigen.

Die entscheidende Frage ist nicht, ob der Frau aufgrund ihres Geschlechtes etwas verweigert wird. Das reduziert sie letztlich doch wieder auf ihre Biologie (die heute so stark bekämpft wird) und verkennt, dass der Mensch nicht nur physisch, sondern auch ontologisch, geistig und psychisch Mann oder Frau ist. Die eigentliche Frage ist, warum Gesellschaft und Kirche nicht bereit sind, das, was die Frau zutiefst ausmacht, zu ergründen, wertzuschätzen und ihr so gerecht zu werden, wie es ihr und dem Willen des Schöpfers entspricht? Die letzten Päpste haben richtige Impulse für die Frau gesetzt. Es ist Zeit, diese aufzugreifen und ins kirchliche und gesellschaftliche Bewusstsein sowie in die Tat zu überführen.

Dieser Beitrag erschien erstmalig auf kath.net.


Dorothea Schmidt
arbeitet als Journalistin und regelmäßige Kolumnistin für diverse katholische Medien (Tagespost, kath.net, u.a.). Sie ist Autorin des Buches „Pippi-Langstrumpf-Kirche“ (2021). Sie war Mitglied der Synodalversammlung des Synodalen Weges und verließ gemeinsam mit weiteren Frauen Anfang 2023 das Gremium als Protest gegen die Beschlüsse des Synodalen Weges, die sich immer weiter von der Weltkirche entfernen, Schmidt ist Mutter von zwei Kindern und lebt mit ihrere Familie in Süddeutschland.

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