Am 23.10.2023 machte Kardinalsstaatssekretär Pietro Parolin nochmals deutlich, dass es keine Priesterweihe für Frauen geben kann. Die Religionsphilosophin Dr. Beate Beckmann-Zöller fragt in diesem Artikel nach den tieferen Gründen, warum diese Frage in Deutschland dennoch – teilweise zu Recht – die Gemüter von Frauen – seit Edith Steins Zeiten – bewegt. Und welche Lösungen denkbar sind.
Ein neues Stoppschild gegen Priesterweihe für Frauen
Beate Gilles erhielt als Generalsekretärin der DBK am 23.10.2023 einen Brief des Kardinalstaatssekretärs Pietro Parolin, in dem er deutlich macht, dass eine Priesterweihe für Frauen ausgeschlossen bleibt. Er zitiert darin Papst Franziskus: „Das den Männern vorbehaltene Priestertum als Zeichen Christi, des Bräutigams, der sich in der Eucharistie hingibt, ist eine Frage, die nicht zur Diskussion steht, kann aber Anlass zu besonderen Konflikten geben, wenn die sakramentale Vollmacht zu sehr mit der Macht verwechselt wird.“ Evangelii gaudium (24.11.2013) Es gehe um die Funktion, nicht um die Würde, die durch die Taufe allen Christen zukommt. Und es gehe nicht um die Überlegenheit des einen über den anderen. Warum ist das so schwer zu vermitteln?
Jedem das Gleiche – jedem das Seine
Ein Schlüssel zum gegenseitigen Verständnis der Vertreter der unterschiedlichen Positionen zur Frage der Öffnung des Priesteramts für Frauen kann meines Erachtens der Begriff der „Geschlechtergerechtigkeit“ sein. Gleiche Würde und gleiche Wertschätzung kann mit unterschiedlicher Aufgabenverteilung einher gehen – was jedoch ein schmaler Grat ist, zugleich eine große Spannung und eine herausfordernde Aufgabe. Es ist dann von einer Geschlechter-Gerechtigkeit die Rede, die nicht jedem das Gleiche, sondern jedem das Seine zuteilt. Dazu braucht es aber
- die gleiche spürbare Wertschätzung – von Gott und gegenseitig unter den Menschen – für Männer und Frauen, und
- das Verständnis für den Wert und die Schönheit der Unterschiedlichkeit.
Andersartigkeit darf nicht mit theoretischer Abwertung einhergehen.
Misogynie in der katholischen Kirche
Ja, Frauen wurden und werden zu wenig wertgeschätzt und stattdessen diskriminiert in der Kirche, wie schon 1976 Papst Paul VI. in Inter Insigniores (Vorwort, 4., 6.) deutlich angesprochen hat. Er äußerte Verständnis dafür, dass Frauen aus diesem Grund nun auch das Priesteramt fordern. Immer noch ist es so, dass Frauen an vielen Stellen in der Kirche als Menschen zweiter Klasse gelten, in der Wertschätzung von Männern und auch von Frauen. Dieses Problem wird sich jedoch meines Erachtens nicht schnell lösen lassen, indem man das Priesteramt für Frauen öffnet. Immer noch gibt es viele Priester, die Frauen geringschätzen, zu wenig ermutigen, die sie ignorieren und übersehen. Sie sündigen mit diesem misogynen Verhalten, das aus Unreife, Unsicherheit und Unkenntnis, manchmal auch tiefer Verachtung entstammt. Dieses Unrecht müssen wir Laien – Männer und Frauen – beim Namen nennen und versuchen, es zu verstehen und einer Heilung zuzuführen. Was jedoch ist der Weg zur Heilung von tiefen Verletzungen bei vielen Frauen in der Kirche? Ist es der Weg des Macht- und Geschlechterkampfes, der aggressiven Worte und der emotionalen Erpressung, wie z. B. im Satz von Sr. Dr. Katharina Ganz OSF, die in der 5. Versammlung im März 2023 sagte: „Meine innere Wunde wird erst heilen, wenn wir wirklich den vollen Zugang haben in unserer Kirche – zu allen Diensten und Ämtern.“ ? (5. Synodalversammlung, 9.-11.3.2023, Teil III, Livestream: https://www.youtube.com/watch?v=Vi-Mj9Ttak8, ab Minute 3:18:54.)
„Du bist ein Gott, der mich sieht“ (Gen 16, 13)
Der Weg, den Gott uns in dieser Situation anbietet, ist ein innerer und ein äußerer Weg der Versöhnung und Heilung, ein Weg zum Frieden und zum versöhnten Miteinander und ein Weg der Fruchtbarkeit für neue Generationen in der Kirche. Der innere Weg ist die bewusste Wahrnehmung, dass Gott uns Frauen sieht, wie bereits die Sklavin Hagar im Alten Testament wusste (Gen 16, 13). Er kann uns durch die persönliche Beziehung zu Jesus Christus durch die Kraft des Heiligen Geistes und den Weg der Vergebung heilen. Erst wenn die schmerzende Wunde in uns nicht mehr der Motor ist, durch den wir Frauen uns in den Geschlechterkampf stürzen, erst wenn wir unser Ressentiment ablegen können, erst dann können wir den äußeren Weg der Heilung im Verhältnis der Geschlechter in der Kirche gehen. Nur wenn innere Wunden gesehen und versorgt werden durch die Liebe Christi in Sakramenten und Gebeten, in guter Seelsorge, kann innere Heilung geschehen.
Dazu braucht es die Demut und die Umkehr der Priester, ihr Bekenntnis in ihrer Beichte, dass sie schuldig sind, eine Haltung der Verachtung und Geringschätzung von Frauen eingenommen zu haben, und dass sie Gott dafür um Vergebung bitten. Darauf muss es Wiedergutmachungen geben, müssen Priester die Gaben der Frauen aktiv wertschätzen, sie sehen, sie hören, sie achten – jedoch in der Perspektive auf Christus und die Kirche hin. Es gilt, ihre Schmerzen auszuhalten, ohne schnelle „Salben“ zu verwenden, indem man womöglich dem Willen nachgibt und Frauen tun lässt, was immer sie wollen, selbst wenn es der Lehre oder Vorgabe der Kirche widerspricht.
„Er wählte die, die er wollte“ (Mk 3, 13f.)
Viele Frauen können erst mit geheilten Wunden ihr Herz und ihren Verstand öffnen, um die Lehre der Heiligen Schrift und der Kirche in Sachen Geschlechter-Anthropologie neu und besser verstehen zu lernen. Was hat Jesus damit gemeint, dass er nur Männer in den Zwölferkreis wählte? „Er wählte die, die er wollte“ (Mk 3, 13f.), und zwar nachdem er eine ganze Nacht durchgebetet hat. Heißt das, dass er uns Frauen weniger sieht, weniger liebt, dass wir weniger wert sind – weil er keine von uns in den Zwölferkreis gewählt hat? Oder heißt das, dass diese Sätze einfach aus einseitig-männlicher Perspektive der Evangelisten aufgeschrieben wurden, die Jesus und seine damalige Zeitgebundenheit zu wenig verstanden hatten? Weder noch.
Relativierungen von Göttlichkeit und Geschlechtlichkeit
Um für die Priesterweihe für Frauen zu argumentieren, sagt man, Jesus war damals als Mensch zeitgebunden. Man relativiert seine Göttlichkeit in dieser Entscheidung. Oder man relativiert die Kategorie „Geschlecht“ und sagt, die Männlichkeit Jesu, die der Zwölf und des Priesters, der „in persona Christi capitis“ handelt, sei nebensächlich; hauptsächlich sei sein Menschsein, und daran hat auch jede Frau Anteil. Grundsätzlich funktionieren die Argumente für die Öffnung des Priesteramts für die Frau also nur über eine Relativierung, entweder der Göttlichkeit des Gottessohnes Jesus Christus in seiner Entscheidung der Wahl der Zwölf, in deren Nachfolge die geweihten Priester stehen. Oder über eine Relativierung der Schöpfungstat Gottes, des Vaters, der sich in zwei gleichwertigen aber unterschiedlichen Weisen ein Ebenbild geschaffen hat, die Spezies Mensch als Doppelspezies Mann und Frau. Die Kategorie Geschlecht ist tiefer als jede Ethnie im Menschsein verankert, weil durch das sexuelle Zusammenkommen dieser beiden Geschlechter eine Nähe ermöglicht ist, in der neues Leben entsteht. Das hat schon Paul VI. 1976 in Inter Insigniores betont (Nr. 5). Aus diesem Grund lässt sich in katholischer Lehre „Geschlecht“ nicht relativieren. Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche durch ein Priesteramt für Männer und Frauen herzustellen, wäre nur um den Preis möglich, dass man die Kategorie Geschlecht und die Göttlichkeit der Entscheidung Jesu relativieren würde. Es gilt nun meines Erachtens umgekehrt, beide Punkte tiefer zu verstehen: Die Göttlichkeit Christi und die Schönheit und den Sinn der Geschlechter.
Schönheit und Sinn der Geschlechter-Differenz
Gerade Letzteres kann man sehr gut aus den Schriften Edith Steins lernen. Als Jüdin hat sie ein vertieftes Verständnis dafür, dass am Anfang der Schöpfung mit Adam und Eva ein Ehepaar, am Anfang der Neuschöpfung, d.h. der Erlösung durch Christus, mit dem „neuen Adam“, Christus, und der „neuen Eva“, Maria, ein jungfräulicher Sohn und eine jungfräuliche Mutter stehen. Damit ergänzen sich AT und NT durch die Betonung der Berufungen zu Ehe und Ehelosigkeit, um des Himmelreiches willen. Edith Stein lernt das „Sowohl-Als auch“ des katholischen Glaubens zu schätzen: Ehe und Ehelosigkeit; Gott liebt Männer und Frauen – und gerade die versöhnte Ergänzung, das heilige Miteinander wird zur Fruchtbarkeit im Reich Gottes und zur persönlichen Erfüllung – selbst im Leid – führen. In der Ehe werden Frau und Mann Braut und Bräutigam im Sakrament, das sie sich im Wort und durch die sexuelle Ergänzung im Geschlechtsakt spenden und damit (potenziell) zu Mutter und Vater werden. Der Bräutigam Christus kann aus seiner Braut, der Kirche, Einzelne rufen, ehelos zu leben und damit ein spezielles, konkretes Symbol der „Braut Christi“ zu sein. Auch der Ordensmann und der Priester – außerhalb des Mess-Opfers – sind im symbolischen Sinne die „Braut“ Christi, die Christus, den Bräutigam, empfängt, wodurch sie zu „geistlichen Vätern und Müttern“ werden.
Braut und Bräutigam – Zeugen und Empfangen
Edith Stein geht von einem besonderen symbolischen Sinn der Geschlechter aus, den Gott-Vater in der Schöpfung grundgelegt und Christus und der Heilige Geist bestätigt haben – das Zeugen und das Empfangen. Gott wurde in Jesus nicht zufällig Mann und wählte nicht zufällig Männer zu Aposteln, um ihnen im Abendmahlssaal das Sakrament der Eucharistie und nach seiner Auferstehung das Sakrament der Sündenvergebung / Beichte – in persona Christi, an Christi Stelle – anzuvertrauen. Hingegen hat er Jünger und Jüngerinnen zu seinen Nachfolgern in der Kraft des Heiligen Geistes ausgewählt, zu Lebzeiten (Lk 8,1ff.) und dann nach seiner Auferstehung durch die Ausgießung des Heiligen Geistes: Er kam sowohl auf Männer als auch auf Frauen herab, im Pfingstsaal werden explizit „Maria und die Frauen“ (Apg 1, 14) genannt; beide Geschlechter empfingen somit die Charismen (1 Kor 12. 14), die jedoch nicht mit dem Amts-Charisma des Priesters zu verwechseln sind.
Gründe gegen das Priestertum der Frau
Edith Stein stellt in ihrem Vortrag von 1931 beide Seiten dar: diejenigen, die das Priesteramt oder das Diakonat der Frau fordern; und dann hält sie selbst gewichtige Gründe dagegen. Dabei geht sie nach der „scholastischen Methode“ vor, die sie bei Thomas von Aquin gelernt hat: Mache zunächst das Argument des Gegners stark und dann führe Dein eigenes Argument als das stärkere an. „Von weiblicher Seite regen sich Bestrebungen, dieser Betätigung wieder den Charakter eines geweihten kirchlichen Amtes [Diakonat] zu geben, und es mag wohl sein, dass diesem Verlangen eines Tages Gehör gegeben wird. Ob das dann der erste Schritt auf einem Wege wäre, der schließlich zum Priestertum der Frau führte, ist die Frage. Dogmatisch[1] scheint mir nichts im Wege zu stehen, was es der Kirche verbieten könnte, eine solche bislang unerhörte Neuerung durchzuführen.[2] Ob es praktisch sich empfehlen würde, das lässt mancherlei Gründe für und wider zu. Dagegen spricht die gesamte Tradition von den Urzeiten bis heute, für mein Gefühl aber noch mehr als dies die geheimnisvolle Tatsache, die ich schon früher betonte: dass Christus als Menschensohn auf die Erde kam, dass darum das erste Geschöpf auf Erden, das in einem ausgezeichneten Sinn nach Gottes Bild geschaffen wurde, ein Mann war – das scheint mir darauf hinzuweisen, dass er zu seinen amtlichen Stellvertretern auf Erden nur Männer einsetzen wollte. Wie er aber einer Frau sich so nahe verbunden hat wie keinem andern Wesen auf Erden, und sie so sehr zu seinem Bilde geschaffen wie keinen Menschen vorher und nachher, wie er ihr für alle Ewigkeit eine Stellung in der Kirche gegeben hat wie keinem andern Menschen, so hat er zu allen Zeiten Frauen zur innigsten Vereinigung mit sich berufen, als Sendboten seiner Liebe, als Verkünderinnen seines Willens an Könige und Päpste, als Wegbereiterinnen seiner Herrschaft in den Herzen der Menschen: einen höheren Beruf als den der sponsa Christi kann es nicht geben, und wer diesen Weg offen sieht, der wird nach keinem andern verlangen.“[3]
Jesus hat mit Frauen „etwas Anderes“ vor
Edith Stein zählt auf, wozu Frauen die ganze Kirchengeschichte hindurch berufen waren und auch heute sind:
- „zur innigsten Vereinigung mit Christus“, also im Gebet bis hin zur mystischen Hochzeit eins mit Gott zu sein; praktisch: Gründerin und Leiterin von Gebetskreisen, Anbetungs-Abenden bis hin zu Gebets-Kongressen;
- als „Sendboten seiner Liebe“, also als Evangelistinnen im Wort und in der caritativen Tat; praktisch: Religionslehrerinnen, Sozialarbeiterinnen…;
- als „Verkünderinnen seines Willens an Könige und Päpste“, d.h. als Gestalterinnen in Gesellschaft und Kirche (wie z. B. Caterina von Siena oder Birgitta von Schweden, Mit-Patroninnen Europas wie auch Edith Stein selbst); praktisch: als Politikerinnen, Managerinnen …;
- als „Wegbereiterinnen seiner Herrschaft in den Herzen der Menschen“, d.h. als Lehrerinnen, Professorinnen, Katechetinnen, engagierte Berufstätige und kritische Bürger, die in Kirche und Welt Menschen zu Jesus Christus führen, sie im Glauben an ihn festigen und die Gesellschaft christlich formen.[4]
Der Vorteil, nicht Priester zu sein
Es habe sogar viele Vorteile, nicht Priester zu sein, so Edith Stein: „Es kann aber auf der anderen Seite als ein besonderer Gnadenvorzug betrachtet werden, dass der Herr die ihm geweihte Braut niemals von seiner Seite lassen will, dass ihr alle Macht in seinem Reich aus der liebenden Vereinigung mit ihm, nicht durch eine übertragene Amtsgewalt zukommen soll: ein Abbild jener innigsten Liebesgemeinschaft, die er je mit einem Menschen eingegangen, der Vereinigung mit der Gottesmutter.“[5]
„Basta“ ist kein Argument
Warum hat Papst Johannes Paul II. 1994 in Ordinatio Sacerdotalis „die Diskussion“ über diese Frage für beendet erklärt? Er schreibt: „4. Obwohl die Lehre über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe sowohl von der beständigen und umfassenden Überlieferung der Kirche bewahrt als auch vom Lehramt in den Dokumenten der jüngeren Vergangenheit mit Beständigkeit gelehrt worden ist, hält man sie in unserer Zeit dennoch verschiedenen Orts für diskutierbar, oder man schreibt der Entscheidung der Kirche, Frauen nicht zu dieser Weihe zuzulassen, lediglich eine disziplinäre Bedeutung zu. Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.“ Hat er mit dieser Aussage „auf den Tisch gehauen“, wie ein Vater, der „Basta“ sagt, weil er keine weiteren Argumente mehr hat? Die Diskussion wurde dadurch ja eben nicht beendet, weil der innere Aufruhr der Frauen nicht beruhigt werden konnte. Und inzwischen sind selbst viele Bischöfe verunsichert, wie man in den Diskussionen des Synodalen Wegs hörte, bis hin zu Bischof Kohlgraf von Mainz, der sich eine Bischöfin Dorothea Sattler sehr gut vorstellen könnte, wie er im ZEIT-Interview[6] (15. Februar 2023) sagte. Es braucht eine klare Führung, die ein Vater dann ausübt, wenn er etwas Bestimmtes verbietet. Er schützt damit die Kinder und die Familie vor gefährdendem Handeln, aber er hilft damit noch nicht, innere Konflikte und Verwirrungen zu lösen. Dazu braucht es viel erklärendes Gespräch – von der Mutter, um im Bild der Familie zu bleiben, es braucht vielleicht sogar Therapie, Seelsorge, Gebet und viel Geduld, um in der Familie – und letztlich auch in der Kirche – die seelische Ausgeglichenheit wieder herzustellen.
Versöhntes Miteinander von Männern und Frauen …
Um den inneren Konflikt in der Kirche lösen zu können, können wir mit Edith Steins Geschlechter-Anthropologie, in der es um die Gleichheit und die wert-volle Differenz zwischen Männern und Frauen geht, – und mit Hilfe der „Theologie des Leibes“ von Johannes Paul II. – ein versöhntes Miteinander von Männern und Frauen, von Priestern und Laien lernen. Das ist ebenso wichtig in der Ausbildung der Priester wie auch der kirchlichen Mitarbeiter und Katholiken insgesamt. Das allgemeine Priestertum, das wir durch die Taufe empfangen haben, darf noch mehr gelebt und geschätzt werden in der Ergänzung zum besonderen sakramentalen Priestertum. Die Einführung eines neuen „kirchlichen Amtes“ der Katechistin oder des Katechisten hat Papst Franziskus bereits umgesetzt. Leider wird es in Deutschland zu wenig geschätzt, nur das Bistum Regensburg hat es bisher installiert. Da es jedoch kein Entscheider-Amt ist, keine Entscheidungs-Macht vermittelt, wird von vielen weiter die „Revolution“, statt die Erneuerung des Glaubens aus dem Ursprung gesucht.
… oder doch mit dem Kopf durch die Wand?
Mir kommt es vor, als ob man bewusst nicht die Tür nimmt, die weit offen steht für Laien. Lieber möchte man „mit dem Kopf durch die Wand“. Damit jedoch bringt man – um im Bild zu bleiben – das ganze Gebäude zum Wanken und schadet sich selbst. Denn wenn die Entscheidung Jesu, für den Zwölferkreis nur Männer auszuwählen, tatsächlich eine ewige, göttliche war, auf der er seine Kirche in allen Epochen und allen Kontinenten aufbauen wollte, und wenn Männlichkeit und Weiblichkeit die zwei Pole sind, aus denen der Schöpfer neue Generationen einer fruchtbaren missionarischen Kirche wachsen lassen möchte, dann sollten diese „Pfeiler der Kirche“ einen neuen Schliff bekommen, einen neuen Glanz. Nicht jedoch sollten sie einer abstrakten Gleichheit geopfert und umgehauen werden. Das ist es jedoch, worauf letztlich die Forderung nach dem Frauenpriestertum – sicher unbewusst – abzielt.
Mein Wunsch ist es, dass wir gemeinsam am neuen Glanz mitarbeiten; uns von Sündigem und Entwürdigendem in unserem Leben trennen, um die ursprünglichen Schätze des Glaubens – Christus und seine Herrlichkeit – durch geheilte Wunden in einem versöhnten Miteinander neu aufstrahlen zu lassen.
Dr. Beate Beckmann-Zöller
Freiberufliche Religionsphilosophin, Familienfrau, Dozentin, Referentin in der Erwachsenenbildung. Autorin von „Phänomenologie des religiösen Erlebnisses. Edith Stein und Adolf Reinach“ (2000), „Frauen bewegen die Päpste. Hildegard von Bingen, Birgitta von Schweden, Caterina von Siena, Mary Ward, Elena Guerra, Edith Stein“ (2010), „Hingabe und Unterwerfung. Christentum und Islam (2016); ehrenamtlich engagiert in der Gemeinschaft Immanuel Ravensburg e.V.
[1] „Dogmatisch“ bedeutet hier bei Edith Stein, dass es bis 1931 keine Streitfrage in der Weltkirche über diese Frage gab, so dass das katholische Lehramt / der Papst keine dogmatische Entscheidung hat herbeiführen müssen. Es gab zu Edith Steins Zeit kein explizites Dogma, dass ein Priester ein Mann sein müsse. Das ist jedoch in der Zeit nach Edith Stein anders. Die Frage wurde in Kirche und Theologie stark diskutiert, so dass Papst Paul VI. 1976 in Inter Insigniores und Papst Johannes Paul II. 1994 in Ordinatio Sacerdotalis bestätigten – der Stellung eines Dogmas und der Unfehlbarkeit ebenbürtig –, dass die Kirche keine Vollmacht habe, Frauen zu Priestern zu weihen. Das haben nach ihm Papst Benedikt der XVI. und Papst Franziskus bestätigt.
[2] Edith Stein formuliert in diesem Vortrag für theologische Standards ungenau. Insgesamt geht sie in ihrem Werk, vor allem ihrer Untersuchung der Dogmengeschichte zur Theologischen Anthropologie (1933, ESGA 15), nicht davon aus, dass die Kirche „willkürliche“ Neuerungen, vor allem nicht dogmatischer Art, die Glaubensinhalte betreffend, einführen könne. Das wäre ein fehlgeleitetes Verständnis von Dogmatik. Vielmehr geht es in der Dogmatik darum, bestehende Glaubensinhalte anhand des Zeugnisses von Schrift und Tradition und anlässlich von Streitfragen neu zu durchdenken und in vernünftige Form zu fassen.
[3] „Beruf des Mannes und der Frau nach Natur und Gnade“, 1931, in: Edith Stein, Die Frau. Fragestellungen und Reflexionen, ESGA 13, S. 76f. (Herv. d. Beate Beckmann-Zöller)
[4] Aus: „Beruf des Mannes und der Frau nach Natur und Gnade“, 1931, in: Edith Stein, Die Frau. Fragestellungen und Reflexionen, ESGA 13, S. 76f. (Herv. d. Beate Beckmann-Zöller)
Fußnote: 5. Synodalversammlung, 9.-11.3.2023, Teil III, Livestream: https://www.youtube.com/watch?v=Vi-Mj9Ttak8, ab Minute 3:18:54.
[5] Aus: „IV. Frauenleben im Lichte der Ewigkeit“, in: „Christliches Frauenleben. 4 Vorträge gehalten für die Katholische Frauenorganisation in Zürich, Januar 1932“, in: Edith Stein, Die Frau. Fragestellungen und Reflexionen, ESGA 13, S. 110.
[6] https://www.zeit.de/2023/08/katholische-kirche-frauen-gleichberechtigung-peter-kohlgraf-dorothea-sattler/komplettansicht.
Printveröffentlichung des Beitrags in leicht veränderter Fassung im „Fels“
Foto: Monika Wrba