Der Papst will die Einheit wiederherstellen. Das gilt auch für die Kirche in Deutschland. Hier sind die Bischöfe untereinander dramatisch uneins. Das bringt die Kirche in ihrer Gesamtheit in Gefahr. Das Nachrichtenportal der Bischöfe und der Theologe Thomas Söding gießen Öl in ein Feuer, das ohnehin schon viel zu heiß brennt. Von Peter Winnemöller

Framing & Fantasie

Zwei erstaunliche Beiträge sind kürzlich erschienen. Der eine ist im Grunde nur ein Bericht über Äußerungen von Papst Leo XIV. im Rahmen einer fliegenden Pressekonferenz. Diese dienen aber dem Nachrichtenportal katholisch.de dazu, noch einmal den deutschen Sonderweg des sogenannten Synodalen Weges als normativ zu framen. Der deutsche Synodale Weg, so das Portal, das die Katholische Nachrichtenagentur im Namen und Auftrag der deutschen Bischöfe betreibt, hätte 2019 als eine Art Kirchenparlament von Bischöfen, Priestern und Laien begonnen und zahlreiche Beschlüsse zur Reform der innerkirchlichen Verfassung und der Sexualmoral gefasst. Diese Aussage ist unglaublich steil, da der Begriff „Kirchenparlament” aus dem protestantischen, und zwar aus dem landeskirchlichen Kontext bekannt ist. In der katholischen Kirche gibt es so etwas nicht. Die katholische Kirche hat eine apostolische Struktur, die mit parlamentarischen Leitungs- und Herrschaftsformen inkompatibel ist. Eine solche, der Kirche fremde Leitungsform etablieren zu wollen, hat Rom ganz klar untersagt. Sie nun über ein Narrativ quasi herbeizufantasieren, ist sehr verräterisch für den Verfasser des Beitrages.

Fake News

Dieser fährt fort, indem er beschreibt, der umstrittene Synodale Weg habe zur Gründung einer ständigen Synodalkonferenz geführt. Das sind schlicht Fake News. Infolge des Synodalen Weges hatte sich ein privater Trägerverein gegründet, der eine Zusammenkunft einiger Diözesanbischöfe mit einigen durch nichts legitimierten Laienfunktionären großzügig finanziert hatte. Diese Veranstaltung nannte sich Synodaler Ausschuss und war kein Gremium der katholischen Kirche in Deutschland. Dieser Synodale Ausschuss hat nun eine Satzung entworfen, die eine sogenannte Synodalkonferenz begründen solle. Dazu fantasiert das Nachrichtenportal:

„In diesem Gremium werden künftig deutsche Bischöfe und Laien gleichberechtigt beraten und Beschlüsse fassen.”

Sollte dies tatsächlich passieren, würden die teilnehmenden Bischöfe sich wohl ins Schisma begeben haben.

“Deutsch-synodal” ungleich “römisch-synodal”

Etwas abwertend ist der Blick des Portals auf die – tatsächlich katholische – römische Synodalität:

„Parallel dazu gibt es auch auf globaler Ebene in der katholischen Kirche neue Formen der Beratung unter Laienbeteiligung.”

Man kann es kaum deutlicher machen, wie massiv die Diskrepanz zwischen der vom göttlichen Stifter der Kirche gewollten Kirchenstruktur und den sonderbaren Vorstellungen der selbsternannten deutschen Kirchenreformer sind.

Eine spannende Wortmeldung stammt von Thomas Söding, Theologe und Vizepräsident des umstrittenen Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Söding hatte sich gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) geäußert. In der Einleitung hatte die Agentur die von einigen Bischöfen und Laien geplante sogenannte „Synodalkonferenz” als ein Beschlussgremium bezeichnet. Ob der Begriff so von Söding benutzt wurde, ist unklar, in jedem Falle ist er falsch.

Übergriffig

In der Synodalkonferenz, so Söding, sollten Kleriker und Laien gemeinsam über Zukunftsthemen der Kirche und Gesellschaft beraten. Der Vatikan müsse die Satzung noch gutheißen. Mitglieder des Gremiums sollten die 27 deutschen Ortsbischöfe, 27 Vertreter des ZdK sowie 27 weitere Mitglieder sein, die noch gewählt werden müssten. Hier ereignet sich erneut die Übergriffigkeit, die schon der problematische Synodale Ausschuss zeigte. Es wurde einfach behauptet, 27 deutsche Diözesanbischöfe seien darin Mitglied. Dies wurde weiter behauptet, obwohl vier Bischöfe mehrfach erklärt hatten, in diesem Gremium nicht Mitglied zu sein. Das wiederholt sich nun mit der Synodalkonferenz, deren Zustandekommen mehr als ungewiss sein dürfte.

Auch Söding bezeichnet die Synodalkonferenz als Ergebnis des Synodalen Weges. Die Bezeichnung “Beschlussgremium” ist – gleich wer sie verwendet – entlarvend, da ein synodales Gremium nach mehrfacher Intervention des Heiligen Stuhles nur ein Beratungs- und kein Entscheidungsgremium sein darf. Auch eine Nachrichtenagentur der Landeskirchen kann und sollte das wissen. 

Die Synodalkonferenz habe, so der Bericht des epd, neben einem politischen auch ein pastorales sowie ein finanzielles Mandat. Wenn dem so wäre, wäre es ganz sicher nicht zustimmungsfähig. Ein solches Gremium könnte Rom niemals genehmigen und kein Katholik wäre an die Beschlüsse einer solchen Versammlung gebunden.

Ferner habe diese Konferenz Beschlussrechte in Bezug auf die Setzung pastoraler Schwerpunkte. Auch das wäre eine neue Form von Leitung, die kein Katholik anzunehmen verpflichtet ist. Des Weiteren heißt es:

„Dadurch soll sie auch über den Haushalt des Verbands der Deutschen Diözesen (VDD) mitbeschließen.”

Widersprüchlich und verwerflich

Eine solche Finanzhoheit kann es für ein synodales Gremium niemals geben. Dies widerspräche nicht nur der Satzung des VDD, sondern auch der apostolischen Verfassung der Kirche. Es handelt sich hier um Träume eines Kirchenfunktionärs. Die Einführung eines solchen Gremiums müsste man in der Tat als schismatischen Akt auffassen. Kein Katholik dürfte einer solchen Organisation seine Zustimmung geben und seine Geldmittel überlassen.

Neu eingeführt werde Söding zufolge zudem eine Pflicht zur Rechenschaft, wenn Beschlüsse nicht umgesetzt werden. „Rechenschaftspflichten”, zitiert epd den Theologen Söding, „gibt es bislang nur in der Hierarchieleiter nach oben, aber nicht nach unten und zur Basis hin.” Im Gegensatz zu Södings Aussage ist weder ein Laie noch ein Priester und schon gar nicht ein Bischof einem synodalen Gremium gegenüber rechenschaftspflichtig. Es ist geradezu moralisch verwerflich, so etwas zu verlangen. Sicher würde das ZdK auch von einem Papst Rechenschaft verlangen, der sich gegen das unfehlbare Funktionärsgremium verginge.

Kirche ist keine Demokratie!

Wieder einmal zeigt sich, wohin die deutschkatholische Reise geht. Darum sei hier mit Wolfgang Ockenfels OP festgestellt:

“Da die Kirche keine politische Einrichtung ist, kann sie sich auch keine demokratische Herrschaftsform überstülpen lassen.” (Wolfgang Ockenfels, „Kirche ist keine Demokratie” In: DIE NEUE ORDNUNG. 2/2012. S. 82)

Genau das versuchen die deutschen Laienfunktionäre im engen Verbund mit Bischöfen, die der Last ihres bischöflichen Amtes so unendlich müde sind. So schmeißen sie sich vor die Füße allzu williger Kirchenkommissare und wollen künftig brav Rechenschaft geben. Wie wenig kirchlich das ist, zeigte Ockenfels mit einem Zitat eines Bischofs:

„„Kirche ist keine Demokratie”, bemerkte kürzlich der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa: „Sondern wir sind ausgerichtet auf Christus.”“ (ebd)

Einmütigkeit statt Mehrheiten

Und genau darin unterscheidet sich die wahre Synodalität von dem Machtanspruch der deutschen Funktionäre. Im Hören auf den Heiligen Geist geht es nicht um Mehrheiten, sondern um Einmütigkeit. Immer wieder gilt es in die Stille und ins Gebet zu gehen, um gerade nicht der Versuchung der Macht zu erliegen. Macht hat nur der Souverän und das ist in der Kirche nicht das Volk und nicht der Bischof.

„Die Volkssouveränität ist dem Begriff der Kirche als Stiftung Christi völlig fremd. Denn Christus ist ihr Souverän. Ihm darf man folgen – oder man lässt es bleiben. Von ihm geht alle Vollmacht in der Kirche aus. Die Apostel und ihre Nachfolger haben von ihm das Leitungsamt übertragen bekommen.“ (ebd. S. 83)

Auch hinsichtlich der Bischöfe reden wir nicht von Macht, sondern von Vollmacht. So ist das apostolische Amt definiert. Das Machtbestreben der Funktionäre ist immer wieder desillusionierend. Mehr noch, der Wunsch des Papstes, die Einheit unter den deutschen Bischöfen durch Gespräche und Geduld herzustellen, leidet unter solchen Querschüssen gewaltigen Schaden. 


Peter Winnemöller
Journalist und Publizist. Autor für zahlreiche katholische Medien. Kolumnist auf dem Portal kath.net. Im Internet aktiv seit 1994. Eigener Weblog seit 2005. War einige Jahre Onlineredakteur bei „Die Tagespost“. Und ist allem digitalen Engagement zum Trotz ein Büchernarr geblieben.


Bild: Thomas Söding    Bildquelle: Imago / epd

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