Stellungnahme der Initiative Neuer Anfang zur päpstlichen Entscheidung vom 16. Januar 2023 und die Reaktion von Bischof Georg Bätzing darauf
„Weder der Synodale Weg noch ein von ihm eingesetztes Organ noch eine Bischofskonferenz haben die Kompetenz, den „Synodalen Rat auf nationaler, diözesaner oder pfarrlicher Ebene einzurichten“
(Päpstliche Anordnung vom 16. Januar 2023 an Bischof Bätzing)
Inhalt und Rechtscharakter der päpstlichen Entscheidung
Die Leitung der Weltkirche hat in ihrem Schreiben vom 16. Januar 2023 an den Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, „klargestellt, dass weder der Synodale Weg noch ein von ihm eingesetztes Organ noch eine Bischofskonferenz die Kompetenz haben, den ‚Synodalen Rat’ auf nationaler, diözesaner oder pfarrlicher Ebene einzurichten.“ Der Brief wurde von Staatssekretär Pietro Kardinal Parolin, Luis Francisco Kardinal Ladaria Ferrer SJ, Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre und von Marc Kardinal Ouellet, Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe, unterzeichnet, es wurde zudem explizit von Papst Franziskus gebilligt und auf seine Anordnung hin veröffentlicht.
Als Referenzpunkt des Schreibens wird nicht primär das einfache Kirchenrecht bemüht, sondern die im Zweiten Vaticanum durch das höchste Lehramt der Kirche vorgelegte dogmatische Lehre über das Bischofsamt. Das gibt der Entscheidung auch inhaltlich höchstrangiges Gewicht.
Kein Diskussionsvorschlag, sondern eine endgültige, päpstliche Anordnung
Das Dokument ist ausdrücklich „in forma specifica“ ausgefertigt. Das bedeutet, der Papst eignet sich das Schreiben persönlich an und stellt seine Autorität unmittelbar und direkt dahinter. Es handelt sich nicht um einen bloßen behördlichen Akt, hinter dem die Autorität des Papstes nur allgemein steht. „In forma specifica“ heisst: Es handelt sich unmittelbar um eine päpstliche Anweisung, auch wenn es „nur“ durch die Leiter der zuständigen römischen Behörden unterzeichnet ist.
Die Anweisung ist überdies nicht Wunsch, Vorschlag, Bitte oder Einladung zur Debatte, sondern eine verbindliche Anordnung. Gegen diese Entscheidung gibt es rechtlich keine Einspruchsmöglichkeit. Sie ist somit endgültig. An der amtlichen Gültigkeit und Verbindlichkeit dieser offiziellen Mitteilung kann es also keinen Zweifel geben.
Bischof Bätzings Stellungnahme zu diesem Schreiben
In seiner Stellungnahme vom 23. Januar hat Bischof Georg Bätzing erklärt, dass er die Sorge nicht teile, dass der „Synodale Rat“ die Autorität der einzelnen Bischöfe aushebeln könnte. Er versicherte außerdem: „Niemand stellt die Autorität des Bischofsamtes infrage.“ Er sei dankbar, dass ein „großer Teil des Ständigen Rates erneut den Willen bekräftigt hat, den Beschluss der Synodalversammlung zum Synodalen Ausschuss umzusetzen und die Beratungen aufzunehmen.“
Der entscheidende Satz – auf dem Weg zum Schisma
Bätzing beharrt also auf der weiteren Errichtung und anschließenden Arbeit des „Synodalen Ausschuss“. Dies aber ist aus mehreren Gründen außerordentlich fragwürdig.
In entscheidender Weise und mit direktem Bezug auf den eigentlichen Gegenstand des römischen Schreibens, erklärt er: „Der Synodale Rat, der durch den Synodalen Ausschuss vorbereitet werden soll, wird sich daher entsprechend dem in der Beschlussfassung enthaltenen Auftrag innerhalb des geltenden Kirchenrechts bewegen.“
Das aber heißt in völliger Eindeutigkeit: Der Vorsitzende der Bischofskonferenz ist entgegen der päpstlichen Anordnung nicht bereit, das Projekt des Synodalen Rates aufzugeben. Mit dieser Aussage ist also klar, dass der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz die Verbindlichkeit der römischen
Anordnung, die – wie gesagt – mit der unmittelbaren Autorität des Papstes ausgestattet ist, verneint. Mit einem Satz: Er ist nicht bereit, sich der päpstlichen Autorität unterzuordnen.
Wie ist dieser Vorgang zu bewerten? Es entsteht der Eindruck: Bischof Bätzing will die klare Anweisung des Papstes und seiner engsten Mitarbeiter als einen Meinungsbeitrag umdeuten, dem man nicht entsprechen müsse. Er behauptet, er teile die Sorge Roms nicht. Kommt es darauf an? Natürlich nicht, denn nach dem katholischen Kirchenverständnis hat er dieser Anordnung Folge zu leisten. Es gibt weder einen Ermessensspielraum noch ein Vetorecht. Bischof Georg Bätzing verkennt offensichtlich seine Kompetenzen und seine Stellung in der kirchlichen Hierarchie.
Der Alleingang Bätzings droht die deutsche Kirche in die Spaltung zu reißen
Tatsächlich gerät Bischof Bätzings Verweigerung gegenüber der päpstlichen Anordnung und Autorität in die gefährliche Nähe der in Can. 751 CIC umschriebenen Rechtswirklichkeit:
„…Schisma nennt man die Verweigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft mit den diesem untergebenen Gliedern der Kirche.“ Bätzings Weigerung ist ein in der Substanz schismatischer Akt. Wir stehen kurz davor, dass die dogmatische und moralische Qualität dieses Aktes auch rechtlich manifest wird und eine auch formell schismatische Realität erzeugt.
Es ist dringend an alle deutschen Bischöfe, die noch über theologische Urteilskraft, Gewissen und kirchlichen Sinn verfügen, der Appell zu richten, einen Vorsitzenden zu stoppen, der im Alleingang die Teilkirchen im Bereich der deutschen Bischofskonferenz in den Abgrund einer Kirchenspaltung zu ziehen droht.
Die katholische Kirche und ihre Bischöfe stehen deshalb im Augenblick in einer Situation der Entscheidung, entweder für einen deutschen Sonderweg, der die Gemeinschaft der Weltkirche verlässt, oder für die Aufrechterhaltung der Gemeinschaft mit dem Papst, indem man seiner Weisung entspricht.
Der versuchte Trick: Persönliche „Selbstbindung“ der Bischöfe statt gültigem Kirchenrecht
Die Arbeit des noch nicht konstituierten Synodalen Ausschusses wäre zudem nicht nur nicht legitimiert, sondern auch inhaltlich sinnlos, da die Einrichtung eines Synodalen Rates durch die Anordnung nicht zulässig ist. Denn der Synodale Ausschuss war bei der Synodalversammlung im September 2022 beschlossen worden, ausschließlich um Einrichtung und Arbeit des Synodalen Rates vorzubereiten. Warum beharrt Bischof Bätzing also auf der Errichtung eines Gremiums, das selbst nach seiner eigenen, aktuellen Einlassung genau wie der Synodale Weg selbst, doch sowieso keine rechtsverbindlichen Beschlüsse fassen könnte und aus dieser Perspektive reine Beschäftigungstherapie, Geld- und Zeitverschwendung wäre?
Dahinter lässt sich ein strategischer Trick vermuten: Die bereits jetzt von manchen Bischöfen praktizierte „freiwillige Selbstverpflichtung“ auf neue Inhalte und Strukturen bei formaler Nichtantastung des Kirchenrechtes.
Mit Hilfe des von Rom nicht ausdrücklich verworfenen Ausschusses und unter Wahrung formaler Korrektheit im Blick auf das Bischofsamt, soll ein Gremium seine Arbeit aufnehmen, das die Rechtsstellung und die Theologie des Bischofs formalrechtlich nicht infrage gestellt, um aber mit Hilfe der fragwürdigen Figur der „Selbstbindung“ des Bischofs das ursprüngliche Ziel des Synodalen Rates – nämlich Teile der bischöflichen Vollmacht in die Hände von Laien zu verlagern – doch noch zu erreichen.
Dass der Münsteraner Bischof Felix Genn umgehend angekündigt hat, dass er sich der Stellungnahme von Bischof Bätzing anschließe und dass er bereit sei, sich „im Rahmen einer Selbstverpflichtung an die Entscheidungen diözesaner Gremien zu binden“, darf als Bestätigung dieser Strategie gewertet werden. Der Versuch – man kann ihn nur als „Trick“ bezeichnen – formalrechtlich korrekt durch solche „Selbstbindung“ bischöfliche Vollmacht dennoch auf ein Gremium zu übertragen, indem dessen Entscheidungen einfach rezipiert werden, besitzt nicht nur keinerlei theologische und rechtliche Legitimität, sondern ist als besonders perfide zu bezeichnen. Es handelt sich schlicht um den Versuch, die römische Entscheidung durch Umgehung auszuhebeln.
Ein Bischof kann sich nicht vom Sakrament seiner Weihe „selbstentbinden“ und wegdelegieren
Solche „Selbstbindung“ ist jedoch im Blick auf die wesentlichen Pflichten des bischöflichen Hirtenamtes innerlich unmöglich: Die römischen Behördenchefs und mit ihnen der Papst haben in ihrem aktuellen Schreiben auf eine Feststellung des 2. Vatikanischen Konzils hingewiesen (Lumen Gentium Nr. 21). Demnach wird die Gnade des Weihesakramentes durch Handauflegung und Gebet übertragen. Damit wird das Amt des Bischofs als ein persönliches und unverlierbares Präge-Mal und als persönliche Vollmacht verliehen, die nicht abgegeben oder an ein Gremium wegdelegiert werden kann.
Im Licht dieser Lehre ist also grundsätzlich zu sagen, dass wesentliche Amtspflichten des bischöflichen Amtes auch durch sogenannte „Selbstbindung“ nicht an andere Personen oder gar Gremien delegiert werden können. Entgegen der Behauptung Bischof Bätzings, wird hier die dogmatische Substanz des Bischofsamtes massiv tangiert. Das Amt des Bischofs mutierte damit vom echten Hirtendienst zum Repräsentationsorgan eines Gremiums. Der Bischof würde sich seiner grundlegenden Verantwortung entziehen.
Dies ist aber innerlich unmöglich ohne Zerstörung seines Amtes.
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