Es ist kein geringes Thema, Weihnachtsmärkte als kommerziell und unweihnachtlich abzulehnen und auf der anderen Seite gerade diese Märkte gegen eine Streichkultur aus Sicherheitsgründen verteidigen zu müssen. Denn die Adventszeit verlangt eigentlich die Stille und die Dunkelheit. Dennoch drückt der Weihnachtsmarkt etwas Wesentliches unserer Kultur aus, meint Peter Winnemöller.
Advent – die stille Zeit
Es ist kaum zehn Jahre her, da waren die sogenannten Weihnachtsmärkte doch recht umstritten und besonders bei Christen ein Grund für Kritik. Auch damals neigte man dazu, in größeren Städten am Christkönigsfest den ersten Glühwein auszuschenken, Stille Nacht aus quäkenden Lautsprechern zu dudeln und allerlei Kitsch an den Buden anzubieten. Der Advent ist im Kern nicht die Zeit von Spekulatius und Glühwein. Er ist eine Fastenzeit, eine stille Zeit und eine dunkle Zeit des Jahres, in der sich die Christen auf die Geburt des Lichts vorbereiten. Es ist die Zeit, vor Weihnachten zur Beichte zu gehen. An jedem Sonntag – ab dem 1. Advent, nicht ab Christkönig – brennt eine Kerze mehr auf dem Kranz aus Tannenzweigen. Der Weihnachtsmarkt, der zuweilen inzwischen als Wintermarkt firmiert, ist da doch eher ein Fremdkörper.
Angriffe auf die christliche Kultur
Am 19. Dezember 2016 kurz nach 20 Uhr fuhr ein LKW mit etwa 25 Tonnen Baustahl beladen auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz neben der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Der feige islamistische Anschlag kostete elf Menschen das Leben und zahlreiche weitere wurden verletzt. Dieser Anschlag am Berliner Breitscheidplatz gilt als schwerster islamistischer Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und kann als bewusster Angriff auf die christliche Kultur betrachtet werden.
Am Abend des 20. Dezember 2024 raste ein Mann mit einem Pkw durch einen Rettungsweg auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt am Alten Markt und fuhr mit hoher Geschwindigkeit durch die Menschenmenge. Dadurch wurden sechs Personen getötet und mindestens 323 weitere verletzt.
Das sind die beiden wohl schlimmsten Fälle von Angriffen auf deutsche Weihnachtsmärkte. Seit Beginn der illegalen Massenmigration im Jahr 2015 ist die christlich-abendländische Kultur im Land unter Beschuss. Allen Beteuerungen zum Trotz lassen wir uns unsere Art zu leben durchaus nehmen, denn bis Mitte des vergangenen Jahrzehnts kannten wir keine “Merkelbausteine” und Sicherheitskontrollen an Weihnachtsmärkten. In diesem Jahr machte der ausgefallene Weihnachtsmarkt in Overath Schlagzeilen. Ein Grund zur Freude? Keinesfalls. Man muss das Dilemma schrittweise auflösen, um es zu verstehen.
Säkular degradierte Adventszeit
Die seit 2015 einsetzende islamistische Einwanderung in unser Land traf auf eine schon sehr lange ihres christlich-abendländischen Fundamentes beraubten Bevölkerung und Kultur. Die Säkularisierung des Landes ging auch einher mit einer Kommerzialisierung der christlichen Feste. Während das höchste Fest der Christen, Ostern, eher mal für einen Kurzurlaub im Süden genutzt wird, ist das winterliche Weihnachtsfest die Zeit für heimelig-romantisiertes Frösteln mit einem heißen Würzwein in der Hand in festlich beleuchteter Innenstadt. Weihnachtsmarkt, Weihnachtsfeier im Betrieb, Weihnachtsbeleuchtung auf der Einkaufsstraße und nicht zuletzt das Weihnachtsgeschäft im Einzelhandel sind der verzweifelte Versuch, das geistlich entleerte Weihnachtsfest in die säkulare Kultur zu transponieren. Während in der Heiligen Nacht die Kirchen immer leerer werden, nimmt das Gedränge auf den Weihnachtsmärkten unaufhörlich zu. Lustige Weihnachtsmannmützen mit blinkenden Lampen zieren glühweingerötete Köpfe zu Spekulatius und Lebkuchen. Mit Weihnachten hat das nichts zu tun und doch steht es in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit mehr für Weihnachten als alles andere. So ist es kein Wunder, dass der Weihnachtsmarkt Anschlagsziel Nummer eins für Feinde der abendländisch-christlichen Kultur ist.
Ein weltlich Ding
Und nun nimmt das Dilemma seinen Lauf, denn wie der Weihnachtsmarkt symbolisch für die zunehmende Säkularisierung des Festes steht, so steht auch die Absage des Marktes aus Sicherheitsgründen für exakt das gleiche Phänomen. So viel ist einem dieses Weihnachten dann auch nicht wert, dass man dafür ein Sicherheitsrisiko eingeht. Und während einerseits so manche Stadt aus finanziellen Gründen keine Weihnachtsbeleuchtung für die Fußgängerzone mehr aufhängen kann und die Kosten für die Sicherheit des Weihnachtsmarktes den Haushalt sprengen, taucht an anderer Stelle plötzlich eine Ramadan-Beleuchtung auf. Auch hier geht es nicht darum, das eine gegen das andere aufzuwiegen. Vermutlich würde so mancher Imam in der Freitagspredigt heftig gegen eine solche Dekoration wettern. Es ist eben ein weltlich Ding. So wie auch der Weihnachtsmarkt ein weltlich Ding ist.
“The reason for the season”
Das Problem liegt sehr viel tiefer. In einer weitestgehend christlichen Welt fände der Weihnachtsmarkt vom 25.12. bis 2.2. statt. Das ist übrigens von der Länge her fast der gleiche Zeitraum. Doch da braucht den Weihnachtsmarkt keiner mehr, weil ja das Weihnachtsgeschäft schon gemacht sein sollte. Man merkt es, der Weihnachtsmarkt ist einfach nur kommerziell. Wer London in der zweiten Novemberhälfte besucht und in der Dunkelheit durch die Regent Street, die Bond Street oder über den Piccadilly Circus geht oder Covent Garden besucht, wo man sich zu normalen Zeiten schon in der Schönheit des Ortes verlieren kann, wird von Weihnachtskitsch förmlich überrollt und erschlagen. It’s Christmas time! Auch da werden Christen nicht müde zu betonen: „Jesus is the reason for the season“. Doch was nützt das, wenn es soooooo unglaublich schön ist. Und ja, unter den Engeln der Regent Street durchzulaufen, das hat was, auch wenn man konsumkritischer Katholik ist.
Von Kritikern zu Verteidigern der Weihnachtsmärkte
Und hier löst sich dann auch das Dilemma auf, wenn man es auf die – vielleicht sogar Londoner – Spitze treibt. Man kann auch als Christ die Schönheit und Romantik zur Unzeit mit Gelassenheit und Toleranz betrachten und für die Mission fruchtbar machen. Und damit sollte klar sein, dass und warum wir auf der Seite der Weihnachtsmarkt-Verteidiger sein sollten. Spätestens seit es weißen Glühwein gibt, ist das Zeugs trinkbar. Doch das sollte nicht der Grund sein. Freunde, Gemeinschaft, Zusammensein, und ja, auch Glühwein, gehören in unseren kulturellen Kontext und sind schützenswert. Wir sollten nicht nur um die Weihnachtsmärkte kämpfen, wir sollten darum kämpfen, dass wir ganz gleich welches Fest wieder ohne starke Sicherheitskräfte, ohne “Merkel-Legosteine” und vor allem ohne Angst feiern können. Im innersten Kern geht es doch darum, den Frieden wiederzufinden. Den inneren Frieden in Gestalt einer inneren Ordnung und Sicherheit, aber auch den inneren Frieden in Gestalt einer weihnachtlichen Friedfertigkeit. Neben einem politischen Auftrag ist das auch ein geistlicher Auftrag. Denn die Weihnachtsbotschaft der Engel lautet sofort nach „Ehre sei Gott in der Höhe“ und „Friede den Menschen seiner Gnade“. Wenn also etwas ein weihnachtlicher Auftrag ist, der uns auch schon in der säkular zur Vorweihnachtszeit degradierten Adventszeit beschäftigen sollte, dann ist es der Gedanke des Friedens.
Weihnachtsmarkt – ein neues Symbol für Frieden
Security mag für eine Weile Sicherheit herstellen können. Magdeburg hat gezeigt, dass es dann doch immer wieder eine Gasse gibt, durch die der Unfrieden und der Tod unter die Menschen kommen können. Es ist vor allem ein Auftrag der Kirche, den rechten Weg zum Frieden zu weisen. Und wenn es dann ein Weihnachtsmarkt ist, der inmitten von Lichtern, Bratwurst und Glühwein diesen Frieden herstellen kann, dann auch gerne ein Weihnachtsmarkt.
Allen Lesern, die zu Recht noch gar nicht weihnachtlich gesonnen sind, zuerst einmal ein frohes und gesegnetes Christkönigsfest! Bevor wir über den Neubeginn nachdenken, haben wir nämlich erst einmal das Ende vor Augen und siehe da, wie dynamisch die Kirche ist: auch der Anfang der Adventszeit steht erst einmal unter dem Gedanken des Endes, nämlich der Wiederkunft des Herrn. Ob wir das bei Glühwein und Spekulatius meditieren können, entscheide bitte jeder selbst.
Peter Winnemöller
Journalist und Publizist. Autor für zahlreiche katholische Medien. Kolumnist auf dem Portal kath.net. Im Internet aktiv seit 1994. Eigener Weblog seit 2005. War einige Jahre Onlineredakteur bei „Die Tagespost“. Und ist allem digitalen Engagement zum Trotz ein Büchernarr geblieben.
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