Ein Projekt für Alleinerziehende der Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung dekonstruiert die herkömmliche Familie, die kirchliche Lehre, das Bild der Familie und das Reden über die Familie. Darunter fallen nicht nur wesentliche Fragen des Menschenbildes, auch das Gottesbild wird neu gedacht. Eine Analyse der Aktion von Peter Winnemöller

Familie von ”katholischer” Bildungsarbeit divers dekonstruiert

Sagen Sie besser nicht ”Familie”. So oder so ähnlich lässt sich ein Projekt der gegenwärtigen nominell katholischen Familienpastoral in einem Satz zusammenfassen. Es handelt sich um eine elektronische Pinnwand im Netz, die man auch „TaskCard” nennt, für die das Referat Ehe-Familie-Diversität im Erzbistum Freiburg verantwortlich zeichnet. Auf insgesamt 50 angepinnten Karten geben Player in der katholischen Familienpastoral und Familienbildung Ratschläge für möglichst diverse Familienbilder und -darstellungen. Zu erreichen ist die Seite unter der URL task.alleine-erziehen.de. Auf diese Seite verweist ein Flyer mit dem Titel „Familien in ihrer Vielfalt”. Die Grundidee, so steht es auf dem Flyer: „Familie ist so viel mehr als Vater, Mutter, Kind”. Was sich in traditionell katholischen Ohren erstmal ganz logisch anhört, denn Großeltern, Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen sind ja schließlich auch Bestandteil der Familie, entpuppt sich als Irrtum. Es geht um Diversität und damit letzten Endes mal wieder um die Dekonstruktion des klassischen Familienbildes. Logischerweise muss man in unseren Tagen auch Familien im Blick haben, die getrennt leben oder in denen die Eltern eines Kindes nie miteinander verheiratet waren. Auch sogenannte Patchwork-Familien sind inzwischen eine schmerzhaft weit verbreitete Realität.

Offizielle Aktion einer katholischen Körperschaft

Der Flyer wird, wie auch die Webseite alleine-erziehen.de, von der AKF – Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung e.V. – verantwortet, die ihren Sitz in Bonn hat. Es handelt sich dabei nach Selbstauskunft des Vereins um den Fachverband für Familienbildung und -pastoral in der Katholischen Kirche in Deutschland. Mitglieder in dem Verein sind sowohl die (Erz-)Bistümer über ihre jeweiligen Fachstellen als auch verschiedene Verbände, Organisationen oder Einrichtungen, die auf Bundesebene oder überregional (Bundesland, Bistum, Regierungsbezirk u.ä.) Träger von Familienbildung und -pastoral sind und / oder konzeptionell hierfür verantwortlich zeichnen. Über den Arbeitskreis der katholischen Organisationen Deutschlands (AGKOD) ist der Verein im ZdK vertreten. Es geht also hier um eine bundesweit tätige Einrichtung, die von der katholischen Kirche in Deutschland als katholische Organisation anerkannt ist und gefördert wird. Die vorliegende Aktion, mit der Familie als irgendetwas „Diverses” dargestellt werden soll, ist damit eine offizielle Aktion einer katholischen Körperschaft. Diese Vorüberlegung ist nötig, um die folgenden Schlaglichter auf die Aktion einordnen zu können.

“All-Gender-Toiletten” und alternative Gottesbilder

Auf der Pinnwand, die von verschiedenen Playern der Aktion bestückt wurde, gibt es auf Karten Hinweise zu verschiedenen Kategorien. Unter dem Stichwort „Haltung” wird beispielsweise der Aspekt Vielfalt erläutert. Wer sich mit (dem) Thema „Vielfalt“ beschäftige, merke bald, es sei nicht mit einzelnen Veränderungen getan, so die Karte. „Denn Sie wissen”, so heißt es dort wörtlich, „alles sendet Signale: die Gestaltung der Homepage, das Angeben von Pronomen, die Bildauswahl… Welche Veranstaltungen werden von Ihnen sonst noch angeboten, welche Flyer liegen aus. Die Regenbogenflagge alleine bringt wenig, wenn es keine All-Gender-Toiletten gibt.” Dieser Satz spricht für sich selbst und muss nicht kommentiert werden. „Warum überhaupt Familien darstellen?”, so fragt eine andere Karte. Empfohlen wird hier, Einelternfamilien darzustellen. Unter der Überschrift „Liturgische Sprache” wird empfohlen, auch sogenannte alternative Gottesbilder zu verwenden. Man möge auf eine häufige Verwendung von „Herr” verzichten. Man solle Gott als Geistkraft oder Vater und Mutter anreden. Diese Karte empfiehlt die Handreichung zur geschlechtersensiblen Sprache des Bistums Hildesheim. Zudem wird auf einer anderen Karte ein Leitfaden für die ideologisch aufgeladene Gendersprache empfohlen. Für Erstkommunionfeiern wird empfohlen, „Diskriminierung von nichtbinären, trans* und/oder inter* Kindern” zu vermeiden.

Verzerrte Wahrheit über Ehe, Familie und Geschlechter

Dieser kurze Überblick mag reichen, um darzustellen, wie weit sich die katholische Familienbildung schon von einer Katechese zur kirchlichen Ehe- und Familienlehre verabschiedet hat. Für die Kirche ist die Ehe eine Verbindung von einem Mann und einer Frau auf Lebenszeit, die zudem offen ist für die Zeugung von Kindern. Die Ehe ist der einzige legitime Ort für die Ausübung von Sexualität und sie ist der natürliche Schutz- und Lebensraum von Kindern. Selbstverständlich gilt die Aufmerksamkeit in der Seelsorge gerade jenen Menschen, deren Familienleben oder deren Ehe gescheitert ist. Auch Menschen, die in irregulären Situationen leben, sind einfühlsam zu begleiten. Die Wahrheit über Ehe und Familie verändert dies nicht. Ferner geht die Kirche bis heute gemäß der Heiligen Schrift davon aus, dass es exakt zwei Geschlechter gibt: Männer und Frauen, im Falle von Kindern, Mädchen und Jungen. Das ist keine Diskriminierung der oben genannten Fantasiefiguren, das ist die Wirklichkeit, der sich auch Menschen stellen müssen, die beispielsweise an einer Geschlechtsdysphorie leiden. Auch wenn aus ideologischen Gründen diese Diagnose als Krankheit aus dem ICD-Katalog geflogen ist, so heißt das nicht, dass die Menschen unter einer solchen grundständigen Verunsicherung nicht leiden würden. Damit wir in der Realität bleiben, sollte nicht vergessen werden, dass wir uns mit derartigen Phänomenen im Promillebereich bewegen. Der gegenwärtige Transhype, insbesondere bei pubertierenden Kindern, ist unterschiedlichen Beeinflussungen, nicht zuletzt in den sozialen Medien, zu verdanken.

Flyer zur Verbreitung esoterischer Irrtümer

Ein Begriff wie „Geistkraft” ist nichts weniger als ein esoterischer Irrtum, der den Heiligen Geist als dritte Person der göttlichen Dreifaltigkeit entpersonifiziert und von einem Jemand zu einem beliebigen Etwas macht. Gott ist, so lehrt es die Kirche, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Es ist dabei keine Frage, dass dies Bilder in menschlicher Sprache sind, die mehr Unähnliches als Ähnliches enthalten. Jedoch folgen diese Bilder der Selbstoffenbarung Gottes. Jesus hat Gott mit „Vater” angeredet und klar gesagt, dass er der Sohn ist. Er hat die Sendung des Beistandes, des Heiligen Geistes angekündigt, der an Pfingsten auf die zwölf Apostel und die Gottesmutter herabgekommen ist. Jede andere Rede von Gott ist mindestens problematisch, zuweilen sogar mit Irrtümern behaftet oder irreführend. Letztendlich muss man feststellen, dass ein Verband, der sich katholische Familienpastoral und -bildung auf die Fahnen geschrieben hat, auf seiner Webseite Wert auf die Förderung der Familie, Verbreitung der katholischen Lehre über die Ehe und die Familie, sowie letztendlich auch einen Schwerpunkt auf Begleitung katholischer Familien in einer säkularen Umwelt legen würde. Das Gegenteil ist der Fall. Man stehe, so der Verein in einer Selbstbeschreibung auf der Internetseite,

„für eine Kultur des Hinschauens; für eine respektvolle und wertschätzende Haltung; für eine religionssensibel offene Wirklichkeitsperspektive; für dialogische Partnerschaften; für Selbstbestimmung und eigenverantwortliche Gewissensentscheidungen; für Innovation und Qualität; für die Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse; für kritische und offene Diskussionen in Kirche und Gesellschaft; für eine moderne, dialogische katholische Kirche.” (Quelle: https://www.akf-bonn.de/wir-ueber-uns/wofuer-wir-stehen.html)

Wichtig sei dem Verein dabei, so die Seite wiederum wörtlich:

„Diversität – Lebensformen akzeptieren und wertschätzen, Beziehungs- und Erziehungskompetenz – Identität und Zusammenleben fördern, Lebensthemen und Übergänge – gestalten und begleiten, Generationen – von-, über- und miteinander lernen, Inklusion – Partizipation und Mitgestaltung ermöglichen” (Quelle: https://www.akf-bonn.de/wir-ueber-uns/wofuer-wir-stehen.html)

Ein kirchensteuerfinanzierter Bärendienst für christliche Familien

Stand man zunächst ratlos vor dem Flyer, den man beispielsweise hier herunterladen kann, so kommt nach den Erklärungen, wofür die „Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung” in ihrer Selbstdefinition steht, zu tieferen Erkenntnissen. Es handelt sich nur nominell (und natürlich finanziell) um ein Projekt katholischer Familienbildung. Im Kern ist es eine zeitgeistige, säkulare und von Genderideologie sowie weltlicher Sexualpädagogik tief durchdrungene Organisation mitten im gesellschaftlichen Mainstream, welche all jenen, die sich für die katholische oder allgemein gesagt, die christliche Familie und ihr Sein auf Basis von Heiliger Schrift und Tradition einsetzen, einen Bärendienst erweist. Es zeigt sich hier die Notwendigkeit, von amtskirchlichen Stellen das Treiben solcher Organisationen zu evaluieren und nötigenfalls das Etikett katholisch deutlich in Frage zu stellen. Wir befinden uns hier im Bereich „kirchlicher” NGOs, die von Kirchensteuer und von öffentlichen Mitteln wohlausgestattet, exakt das Gegenteil dessen tun, was der Auftrag einer katholischen Organisation wäre: Katechese, Apologetik, Unterstützung derer, die ganz und gar gegen den Mainstream als christliche Familien leben wollen, Hilfe für Familien, die ihre Kinder vor übergriffiger Sexualpädagogik aus dem Hause Kentler schützen wollen und vieles andere mehr. Stattdessen huldigt man der Diversität und der Vielfalt, was unterm Strich nichts anderes bedeutet als eine gut gepflegte Gleichgültigkeit gegenüber der Kirche und ihrer Lehre, die nur ein Fazit zulässt: Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr. Den Flyer, der hier verteilt wird, muss man nicht wegwerfen. Die findige Hausfrau und Mutter wird ihn gerne anstelle von Schrankpapier zur Auskleidung der Regale im Topfschrank verwenden.


Peter Winnemöller
Journalist und Publizist. Autor für zahlreiche katholische Medien. Kolumnist auf dem Portal kath.net. Im Internet aktiv seit 1994. Eigener Weblog seit 2005. War einige Jahre Onlineredakteur bei „Die Tagespost“. Und ist allem digitalen Engagement zum Trotz ein Büchernarr geblieben.


Beitragsbild: Peter Esser mit KI (ChatGPT)

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