Überraschung: Der Papst ist katholisch! Sein Vorgänger war es, der Vorvorgänger war es und er ist es auch. Leo XIV. zeigt sich als ein unaufgeregter Papst, der die Versöhnung sucht. Er tut dies in größter Klarheit, wie er jetzt zeigt. Unaufgeregt und einladend ist seine jetzt erschienene erste größere theologische Stellungnahme. Ein Kommentar von Peter Winnemöller

Franziskus und die Synodalität

Zu Beginn des Bergoglio-Pontifikats sagte der heutige Chefredakteur des Publik Forums auf einem Podium während einer Veranstaltung des Münchener ifp, der katholischen Journalistenschule, sinngemäß über den damals neuen Papst, man habe ja auch über Benedikt zunächst positiv berichtet. Irgendwann müsse sich Franziskus theologisch erklären und dann müsse man sehen. Der Drohcharakter dieser Aussage war schon massiv. Allein, Franziskus blieb ein Medienliebling, weil er ein Meister des stilsicheren Stilbruchs war und blieb. Theologisch war recht schnell klar, dass dieser Papst kein Kirchenrevoluzzer werden würde. Allein der bis heute unscharfe Begriff „Synodalität“ geht wirklich originär auf ihn zurück und kann als echte Neuerung angesehen werden. Das Urteil darüber sei der späteren Kirchengeschichtsschreibung überlassen.

Die Kontinuität der Päpste

Papst Leo XIV. betont seit Beginn seines Pontifikats die Kontinuität zu Papst Franziskus. Das tat auch Papst Benedikt XVI. gegenüber Johannes Paul II und Franziskus gegenüber Benedikt XVI. Vermutlich hat Linus als erstes im Kreise der römischen Presbyter erklärt, ganz und gar Kontinuität zu Petrus wahren zu wollen. Jeder Papst sagt es, jeder Papst meint es so und kein Papst hält es wirklich ein. In einem aber stimmt es eigentlich immer: Der Papst ist und bleibt katholisch. Mit Argusaugen wurde Franziskus beobachtet, ob man ihn vielleicht doch bei einer Häresie erwischen könnte. Er dehnte die Barmherzigkeit, häufig in Gestalt von Fußnoten, an manchen Stellen so weit aus, dass konservative Kreise – nicht immer zu Unrecht – mit den Zähnen knirschten. Doch selbst Untersuchungen mit der dogmatischen Lupe brachten im Kern immer nur das Ergebnis: auch dieser Papst ist katholisch. Gerade in Deutschland konnte man das deutlich merken, wenn man wollte.

Ein moderner Papst

Mit Beginn des Pontifikats jenes unglaublich charmanten Augustiners, der nüchtern, ruhig und gelassen sein Pontifikat ausübt, als hätte er sein Leben lang nichts anderes gemacht, erwachte neue Hoffnung. Dieser moderne Mensch, der ein Smartphone hat, auf Social Media unterwegs war, unglaublich eloquent ist und die Synodalität weiterführen will, der wird doch wohl… Die Jubelmeldungen aus dem ZdK ließen vermuten, sie hätten das Frauenpriestertum und die Kirchendemokratie schon in der Tasche. In der wirklichen Welt deutete nichts darauf hin. Der Papst trägt die Mozetta, aber keine roten Schuhe. Der Papst wird in den apostolischen Palast einziehen, fährt aber am liebsten mit einem schwarzen VW-Bus. Der Papst hat wieder einen Sekretär und der Papst fährt nach Castel Gandolfo. Recht gerne, wie man hört, denn er war schon wieder da.

„everybodys darling“?

Vom ersten Tag seines Pontifikates erweckte Leo XIV. den Eindruck, es sei sein unbedingtes Ziel, Spaltungen zu überwinden. Und es entstand ein Eindruck: Wenn es einem gelingt, dann ihm. Doch wie soll das gelingen? Das Pontifikat ist noch jung und er wird es zeigen. Erste Ansätze zeigen sich. Er spricht mit James Martin und moppert nicht über Schwule im Petersdom, auch wenn sie sich daneben benehmen. Er empfängt Kardinal Burke und erlaubt ein Pontifikalamt in der alten Form des römischen Ritus. Solche und ähnliche Aktionen könnten zum Urteil verleiten, er versuche “everybody’s darling” zu werden. Irgendwann, so kann man mit Drobinski sagen, wird er sich theologisch erklären müssen.

Keine Sensation, aber viel Klarheit

Genau das hat er jetzt getan. In einem Interviewbuch, das zunächst nur in spanischer Sprache erscheint und erst später in Englisch und Portugiesisch auf den Markt kommen wird. Und auch hier gilt wieder, es gibt keine Sensationen. Es ist jeder willkommen. Aber – mit Blick auf Gender und LGBT – die Lehre der Kirche wird sich nicht ändern. Er verurteilt rituelle Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare. Er verteidigt die katholische Lehre zu Ehe und Familie. Den Altrituellen schreibt er sehr wohlwollend ins Stammbuch, dass er mit ihnen ins Gespräch kommen wolle, aber er ermahnt sie, manche hätten mit der alten Messe eine Ideologie verfolgt. Man könnte sowas einen Volltreffer nennen. Die alte Messe kann eine geistliche Vertiefung und Bereicherung für die Kirche sein. Benedikt XVI. hatte dazu vieles gesagt und geschrieben. Man kann von ihr lernen, man kann sie aber auch übel missbrauchen.

Der Papst hat sich nun, wie es seine Art ist, sehr unaufgeregt und ohne große Marketingaktion in der Sprache, die seinem Herzen am nächsten scheint, theologisch erklärt. Fazit: Der Papst ist katholisch. Deutsche Medien werden es als Skandal werten, für die Gläubigen, die dem Heiligen Geist vertrauen, ist es keine Überraschung. Ergo: Es wird keine weiblichen Priester in der katholischen Kirche geben. Diese Ansage ist klar und deutlich. Sie ist auch deutlich in Richtung Deutschland und Synodaler Weg. Die Lehre wird nicht geändert. Nicht in Fragen der Sexualmoral, nicht in Fragen des Priestertums und nicht in Fragen des Amtes. Ja mehr noch, der Papst erteilt, ganz Vater der Priester, der Hetzjagd auf zu Unrecht beschuldigten Priestern eine Absage und ist dennoch sehr klar darin, dass sexueller Missbrauch streng zu verfolgen ist.

Frieden als Leitmotiv

Nachdem nun alle Aufreger-Themen durch die deutsche Presse gehechelt worden sind, wird man, so die Prognose im Buch, viele Aspekte finden, die genau das zeigen, was der Papst seit dem Beginn seines Pontifikats zeigt. Frieden ist ein Leitmotiv für dieses Pontifikat. Es waren seine ersten Worte als Papst und es gibt kaum eine Ansprache des Papstes, die nicht ein Wort zum Frieden enthält. KI ist für den Papst ein großes Thema. Er hat schon öfter davor gewarnt und zeigt sich als Kenner der Materie. Und last but not least wird die Soziale Frage ein Thema sein. Auch das spricht er öfter an und er gab zu, Leo XIII. als Vorbild in dieser Frage zu sehen.

Die Tatsache, dass dieses Buch nicht sofort weltweit mit einem Medienvulkan in mehreren Sprachen an die Öffentlichkeit gebracht wird, zeigt etwas über den Stil des Papstes. Wer es lesen will, soll sich bemühen. Ein E-Book elektronisch zu übersetzen und vielleicht die Hilfe eines Native-Speakers zu suchen, ist keine Zauberei. So werden tiefergehende Analysen recht bald – auch hier – folgen.

Das Interviewbuch, welches der Papst mit der US-amerikanischen Vatikan-Korrespondentin Elise Ann Allen vom Portal „Crux“ machte, trägt den Titel „León XIV: Ciudadano del mundo, misionero del siglo XXI“. Es ist in allen gängigen Portalen als E-Book erhältlich.


Peter Winnemöller
Journalist und Publizist. Autor für zahlreiche katholische Medien. Kolumnist auf dem Portal kath.net. Im Internet aktiv seit 1994. Eigener Weblog seit 2005. War einige Jahre Onlineredakteur bei „Die Tagespost“. Und ist allem digitalen Engagement zum Trotz ein Büchernarr geblieben.


Beitragsfoto: Imago Images

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