Die Weihnachtstage bis zum finalen Ende der Weihnachtszeit am 2. Februar sind wie ein kleiner Katechismus. Sie enthalten in den einzelnen Festen wesentliche Elemente unseres Glaubens, die man in der Betrachtung sehr gut erfahren kann. Peter Winnemöller führt uns entlang des Festkreises von Heiligabend bis Lichtmess.
Krippe und Kreuz
Alle schön und in Frieden Weihnachten gefeiert? Prima. Doch es bleibt nicht dabei. Nach dem Warten am 24. Dezember und dem Singen von “Stille Nacht”, der großen Freude über den „Puer“, der „nobis natus est“ und dem Absingen von “O, du fröhliche” am 25. Dezember, fliegen dem heiligen Stephanus am 26. Dezember tödliche Steine um die Ohren. Wir merken: Krippe und Kreuz sind aus demselben Holz geschnitzt. Das Christentum ist nicht harmlos.
Freud und Leid
Tatsächlich ist die Weihnachtsoktav mit den darauffolgenden Tagen bis zur Taufe Jesu, wenn die Weihnachtszeit endet, wie ein Katechismus. Es ist klar, ohne Christus, der am Weihnachtsfest, genauer in der Heiligen Nacht geboren wird, gäbe es unseren Glauben nicht. Die Freude des Weihnachtstages und darüber hinaus ist sehr wohl angezeigt. Aber wie immer, wenn es um unseren Glauben geht, lernen und begreifen wir sehr schnell: Das Zeugnis kann uns das Leben kosten. “Wer sein Leben verliert, der wird es gewinnen.” Das wird der erwachsene Jesus später lehren und der Diakon Stephanus zeigt es als erster Märtyrer. Dessen Fest und Gedenken, direkt nach dem Tag der großen Freude, soll uns die Freude nicht nehmen. Es soll sie uns erklären. Dieses Leben ist entscheidend für das folgende Leben. Es kann auch eine Entscheidung sein, es voll und ganz als Zeugnis einzusetzen. Wir werden dadurch das Leben gewinnen. Märtyrer, so sagen wir, sind der Samen für neue Christen. So ist es bis heute. In der Verfolgung wächst die Kirche auch heute weit stärker als in der satten Zufriedenheit.
Apostelamt
Nach Stephanus folgt der Apostel Johannes. Den Berichten zufolge war er der Lieblingsjünger, sehr jung, sehr ehrgeizig und wohl auch etwas aufbrausend, wie der Titel “Donnersohn” vermuten lässt. Er steht in der Weihnachtsoktav für die zwölf Personen, die dem Herrn am nächsten stehen und auf deren Nachfolge die Kirche aufbaut. Die Apostel stehen auch für die Bischöfe, für das apostolische Amt. Schon in der Weihnachtsoktav, das heißt, in der Zeit, in der wir des Beginns unseres Glaubens gedenken, ist das Apostelamt ein Fest wert.
Das Drama der unschuldigen Kinder
Der darauffolgende Tag ist wieder ein Tag, der an ein großes Drama erinnert. Das Fest der Unschuldigen Kinder geht auf den Kindermord in Bethlehem zurück, dem sich die Heilige Familie durch Flucht nach Ägypten entzog. “Aus dem Mund der Kinder verschaffst du dir Lob”, so lautet ein Psalmvers. Hier ist es der verstummende Mund gemeuchelter Kinder, die sterben müssen, weil ein größenwahnsinniger Monarch Angst vor dem Erlöser hat. Dieser Tag hat in unseren Tagen noch eine weitere besondere Bedeutung: Er erinnert uns an die vielen unschuldigen Kinder, die im Mutterleib sterben müssen. Von einer kalten Maschinerie getötet, stirbt nicht selten die Seele der Mutter gleich mit. Das Fest soll uns auch daran erinnern, dass nicht nur Maria zu ihrem Kind „ja“ sagen musste. Auch Josef musste sein „ja“ sprechen und das Kind, den Sohn des Höchsten, annehmen. Auch heute müssen Menschen immer wieder ermutigt und bestärkt werden, zu ihren Kindern ihr „ja“ zu sprechen.
Familie als Statement
Der Sonntag zwischen Weihnachten und dem Oktavtag von Weihnachten, alternativ der 30. Dezember, ist das Fest der Heiligen Familie. Keine gesellschaftliche Einrichtung, keine soziale Lebensform ist in unseren Tagen so angegriffen und unter Beschuss, wie die Familie. Ein Mann und eine Frau heiraten. Die Ehe als auf Dauer angelegte, sakramentale Verbindung, die für Kinder offen ist. Das ist der Normalfall, der uns durch allerlei Fantasien der Diversität und Pluralität ausgeredet werden soll. Die Kirche erhebt diesen Tag zum Fest und setzt damit ein Statement. Christen stehen für die Familie ein. Sie sollten das nicht nur in der Politik tun, sondern auch ganz praktisch im Alltag. Wo man eine Familie in Not sieht, sollte man mutig seine Hilfe anbieten.
Papst Silvester – Zeitenwende
Am 31. Dezember gedenken wir des Heiligen Papstes Silvester. Dieser Papst steht für die Zeitenwende. Kaiser Konstantin tolerierte das Christentum und erklärte es später zu einer der staatstragenden Religionen im römischen Reich. Die langen Jahre der schweren Verfolgung der Christen gehen zu Ende. Die Kirche formiert sich zu einer stabilen und prägenden Größe. Silvester zeigt uns die Wurzel des Abendlandes und damit unserer Kultur.
Blumen für die Mama
An den Weihnachtstagen gerät die Gottesmutter ein wenig aus dem Blick. Nun, welche Mutter kennt das nicht. Das Neugeborene wird von allen bestaunt und bewundert. Die Mama bekommt einen Strauß Blumen und eine Umarmung und schon stehen wieder alle am Kinderbett. Der Oktavtag von Weihnachten rückt mit dem Hochfest der Gottesmutter die Mutter Jesu noch einmal besonders in den Fokus. Damit schließt dann auch die Festoktav – eine Woche, die so gefeiert wird, als sei jeder Tag ein Hochfest.
Heil für alle Menschen
Am 6. Januar erscheint der Herr der Welt. Die Heiligen Drei Könige oder Magier oder Weisen und sind es überhaupt drei(?), weisen darauf hin, dass der Glaube an den Erlöser universal ist. Allen Menschen auf allen Erdteilen ist das Heil verheißen.
Jugend und Alter
Der folgende Sonntag mit dem Fest der Taufe des Herrn knüpft hier an und erinnert an den Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu. Danach folgt eine Weile grüner Alltag, der dann in einen Salto rückwärts mündet. Es folgt nämlich am 2. Februar die Darstellung des Herrn im Tempel, ein Fest, bei dem wir des ersten Erscheinens Jesu in der jüdischen Öffentlichkeit überhaupt gedenken. Es ist ein Fest, an dem Jugend und Alter einander gegenüberstehen. “Nunc dimittis – Nun entlässt du, o Herr, deinen Knecht in Frieden.” So wie der greise Simeon die Zukunft Israels, des Volkes Gottes gesehen hat, so sehen zu allen Zeiten die älteren Menschen in den Neugeborenen die Zukunft. Es ist ein Schmerz in unserer Zeit, nur noch so wenige Kinder zu sehen. Simeon und Hanna zeigen uns, wie bedeutsam Nachwuchs ist. Sie zeigen aber besonders, welche Bedeutung dieses Kind hat.
Heils(kurz)geschichte
Dieser Parforceritt durch die Zeit des Weihnachtsfestkreises zeigt deutlich, wie im Kern der Geburt des Erlösers die ganze Heilsgeschichte angelegt ist. Wesentliche Marker, wie die Familie oder das apostolische Amt, sind wie Pflöcke in den Festkreis eingeschlagen. Mitten in der Freude wird das Leid nicht ausgeklammert. Die Universalität des Glaubens wird schon am Beginn deutlich und die Hoffnung auf die Zukunft ist eine zutiefst christliche Hoffnung.
Handfeste und sinnliche Festtage
Der weihnachtliche Festkreis ist wie ein kleiner Katechismus, in dem zu lesen, den zu meditieren sich immer wieder lohnt. Die Ruhe dieser Tage, an denen die meisten Menschen mehr oder weniger frei haben, bietet Zeit und Gelegenheit, öfter als sonst in die Kirche zu gehen – vielleicht dort an der Krippe oder an der heimischen Krippe ein wenig Zeit zu verbringen. Es geht dann schnell genug wieder in das turbulente Jahr hinein. Weihnachten ist noch in einer anderen Hinsicht eine Wende: Die Tage werden wieder länger. Das Licht, das in die Welt kommt, wird für uns sinnlich erfahrbar. Weihnachten ist der beste Beweis, wie leiblich, handfest und sinnlich erfahrbar das Christentum ist.
Peter Winnemöller
Journalist und Publizist. Autor für zahlreiche katholische Medien. Kolumnist auf dem Portal kath.net. Im Internet aktiv seit 1994. Eigener Weblog seit 2005. War einige Jahre Onlineredakteur bei „Die Tagespost“. Und ist allem digitalen Engagement zum Trotz ein Büchernarr geblieben.
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