Dass es keine Priesterinnen geben kann, begründet die katholische Kirche mit Schrift und Tradition, also der schriftlichen Überlieferung (Altem und Neuem Testament) und der mündlichen Überlieferung.
Der Begriff der mündlichen Überlieferung oder Tradition wird oft missverstanden. Gemeint ist die „apostolische Tradition“, in der Gottes Offenbarung verbindlich greifbar ist, nicht die vielen Traditionen, die veränderbar sind. Das Konzil von Trient wendet sich damit gegen das reformatorische „sola scriptura”. Tradition als Bezeugung göttlicher Offenbarung ist die ungeschriebene Weitergabe von Glaube und Sitte im Leben der Kirche. Allerdings ist uns auch die Heilige Schrift selbst überliefert.
Lehramt, Schrift und Tradition bilden eine Einheit, wie das letzte Konzil in der dogmatischen Konstitution Dei Verbum (Nr. 10) betont. Auch für unsere Frage spielen diesen drei Instanzen zusammen: das Schriftzeugnis, das durchgehende Leben der Kirche und die lehramtliche Verkündigung.
In neuerer Zeit ist die Unmöglichkeit der Frauenweihe durch die Erklärung Inter Insigniores der Kongregation für die Glaubenslehre (1976) sowie durch das Apostolische Schreiben Ordinatio Sacerdotalis von Joh. Paul II. (1994) neu erklärt worden. Es werden immer wieder Argumente für die Frauenweihe gebracht. Schauen wir uns diese Argumente eins nach dem anderen an.
Argument: Es gab Frauen im Kreis der Jünger; Maria Magdalena wird sogar von der katholischen Kirche Apostelin der Apostel genannt!
Vorab: „In der Nachfolge Jesu sein“ und „Priester sein“ sind zwei Dinge. Selbstverständlich ist der Priesterdienst eine Form der Nachfolge, und ebenso selbstverständlich gibt es unzählige andere Formen der Nachfolge. „Es gab Frauen im Kreis der Jünger“ und „Frauen können ebenso wie Männer zum Priesterdienst gerufen sein“ sind zwei völlig verschiedene Aussagen. Die erste ist nachprüfbar wahr. Die zweite ist nachprüfbar.
Der Herr war in Seinem Erdenleben Frauen gegenüber in einer damals völlig ungewohnten Weise freundlich und wertschätzend. Er nahm sie Ernst – weit mehr als das im weltlichen Bereich noch heute der Fall ist. Er hatte Schülerinnen, und Er wandte sich auch solchen Frauen zu, die für die jüdische Gesellschaft unantastbar waren: Dirnen, einer Ehebrecherin, einer wegen Blutungen rituell unreinen Frau, einer Samaritanerin. Maria aus Magdala – an der Er einen großen Exorzismus vorgenommen hatte (Lk. 8,2) – stand Ihm besonders nahe, und sie durfte als erste die Botschaft vom leeren Grab verkünden.
Der Titel „Apostelin der Apostel“, zu Deutsch: die Botin der Boten, wurde nicht ihr allein verliehen, auch wenn tausend Lesemappen und gar das Internet das behaupten. Er ist zuerst bezeugt im Hoheliedkommentar des Hippolyt von Rom (+ 235). Der Kirchenvater Hippolyt schrieb auf Griechisch; sein Hoheliedkommentar ist nicht im Original erhalten, sondern nur fragmentarisch auf Grusinisch (das ist eine georgische Sprache), Altslawisch und Armenisch. Wenn also jemand sagt, der griechische Titel ἀπόστολος αποστόλων sei schon früh verbürgt, fragen Sie ihn spaßeshalber, ob das eine sichere Rückübersetzung aus dem Grusinischen ist. (Ich vermute, schon. Aber man findet so heraus, ob jemand weiß, wovon er redet.)
Dieser fragmentarische Hoheliedkommentar wurde im späten 19. Jh. in einer Bibliothek wiedergefunden und 1902 von dem russlanddeutschen evangelisch-lutherischen Theologen Gottlieb Nathanael Bonwetsch ins Deutsche übertragen. Hippolyt deutet das Hohelied allegorisch; die Braut ist die menschliche Seele, der Bräutigam Christus. (Hippolyts jüngerer Zeitgenosse Origenes gilt als „Erfinder“ der allegorischen Schriftauslegung; ob nun Hippolyt von Origenes oder Origenes von Hippolyt die Allegorese gelernt hat, lassen wir dahingestellt sein.) Hippolyt schreibt:
„Wie ich ein wenig wegging von ihm, fand ich, welchen meine Seele liebte.“ (Hld. 3,4) … ein gerettetes und schon nicht mehr verführtes Weib, noch ein in die Ferse gestochenes, auch nicht den Baum der Erkenntnis anrührend, sondern den Baum, welcher den Tod umzubringen vermag! … – Nachdem dies aber geschehen, ruft sie wieder durch die Frauen als gute Zeugen, und die Apostel der Apostel wurden sie, von Christus gesandt. Zu welchen die Engel redeten: „Gehet hin und saget den Jüngern, „Er geht vor euch nach Galiläa“. Aber damit sie nicht, von einem Engel gesandt, keinen Glauben hätten, begegnet Christus selbst sendend, damit auch Frauen Christi Apostel werden und den Mangel der alten Eva und den Ungehorsam jetzt durch das willige Gehorchen und die Untertänigkeit vollkommen ausfüllen. O der neuen Unterweisung, auch Gottes Apostel werden sie! Siehe, von nun an die Falschheit der Schlange kennend unterliegt sie nicht mehr, denn von nun an die Gebote des Satans verschmähend wird sie den nicht annehmen, der durch die Begierde siegte.“
Also nicht nur Maria Magdalena, sondern alle Frauen, die am Ostermorgen das leere Grab vorfanden, nennt der Kirchenvater „Apostelinnen der Apostel“. Nebenbei bestätigt er mit dem Ausdruck „Gottes Apostel“ die Göttlichkeit Jesu. Allerdings handelt es sich nicht um eine Gleichsetzung mit dem Dienst der Apostel, sondern um einen Vergleich. (Gleichsetzung: A = B; Vergleich: A hat Elemente von B; A ist ähnlich wie B.) Die vom leeren Grab kommenden Frauen sind nicht Apostel in dem gleichen Sinne wie der Zwölferkreis, sondern sie haben einen irgendwie vergleichbaren Auftrag.
Um das näher zu erläutern, schauen wir uns die Wörter ἀποστέλλω, senden, ἀπόστολος, Gesandter, Apostel und ἀποστολή, die Sendung im Neuen Testament an. Bei Matthäus kommt das Wort ἀποστέλλω am häufigsten vor (22 mal).
Herodes sendet Soldaten aus, um Kinder zu töten. Ausgetriebene Dämonen bitten darum, in eine Schweineherde gesandt zu werden. Jesus sendet die Zwölf aus. Jesus ist vom Vater gesandt. Johannes ist gesandt, um Ihm den Weg zu bahnen. Der Menschensohn wird Seine Engel aussenden. Menschen senden nach ihren kranken Angehörigen, als Jesus in der Nähe ist. Ein Gutsbesitzer sendet Arbeiter in den Weinberg. Der Herr wird Sein Reittier dem Besitzer zurücksenden. Die Frau des Pilatus sendet ihrem Mann eine wichtige Botschaft. Überall steht das Wort ἀποστέλλω; es ist also in der Bedeutung nicht stärker festgelegt als das deutsche senden.
Ἀπόστολος – also der Gesandte – ist im ursprünglichen Sinn jeder, der mit einer Botschaft betraut ist. Im Neuen Testament kommt das Wort 80mal vor. In der Regel ist aus dem Zusammenhang überdeutlich erkennbar, dass es sich um die Zwölf handelt.
So stellt Lk. 24,9-11 klar:
„Und sie kehrten vom Grab zurück und berichteten das alles den Elf und allen Übrigen. Es waren Maria von Magdala, Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus, und die übrigen Frauen mit ihnen. Sie erzählten es den Aposteln. Doch die Apostel hielten diese Reden für Geschwätz und glaubten ihnen nicht.”
Aus dieser Formulierung geht hervor, dass die Frauen am Grab nicht zum Kreis der Apostel zählen. Sie erzählen es nicht den anderen oder den übrigen Aposteln, sondern „den Aposteln“ – die erst einmal mit Unglauben reagieren. Deshalb nennt Hippolyt sie zu Recht „Apostelinnen der Apostel” in dem Sinn, dass die Frauen zu den Zwölfen – nein halt: den Elf, denn Judas ist tot, und sein Nachfolger noch nicht gewählt – gesandt werden. Sie haben aber nicht das gleiche Apostelamt wie die Männer des verminderten Zwölferkreises. Sie sind Gesandte mit der Aufgabe, den priesterlichen Kreis der Elf zu mahnen, zu erinnern, zu unterstützen – nicht aber selbst seine Aufgaben zu übernehmen. Teresa von Avila hat das in besonderer Weise verstanden und nachvollzogen, ebenso Hildegard von Bingen. Diese beiden mahnten in ihren Briefen Geistliche bis hinauf zum Papst und blieben dem Lehramt zeitlebens treu.
Ausnahmen bei den 80 Vorkommen des Wortes ἀπόστολος sind:
Lk. 11,49-51: „Deshalb hat auch die Weisheit Gottes gesagt: Ich werde Propheten und Apostel zu ihnen senden und sie werden einige von ihnen töten und andere verfolgen, damit das Blut aller Propheten, das seit der Erschaffung der Welt vergossen worden ist, von dieser Generation gefordert wird, vom Blut Abels bis zum Blut des Zacharias, der zwischen Altar und Tempelhaus umgebracht wurde. Ja, das sage ich euch: An dieser Generation wird es gerächt werden.”
Hier könnte Apostel allgemein für Gesandte stehen; wahrscheinlich bezieht es sich aber doch auf die Zwölf. Propheten kündeten im Alten Bund, das Apostelamt des Neuen Bundes ist u.a. das Künden. Allerdings könnte man diese Stelle auch so verstehen, dass im Alten Bund auserwählte Propheten kündeten, im Neuen Bund aber die Gemeinschaft der Auserwählten Zeugnis ablegt, da ja alle Christen zum Laienapostolat berufen sind.
Joh. 13,16: „Amen, amen, Ich sage euch: Der Sklave ist nicht größer als sein Herr und der Abgesandte (ἀπόστολος) ist nicht größer als der, der ihn gesandt hat.”
Hier ist ganz allgemein von Gesandten die Rede. Die Gesandten Gottes (also alle, die irgendeine Sendung, einen Auftrag haben, also alle Christen) werden mit Sklaven des Herrn gleichgesetzt, die sich nicht größer machen dürfen als Er ist.
Apg. 14 nennt zum ersten Mal auch andere als den Zwölferkreis Apostel – nämlich Paulus und Barnabas, seinen engsten Mitarbeiter. (Zu Beginn des Römerbriefes nennt Paulus sich selbst „Knecht Christi Jesu, berufen zum Apostel, ausgesondert, das Evangelium Gottes zu verkünden”; in Röm. 11,13 „Apostel der Heiden”.) Aber schon in Apg. 15,2 heißt es, diese beiden sollen „zu den Aposteln” gehen, da sind also offenbar wieder die Zwölf gemeint, immer noch Kern und Spitze der Christengemeinde, die ein erstes Konzil einberufen. Petrus, der Erste unter Gleichen, ist dann auch maßgeblich bei der für die Entwicklung der Kirche wichtige Frage, ob Heidenchristen beschnitten werden müssen. (Dies nur nebenbei zum Papstamt.) Allerdings ist er zwar der erste, der die Entscheidung fällt, aber Paulus und Barnabas sind schon vorher als Verfechter der Ansicht „keine Beschneidung für Heidenchristen” aufgetreten, und Jakobus wird Petri Entscheidung biblisch genau begründen. Der Streit um die Beschneidung wird also in synodaler Weise entschieden.
In Kor 15, 4-9 heißt es:
„Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, und erschien dem Kephas, dann den Zwölf. Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen. Danach erschien er dem Jakobus, dann allen Aposteln. Zuletzt erschien er auch mir, gleichsam der Missgeburt. Denn ich bin der Geringste von den Aposteln; ich bin nicht wert, Apostel genannt zu werden, weil ich die Kirche Gottes verfolgt habe.”
Im Blick auf die Vielfalt des neutestamentlichen Apostelbegriffs wird diese Stelle im Zusammenspiel mit einem Abschnitt aus dem Brief an die Galater (1,17-19) besonders sprechend:
„Ich bin nicht einmal nach Jerusalem gereist, um die nach ihrer Meinung zu fragen, die schon vor mir Apostel waren. Nein, ich bin nach Arabien gezogen und von dort wieder nach Damaskus zurückgekehrt. Erst drei Jahre später kam ich nach Jerusalem, weil ich Petrus kennen lernen und mich mit ihm austauschen wollte. Fünfzehn Tage bin ich damals bei ihm geblieben. Von den anderen Aposteln habe ich bei diesem Aufenthalt keinen gesehen außer Jakobus, den Bruder unseres Herrn.”
Eine ausführliche Analyse des Apostelbegriffs füllt Bücher. Hier nur die wichtigsten Punkte: „Die Zwölf“ und „alle Apostel“ werden in der Liste der Osterzeugen in 1Kor 15 unabhängig voneinander genannt. In Gal 1,19 wird deutlich, dass, im Sprachgebrauch des Paulus, Jakobus, der Herrenbruder, der nicht zum Zwölferkreis gehörte, zur Gruppe der Apostel zählt. Paulus selbst nimmt den Aposteltitel für sich in Anspruch und verteidigt ihn, wenn es darauf ankommt, mit Leidenschaft. Zugleich betrachtet er sich als Sonderfall („Mißgeburt“), von Gott ohne jeden Verdienst dazu gemacht. Bei Paulus sind also die Gruppe der Apostel und der Zwölferkreis unterschieden, auch wenn sie – etwa in der Gestalt des Petrus – sich überschneiden. Sein Schüler Lukas hingegen identifiziert die Gruppe der Apostel konsequent mit dem Zwölferkreis – und auch die Johannesoffenbarung redet in einem starken Bild, in dem ihre fundamentale Bedeutung für die Kirche ausgedrückt ist, von den „zwölf Aposteln des Lammes“, die die Grundsteine des himmlischen Jerusalem bilden. Zwar werden unterschiedliche Akzente gesetzt, die aber nicht im Widerspruch stehen, sondern ein komplementäres Spannungsgefüge bilden. Alle diese Gestalten des Apostolats hatten theologisch und historisch kirchengründende Funktion, der Zwölferkreis ebenso wie Paulus und der Herrenbruder Jakobus. Dieser Funktion zeigt ihre Bedeutung für die Grundlegung des Amts in der Kirche. Wie genau diese Gestalten sich zueinander verhielten, kann hier nicht geklärt werden. Es gibt aber bei Paulus eine weitere Gestalt des Apostolats mit bleibender größter Bedeutung für das Leben der Kirche, aber ohne jene kirchen- und amtsbegründende Funktion, von der im Blick auf die anderen Gestalten die Rede war: Paulus kennt Apostel, deren Apostolat nicht durch die Erscheinung des Auferstandenen und seine Sendung begründet ist, sondern durch die im Heiligen Geist erfahrene Berufung zur missionarischen Verkündigung. Diese „Apostel“ sind einfach „Missionare“ – und können selbstverständlich auch „Missionarinen“ sein.
Röm. 16,7 dürfte die Lieblingsstelle feministischer Exegeten sein:
„Grüßt Andronikus und Junia, die zu meinem Volk gehören und mit mir zusammen im Gefängnis waren; sie ragen heraus unter den Aposteln und haben sich schon vor mir zu Christus bekannt.”
Junia oder Junias? Im Original steht der Akkusativ Junian, was frühere Übersetzer von einem Junias abgeleitet haben. Grammatisch möglich, praktisch nicht: der Name Junias ist in der antiken Literatur nicht nachweisbar. Allenfalls könnte es eine Kurzform für Junianus sein, der Name taucht aber auch erst in frühchristlicher Zeit auf. „Sie ragen heraus unter den Aposteln” – ist das nicht eindeutig? (ἀσπάσασθε Ἀνδρόνικον καὶ Ἰουνίαν τοὺς συγγενεῖς μου καὶ συναιχμαλώτους μου, οἵτινές εἰσιν ἐπίσημοι ἐν τοῖς ἀποστόλοις, οἳ καὶ πρὸ ἐμοῦ γέγοναν ἐν Χριστῷ.)
Möglichst wörtlich:
„Grüßt Andronikos und Junia, meine Verwandten [„die zu meinem Volk gehören” ist in der Umgebung des Paulus eine mögliche Bedeutung] und Mitgefangenen; diese sind bekannt bei den Aposteln, und sie waren schon vor mir in Christus.”
Da hätten wir also einen Mann und eine Frau, beide schon lange Christen, beide vielleicht Verwandte des Paulus, jedenfalls Judenchristen, beide sind oder waren als Christen in Gefangenschaft. Herausragend unter oder bekannt bei den Aposteln?
ἐπίσημος hat eine ganze Spannbreite von Bedeutungen: bekannt, berühmt, hervorragend, ja sogar berüchtigt. Die Präposition ἐν mit dem folgenden Dativ weist auf die Bedeutung „bekannt bei den Aposteln”; die Grundbedeutung „herausragend” weist eher auf eine Zugehörigkeit. Andererseits steht üblicherweise bei der Angabe einer Zugehörigkeit eigentlich nicht ἐν + Dativ, sondern ἐκ plus Akkusativ. Und Paulus war gut in Grammatik. Es gibt zwar auch Belege für ἐν + Dativ, die deutlich von einer Zugehörigkeit sprechen. Auch schreibt Johannes Chrysostomus, Bischof von Konstantinopel († 407), in seinem Kommentar zum Römerbrief: „Wie groß ist die Tugend dieser Frau, dass sie würdig gewesen ist, Apostel genannt zu werden.“
Aber Paulus hat Junia (ob er sie nun „bekannt” oder „herausragend” nennt) eine apostelgleiche Persönlichkeit zugeschrieben – nicht mehr und nicht weniger. Es handelt sich um einen Vergleich, nicht eine Gleichsetzung. Dass sie an keiner anderen Stelle genannt wird, macht ein Apostelamt im engeren Sinne bei ihr ebenso unwahrscheinlich wie bei Andronikos. Für diese Annahme spricht auch, dass keine andere Frau von einem biblischen Autor als Apostel bezeichnet wird.
Schließlich kommt ἀποστολῆ, die Sendung, im Neuen Testament viermal vor und jedesmal im Sinne von Apostelamt: Apg. 1,25 im Zusammenhang mit der Wahl des Matthias; Röm. 1,5 bezogen auf Paulus und die Zwölf; 1 Kor. 9,2 bezogen auf Paulus, Gal. 2,8 bezogen auf Petrus und Paulus.
Die Zwölf sind Apostel – also Boten des Evangeliums. Ihnen hat Jesus Christus den priesterlichen Dienst der Eucharistiefeier aufgetragen sowie das Austreiben von bösen Geistern. Paulus nennt sich Apostel in dem Sinne, das er als Heidenmissionar die
Arbeit des Judenmissionars Petrus ergänzt; die beiden sind wie zwei Hälften der Mission. Die vom Grab kommenden Frauen sind Botinnen für diese zwölf und überhaupt für die Jünger Jesu. Das ist keine geringere Aufgabe, sondern einfach eine andere. Die vom Grab kommenden Frauen sind die ersten Katechetinnen.
Hieronymus schreibt im Vorwort zu seinem Zefanja-Kommentar nach einer langen Aufzählung bedeutender Frauen im Alten und Neuen Testament sowie in heidnischen Schriften einen besonderen Grund hierfür, nämlich
„… dass der auferstandene Herr zuerst Frauen erschienen ist und diese zu Apostelinnen der Apostel wurden, damit die Männer erröteten darüber, den nicht zu suchen, den das schwächere Geschlecht schon gefunden hatte.”
Hieronymus sieht also den Grund dafür, dass zuerst Frauen das leere Grab sahen, in einer überdeutlichen Rüge an den Chauvinismus. Frauen tragen die Botschaft vom Heil zu den Männern, das heißt: Gott demütigt die besserwisserische Männerwelt. So steht es bei einem Kirchenvater.
Die Frauen am Grab sind Prototypen für das Laienapostolat. Sie zeigen uns, dass man gerade nicht Priester sein muss, um zu künden. Zwar hat der Priester das Vorrecht und die Pflicht, in der Messe, mittels der Predigt zu künden. Anders gesagt: die Predigt während der Messe ist priesterlicher Dienst. Aber jeder Christ, der dazu irgendwie imstande ist, soll den Auferstandenen auch mit Worten bezeugen. In den Zwölferkreis berief Jesus Christus jedoch ausschließlich Männer.
„Jesus stieg auf einen Berg und rief die zu sich, die Er selbst wollte, und sie kamen zu Ihm. Und Er setzte zwölf ein, damit sie mit Ihm seien und damit Er sie aussende, zu verkünden und mit Vollmacht Dämonen auszutreiben. Die Zwölf, die Er einsetzte, waren: Petrus – diesen Beinamen gab er dem Simon – , Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und Johannes, der Bruder des Jakobus – ihnen gab Er den Beinamen Boanerges, das heißt Donnersöhne – , dazu Andreas, Philippus, Bartholomäus, Matthäus, Thomas, Jakobus, der Sohn des Alphäus, Thaddäus, Simon Kananäus und Judas Iskariot, der Ihn dann ausgeliefert hat. (Mk. 3,13-19)”
Bei Mt. 10 lesen wir die gleichen Namen mit der Einleitung:
„Dann rief Er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.”
Und bei Lukas 6 heißt es:
„Es geschah aber in diesen Tagen, dass Er auf einen Berg ging, um zu beten. Und Er verbrachte die ganze Nacht im Gebet zu Gott. Als es Tag wurde, rief Er seine Jünger zu sich und wählte aus ihnen zwölf aus; sie nannte Er auch Apostel.”
Hier ist statt Thaddäus ein Judas, Sohn des Jakobus genannt. Traditionell werden diese beiden miteinander identifiziert, sicher zu Recht, wegen der Übereinstimmungen in allem anderen.
Schließlich zählt die Apostelgeschichte – nach dem Tod des Judas Iskariot, vor der Wahl des Matthias – elf Apostel auf, mit den von Lukas überlieferten Namen.
Wenn der Herr eine Nacht lang im stillen Gebet verbringt und danach einen inneren Kreis von Jüngern beruft, müssen wir davon ausgehen, dass das genau so richtig ist. Wenn dieser innere Kreis nur aus Männern besteht, ist das offenbar Gottes Wille, über den Er lange genug meditiert hat. Er hätte Maria aus Magdala in diesen inneren Kreis berufen können – die Frau, aus der Er sieben Dämonen ausgetrieben hatte und die als erste die Botschaft vom leeren Grab verkündete, sollte sich doch besonders dafür eignen? Oder Seine Mutter – die, die in ihrer Weiblichkeit und ihrem Gehorsam das erste, lebendige Tabernakel war und die in Kana den Anstoß zu Jesu erstem, bereits auf die Eucharistie hinweisenden Wunder gab, wäre doch besonders würdig? Er tat es nicht. Das ist ein starkes Argument dafür, dass Er Frauen generell zu anderen als priesterlichen Aufgaben will.
Als Laien sollen sie ebenso wie Männer im Laienapostolat aktiv sein, also überzeugt und überzeugend Christen sein. Als geweihte Jungfrauen, geweihte Witwen oder Ordensschwestern repräsentieren sie die Kirche, die Braut Christi – das kann kein Mann. „Eucharistie feiern, in der Messe Christus repräsentieren und verkünden, Dämonen austreiben“ ist Aufgabe von hierzu bestimmten Männern. Der Priester handelt am Altar in persona Christi – und dazu muss er ein Mann sein. Jesus Christus ist wahrer Mensch und wahrer Gott; das heißt auch: Sein Menschsein ist ganz und gar wahrhaftig, Er ist als Knabe in die Welt gekommen, ist in Seiner Menschennatur zum Mann gereift und als Mann für alle Menschen gestorben. Eine Frau kann Ihm folgen, Ihm nacheifern, Ihm an Klugheit, Frömmigkeit und Heldenmut gleichen – aber nicht Ihn repräsentieren. Der Versuch wäre eine Travestie – und damit das Ende der echten Nachfolge.
Der Auferstandene offenbart sich am See von Tiberias sieben Männern – namentlich aufgezählt – und keiner Frau: „Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen.” (Joh. 21,2)
Ebendort ruft Er Petrus in Seine Nachfolge, ausgerechnet Petrus, der Ihn erst mit der Waffe verteidigen wollte und Ihn dann verleugnete. Hätte Er nicht die immertreue Magdalena erwählen können? Hat er aber nicht gewollt. Petrus hat seine Feigheit bitterlich bereut, Jesus gibt ihm eine Buße auf: der, der dreimal behauptet hat, Jesus nicht zu kennen, muss nun dreimal sagen, dass er Jesus liebt. Danach wird er zum ersten Papst (und da redet mir bitte kein historisch-kritischer Exeget drein: den Mann, der der gesamten Kirche vorsteht, nennt man Papst, unabhängig davon, wie klein oder groß diese Kirche ist und wie und wann sich das Papstamt weiterentwickelt hat) mit den Weiheworten „Weide Meine Lämmer, weide Meine Schafe, folge Mir nach“.
Hier ist also auch ein rein männlicher Mitarbeiterkreis bei der Erwählung des „Ersten unter Gleichen“ anwesend.
Argument: Jesus konnte nur Männer zu Aposteln berufen, weil Seine Zeit noch nicht reif war für Frauen in leitenden Positionen.
Hat Jesus sich in irgendwelcher Hinsicht darum geschert, was gerade zeitüblich war? Jesus hat ständig Dinge getan, für die Seine Zeit „noch nicht reif” war (und unsere auch nicht ist). Von Seiner Menschwerdung bis zu Seiner Auferstehung war nach weltlichen Maßstäben die Zeit nicht reif! Wenn für uns heute bei der Betrachtung Jesu nur die Dinge relevant wären, für die unsere Zeit „reif” ist, wäre Jesus ein netter, sozialer Typ mit großen Fähigkeiten als Pädagoge, sonst nichts. Jesus Christus ist unser Erlöser. Die Zeit war vor 2000 Jahren aus eschatologischer, nicht aus soziologischer Sicht reif für Sein erstes Kommen, nicht weil die Menschheit in Eintracht und Gerechtigkeit lebte, sondern unter anderem weil sie es nicht tat. Jesus berief deshalb nur Männer zu Aposteln, weil Er nur Männer zu Aposteln berufen wollte, und wenn Er das wollte, ist es richtig. (Ich folge der Grundannahme, dass Jesus Christus Gott ist und dass Er Berufungen in göttlicher Vollmacht ausspricht; wer mit dieser Annahme Probleme hat, wird weder der Argumentation der Kirche noch meinen Ausführungen ganz folgen können.)
Argument: Und es war ein Mann, der Jesus verraten hat!
(Im Ernst, das wird argumentativ verwendet. Als hätte es nie und nimmer niederträchtige Frauen gegeben, ich erinnere mal nur an Herodias.)
Kurz nach der Himmelfahrt Christi hatte die junge Gemeinde auf Initiative des Petrus einen „Ersatzmann“ für den abgefallenen Judas gewählt. Ob das etwa 120köpfige Wahlgremium nur aus Männern bestand, ist nicht ganz sicher. Zwar spricht Petrus „im Kreis der Brüder“ und beginnt mit der Anrede „Brüder!“, aber hier haben feministische Theologen einen Punkt, der sich nicht widerlegen lässt: Bruder heißt auf Griechisch ἀδελφός, Schwester heißt ἀδελφή. Wenn nun Brüder und Schwestern zusammen sind, benutzt man den männlichen Plural ἀδελφόί (Brüder) für unseren Oberbegriff „Geschwister“. „Brüder und Schwestern“ hieße wörtlich „ἀδελφόί και ἀδελφαί“ und ist eine sprachliche Umständlichkeit, auf die die Bibel verzichtet. Unter den Wählern könnten also auch Frauen gewesen sein. Ich halte das für möglich, weil die junge Kirche ja deutlich genug von der heidnischen Umwelt unterschieden war, aber für sehr unwahrscheinlich, denn wenn es Wählerinnen gegeben hätte, wäre das so besonders gewesen, dass es wohl festgehalten worden wäre, sei es durch namentliche Nennung, sei es durch einen Zusatz wie „und die Frauen“. Diesen Zusatz gibt es aber nur bei der Beschreibung der betenden Urgemeinde, nicht bei der Wahl des Matthias. Die einzigen beiden Wahlkandidaten waren jedenfalls Männer – Joseph Barsabbas und Matthias.
Argument: Aber in der Urkirche gab es Diakoninnen!
Paulus schreibt im Römerbrief (16,1-2): „Ich empfehle euch unsere Schwester Phöbe, die auch Dienerin der Gemeinde von Kenchreä ist: Nehmt sie im Namen des Herrn auf, wie es Heilige tun sollen, und steht ihr in jeder Sache bei, in der sie euch braucht; denn für viele war sie ein Beistand, auch für mich selbst.” „Dienerin“ heißt es in der Einheitsübersetzung – im Original steht da διάκονος!
Die junge Kirche beruft zur Lösung eines innerkirchlichen sozialen Problems einen Siebenerkreis von Diakonen – und wieder sind es alles Männer, die durch Handauflegung von den Zwölf Aposteln geweiht werden. Apg. 6,1-6:
„In diesen Tagen, als die Zahl der Jünger zunahm, begehrten die Hellenisten gegen die Hebräer auf, weil ihre Witwen bei der täglichen Versorgung übersehen wurden. Da riefen die Zwölf die ganze Schar der Jünger zusammen und erklärten: Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und uns dem Dienst an den Tischen widmen [so die EU; wörtlich: … das Wort Gottes vernachlässigen, um an den Tischen zu dienen]. Brüder, wählt aus eurer Mitte sieben Männer von gutem Ruf und voll Geist und Weisheit; ihnen werden wir diese Aufgabe übertragen. Wir aber wollen beim Gebet und beim Dienst am Wort bleiben. Der Vorschlag fand den Beifall der ganzen Gemeinde und sie wählten Stephanus, einen Mann, erfüllt vom Glauben und vom Heiligen Geist, ferner Philippus und Prochorus, Nikanor und Timon, Parmenas und Nikolaus, einen Proselyten aus Antiochia. Sie ließen sie vor die Apostel hintreten und diese legten ihnen unter Gebet die Hände auf.”
Dem Zwölferkreis obliegt also der „Dienst am Wort“, die Verkündigung, die Lehre und offenbar auch das Weiheamt. Sie weihen durch Handauflegung einen Siebenerkreis von Männern zu Diakonen, deren Aufgabe der „Dienst an den Tischen“, also soziale Fürsorge in der Gemeinde, ist.
Auch Phöbe wird als διάκονος bezeichnet. Nun heißt das in der ersten Bedeutung schlicht „Diener“. Die Kirche hat das Weiheamt des „Dieners“, des διάκονος, eingeführt. Aber darüberhinaus versteht die Kirche das Leben jedes Christen als Dienst. Das heißt: Jeder Christ soll Diener sein. Aber nicht jeder ist ein zu dem besonderen Dienst der Diakone geweihter Diener.
Phöbe war zweifellos eine hilfsbereite und tüchtige Frau, die Paulus und vielen anderen Christen gedient hat. Sie reiste nach Rom – ob als Missionarin oder aus einem anderen Grund, ist unbekannt –, und Paulus forderte nun auch gastfreundlichen Beistand für Phöbe ein. Mehr wissen wir über Phöbe nicht. Das spricht eher gegen als für ein Weiheamt bei Phöbe.
Gegenargument: Aber im Zwölferkreis sind auch einige, die nur einmal erwähnt werden.
Ja: Bartholomäus, Jakobus Sohn des Alphäus, Judas Thaddäus, Simon der Zelot. Wenn wir die frühchristliche Überlieferung außer Acht lassen (warum auch immer wir das tun sollten), haben wir außer den Apostellisten keine gesicherte Nachricht über diese vier. Genauer gesagt: Sie werden im Zusammenhang mit der Wahl der Zwölf und dann noch einmal als Mitglieder der versammelten Urgemeinde in Apg. 1,13 erwähnt. Es wird aber immer wieder von „den Zwölf“ gesprochen. Das heißt, dem Zwölferkreis wird eine besondere Bedeutung zugeschrieben – und damit selbstverständlich jedem, der dazugehört. Wir haben die gesicherte Nachricht, dass der Herr sie in den Zwölferkreis berufen hat. Langt doch, oder?
Zurück zu der Diakonin Phöbe. Die Wörter διάκονος, Diener, διακονέω, dienen und διακονία, Dienst kommen im Neuen Testament in verschiedenen Zusammenhängen vor. Zweimal ist ganz neutral von Dienern die Rede (Hochzeit in Kana; Gleichnis von den Hochzeitsgästen). Jesus fordert immer wieder zum Dienst nach Seinem Beispiel auf:
„Der Größte von euch soll euer Diener sein” (Mt. 23,11); „Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein” (Mk. 9,35); „… wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein…” (Mt. 20,26 und Mk. 10,43). Die Wichtigkeit des Dienens unterstreicht Er auch in Joh. 12,26: „Wenn einer Mir dienen will, folge er Mir nach; und wo Ich bin, dort wird auch Mein Diener sein. Wenn einer Mir dient, wird der Vater ihn ehren.” sowie in Röm. 15,8: „Christus ist um der Wahrhaftigkeit Gottes willen διάκονος der Beschnittenen geworden, um die Verheißungen an die Väter zu bestätigen.”
Dienen ist also Nachfolge und Nachahmung Christi, und hier sind Priester einerseits in der gleichen Situation wie alle Christen, andererseits wird von ihnen ein besonders beispielhaftes Christenleben erwartet. Paulus nennt sich und seine Mitarbeiter mehrmals „Diener”: … durch die ihr zum Glauben gekommen seid (1 Kor. 3,5); des Evangeliums (Kol. 1,25; Eph. 3,7; Kol. 1,23); Gottes (2 Kor. 6,4); Christi (2 Kor. 11,23; Kol. 1,7; 1 Tim. 4,6); im Herrn (Kol. 4,7; Eph. 6,21); des Neuen Bundes (2 Kor. 3,6); der Kirche (Kol. 1,25).
Die Didascalia Apostolorum (Apostellehre) ist eine syrische Gemeindeordnung aus der ersten Hälfte des 3. Jhs. Hier werden Diakone und Diakoninnen erwähnt und ihre verschiedenen Aufgaben beschrieben. Gern wird hier in der feministischen Theologie erwähnt, die Diakonin sei mit dem Heiligen Geist verglichen. Liest man aber im gleichen Absatz, der Bischof sei mit Gott Vater zu vergleichen, der Diakon mit Christus, Arme und Kranke aber mit dem Altar, so wird deutlich, dass wir hier wieder mit Vergleichen zu tun haben, die zu einer inneren Einstellung des Respekts führen sollen – nicht mehr und nicht weniger.
„Der Mann, der [zum Diakonenamt] gewählt wird, hat zahlreiche aufseherische Aufgaben, die Frau aber für den Dienst an Frauen, denn es gibt Häuser, in die man wegen der Heiden keinen männlichen Diakon schicken kann. Für viele Belange schickt man also Diakoninnen. Der Dienst einer Diakonin ist zunächst erforderlich, wenn Frauen ins Wasser steigen, es ist notwendig, dass sie von einer Diakonin gesalbt werden, und es ist nicht recht, dass das Salböl von irgendeiner Frau berührt wird, sondern nur von einer Diakonin. Denn es ist nötig, dass der Priester, der tauft, den Täufling auch salbt, aber wenn eine Diakonin da ist, dann schickt es sich nicht, dass die Frauen von Männern gesehen werden, es sei denn, sie werden nur durch Handauflegung auf den Kopf gesalbt, so wie die Priester und Könige von Israel. … Wenn die getaufte Frau aus dem Wasser steigt, lasst eine Diakonin sie empfangen, sie lehren und erziehen, damit das unzerbrechliche Siegel der Taufe mit Reinheit und Heiligkeit einhergeht. So bestätigen wir, dass der Dienst einer Diakonin notwendig erforderlich ist, zumal auch unser Herr und Heiland von Frauen bedient wurde. … Auch ist der Dienst der Diakonin nötig in heidnischen Häusern, wo es gläubige Frauen gibt, damit die Diakonin dort den Kranken in allen Belangen dienen kann und jene, die von Krankheit geheilt wurden, salben kann.”
Das frühe Diakoninnenamt war also vor allem dem sittlichen Empfinden, der Gschamigkeit geschuldet – und dem Umstand, dass Täuflinge nackt ins Wasser stiegen und anschließend am ganzen Körper gesalbt wurden. Weitere Aufgaben der Diakonin waren Katechese neugetaufter Frauen und Dienst an kranken Frauen.
Vom 4. bis zum 6. Jh. sind etwa fünfzig Diakoninnen namentlich bekannt. Ob allerdings ihr Dienstantritt mit einer Segnung oder einer Weihe einherging, ist unsicher. Selbst wenn es eine Weihe war, war sie jedenfalls nicht eine mögliche Stufe auf der Leiter zum Priestertum, unterschied sich also von vornherein von der Weihe männlicher Diakone.
Argument: Es ist insgesamt eine reine Machtfrage!
Es gibt allerdings auch angemaßtes Apostelamt und Dienst an der falschen Sache. Hier ist 2 Kor. 11,13-15 sehr deutlich:
„Denn diese Leute sind Lügenapostel, unehrliche Arbeiter; sie tarnen sich freilich als Apostel Christi. Kein Wunder, denn auch der Satan tarnt sich als Engel des Lichts. Es ist also nicht erstaunlich, wenn sich auch seine Diener als Diener der Gerechtigkeit tarnen. Ihr Ende wird ihren Taten entsprechen.”
Argument: Um Macht geht es den Anmaßenden, den Lügenaposteln – und leider gibt es solche, so wie es in jedem Beruf auch Unfähige, Pfuscher und Prahler gibt.
Wesen des Priestertums ist Dienst, nicht Macht. Paulus schreibt (1 Kor. 4,9): „Ich glaube nämlich, Gott hat uns Apostel auf den letzten Platz gestellt, wie Todgeweihte; denn wir sind zum Schauspiel geworden für die Welt, für Engel und Menschen.”
Δύναμις, Macht, kommt im Neuen Testament nicht als Eigenschaft der Apostel oder irgendwelcher Christen vor, sondern entweder als Eigenschaft Gottes oder in der Bedeutung „Wunder” (die EU schreibt „Machttaten”), die entweder Gottes Werk sind oder Seinem Willen widersprechen. Einzige Ausnahme:
Mt. 25,15 spricht von der Entlohnung „je nach seinen Fähigkeiten”, τὴν ἰδίαν δύναμιν. An dieser Stelle hat δύναμις also eine andere Bedeutung. Macht ist im Evangelium grundsätzlich nichts, was einem Menschen zukommt.
Nein, Frauen stehen nicht auf dem letzten Platz, jedenfalls nicht in der Kirche. „Nicht Priesterin sein dürfen“ ist nicht frauenfeindlich. „Männer reißen als Priester die Macht an sich – Frauen sollen Priesterinnen werden dürfen, um… öh… zu dienen“? Oder vielleicht doch, um Macht zu haben, die sie dann ihrerseits an sich reißen können?
Ganz abgesehen von dieser logischen Schwierigkeit – wo sehen Sie die Macht eines Pfarrvikars? Oder eines Jesuiten, der in allem seinem Ordensoberen Gehorsam schuldet? Oder eines katholischen Priesters in, sagen wir, Hamburg-Altona? Ja, es gab und gibt leider Machtgefüge und Machtmißbrauch auch bei Geistlichen, aber nicht, weil sie Geistliche sind, sondern weil sie Menschen sind und Menschen unglücklicherweise Sünder sind. (Machtmißbrauch ist nicht spezifisch männlich.)
Im Übrigen haben sie die von Gott verliehene Vollmacht, die Sakramente zu spenden und Dämonen auszutreiben (insbesondere, wenn sie zu Exorzisten ausgebildet sind, aber Taufexorzismus und Kleinen Exorzismus hat jeder Priester gelernt). „Ihm wurde eine Vollmacht erteilt” ist aber nicht das gleiche wie „Er hat Macht” (oder gar „Er ist ein Machthaber”). Die Vollmacht zahlreicher Priester, dem Bösen zu widerstehen, zeigte sich besonders im Priesterblock in Auschwitz. Macht hatten ihre Peiniger.
Und haben Frauen in der Kirche tatsächlich keinen Einfluß? Als Pfarrsekretärinnen, Gemeindereferentinnen, Dozentinnen der Theologie, Katechetinnen, Rendantinnen etc. haben sie wahrlich viel Einfluß (unschön ausgedrückt: Macht). Frauen in leitenden Positionen der Wirtschaft gibt es weit weniger.
Argument: Aber die Bibel wurde von Männern geschrieben, und durch den Filter dieser männlichen Brille sehen wir die ganze Verkündigung.
Hätten die Autoren eine männlich-chauvinistische Weltsicht propagieren wollen, so hätten sie dazu die besten Möglichkeiten gehabt. Stattdessen haben sie ihren männlichen Zeitgenossen zugemutet, Maria, die Mutter Jesu und Maria aus Magdala einstimmig so zu erwähnen, dass ohne diese beiden das Erlösungswerk entweder nicht stattgefunden hätte oder nicht bemerkt worden wäre. Sie hätten Jesu besonders liebevolle Art gegenüber Frauen verschweigen können und taten es nicht. Wenn Paulus gewollt hätte, hätte er keine einzige Frau der jungen Christenheit erwähnen müssen – stattdessen nannte er mit wahrer Begeisterung Frauen. Das mit der männlichen Brille ist ganz einfach Unfug.
Argument: Die kirchliche Tradition ist von Thomas von Aquin geprägt, und der schreibt in der Summa Theologica, die Frau sei ein minderes Männchen.
Ach ja, schreibt er das? Nein: Er zitiert sinngemäß diese aristotelische These und widerlegt sie. Dass das Zitat selbst von katholischen Theologen immer wieder herangezogen wird, um die angebliche Frauenfeindlichkeit des Aquinaten und der ganzen Kirche zu beweisen, zeigt nur, dass leider nicht einmal alle katholischen Theologen gelernt haben, mittelalterliche Texte sinnerfassend zu lesen. Ich als Frau und Laie helfe ihnen gerne – und zwar mit Wissen und Billigung der Kirche, denn es steht geschrieben (und der Aquinat bezieht sich darauf), dass die Frau als Beistand des Mannes geschaffen ist.
Thomas schreibt also (Summa Ia, q. 92), der (von ihm hochverehrte) Aristoteles habe gesagt, die Frau sei ein minderes Wesen als der Mann – und Thomas beweist, dass Aristoteles hier im Unrecht ist. Man spricht bei dieser im Mittelalter üblichen Form der schriftlichen Auseinandersetzung übrigens von These und Gegenthese. Thomas hält gegen den Irrtum des Aristoteles:
„Man kann im Menschen das Abbild Gottes auf dreifache Weise sehen: Erstens derart, dass der Mensch die natürliche Fähigkeit hat, Gott zu verste hen und zu lieben, und diese Fähigkeit besteht in der Natur des Geistes, die allen Menschen gemeinsam ist. Zweitens, weil der Mensch gemäß seinem Handeln oder seiner Anlage Gott erkennt und liebt, aber noch unvollkom men; und so ist er Abbild durch die Wesensgleichheit aufgrund der Gnade. Drittens, weil der Mensch in seinem Handeln Gott erkennt und vollkommen liebt; und so wird das Abbild nach seiner Ähnlichkeit bemerkt aufgrund der Ehre. …
Im Mann ebenso wie in der Frau wird das Abbild Gottes gefunden, soweit zu dem, was hauptsächlich die Beschaffenheit des Abbildes aus macht- also zur verstandesmäßigen Natur. Wie es in Buch Genesis heißt, Zum Abbild Gottes schuf Er ihn – also den Menschen -, und weiter, Männlich und weiblich schuf Er sie (und zwar heißt es „sie”, Plural, wie Augustinus bemerkt); das kann nicht so verstanden werden, dass beide Geschlechter in einem Individuum vereint waren.”
Wie Augustinus widerlegt auch Thomas die Auffassung, die Frau sei in anderer Weise als der Mann oder auch gar nicht Ebenbild Gottes: „quod prima facie absurdum videtur” – „Das ist ganz offensichtlich absurd.” Denn „Männlich und weiblich schuf Er sie: Das Abbild Gottes wird nicht etwa an den unterschiedlichen Geschlechtsmerkmalen erkannt, sondern das Abbild Gottes ist beiden Geschlechtern gemeinsam, da es nach dem Geist besteht, in dem es keinen Un terschied der Geschlechter gibt.“
Thomas gesteht jedem Geschlecht eine ganz eigene Würde zu. Dass er Frauen mindere Geisteskräfte zutraut als Männern – geschenkt, da irrt er halt. Im Gegensatz zu zahlreichen Modernen setzt er aber Fähigkeiten nicht mit Wert und Würde gleich. „Der Aquinat hält Frauen für minderwertig” ist ein Schwindel, der sich deswegen hält, weil das Lesen der Summa zahlreichen Feministen zu unbequem ist.
Argument: Die Heilige Theodora wird auf einem zu ihren Lebzeiten entstandenen Mosaik als Bischöfin bezeichnet!
Papst Paschalis I. (+824) ließ in Rom für seine Mutter Theodora eine dem Heiligen Xenon geweihte Kapelle bauen. Ein Mosaik in dieser Kapelle zeigt ihn selbst, die Heiligen Prasexis und Pudentiana sowie Theodora. Theodora trägt einen eckigen Heiligenschein (als Hinweis, dass sie zum Zeitpunkt der Erstellung des Mosaiks noch lebte) und um ihren Kopf die Inschrift „Theodora Episcopa”. Das wird als Beweis angesehen, dass im 9. Jh. Priesterinnen geweiht wurden. Der Schriftzug meint wohl: dies ist die Mutter des Episcopus von Rom, ist also als Hinweis auf den Papst und als Ehrenzeichen zu verstehen. Die Annahme, es gebe einen einzigen Hinweis auf eine Bischöfin und absolut keinen auf irgendeine andere katholische Priesterin, ist nicht besonders durchdacht.
Argument: Aber es hat schon mal eine Päpstin gegeben!
Mitte des 13. Jhs. berichten die Dominikaner Stephan von Bourbon und Jean de Mailly von einer Päpstin, die gegen Ende des 11. Jhs. amtiert haben soll. Frühere Belege für eine Päpstin existieren nicht.
Es gab im 11. Jh. vier Gegenpäpste und zwei Päpste mit unklarer Legitimität, im ersten Viertel des 12. Jh. noch einmal drei Gegenpäpste. In eine so turbulente Zeit des Papsttums wird also in frühesten Quellen, aber mit knapp zweihundertjähriger Verspätung, eine Päpstin versetzt. Gegen Ende des 13. Jhs. schreibt wieder ein Dominikaner die Geschichte noch anders: Martin von Polen, Beichtvater des Papstes, verlegt eine Päpstin ins 9. Jh. Diese Johanna (nach anderen Quellen Gilberta, Jutta oder Theodora) hatte einen Liebhaber. Als Mann verkleidet, studierte sie in Athen, ging unter dem Namen Johann von England nach Rom und hielt brillante Vorlesungen. Nach dem Tode Papst Leos IV. wurde sie 855 einstimmig zum Papst gewählt. Ihrem Geliebten blieb sie aber treu. Im dritten Jahr ihres Pontifikats wurde sie schwanger, kam während einer feierlichen Prozession in den Lateran nieder und starb an Ort und Stelle. So die Geschichte; ich überlasse es Ihnen, zu überlegen, ob das rein theoretisch mehr als eine Räuberpistole sein kann.
855, im Jahr der angeblichen Päpstinnenwahl, gab es zwei Tage lang einen Gegenpapst, Anastasius III. Reguläre Päpste waren: Leo IV (+ 17. Juli 855) und Benedikt III. (geweiht 29. September 855, + 17. April 858). Anhänger der Päpstin-Johanna-Fabel behaupten, Benedikt III. sei eine Erfindung – mit dem grandiosen Argument, man wisse so gut wie nichts über sein Leben. Stimmt, wir wissen über Benedikt III. nur, dass er die Heiligkeit der Ehe verteidigte, den Sittenverfall in Adel und Klerus bekämpfte und gegen die Absetzung von Geistlichen durch Laien in England protestierte, sowie sein Weihe- und sein Todesdatum. Das ist alles viel weniger spannend als eine Geschichte mit Travestie, Sex und spektakulärem letzten Auftritt. Und deshalb ist es viel wahrscheinlicher als eine Päpstin Johanna.
Vom 8. bis zum 12. Jh. gibt es nicht den geringsten literarischen oder künstlerischen Hinweis auf eine Päpstin: kein Lied, keine Satire, keine Prozessakten oder anderen Aufzeichnungen, keine Drôlerien in irgendwelchen Manuskripten, nichts. Selbst wenn wir davon ausgehen müssen, dass nur etwa 10% aller mittelalterlichen Handschriften erhalten sind, fällt das auf. Die Handschriften des Marianus Scotus aus dem 11. Jh. enthalten keine Hinweise auf eine Päpstin, aber in der ersten Zeit des Buchdrucks taucht sie plötzlich in Drucken seines Werkes als „authentisch” auf. Aus der Sicht eines Verlegers ist eine Päpstin seit der frühen Neuzeit ungebrochen verkaufsfördernd.
Die Annahme, dass es eine Bischöfin und eine Päpstin im 9. Jh. (oder meinetwegen im 11. Jh., wer will da streiten) gegeben hat, von einer einfachen Priesterin aber die ganze Zeit keine Rede war, ist albern. Hätte es diese Päpstin aber doch gegeben, was wäre damit bewiesen? Dass in der Kirche auch schlimme und falsche Dinge passieren, wie zum Beispiel Ehebruch, Lüge, Anmaßung und Prahlerei. Das wußten wir schon.
Eine Priesterinnenweihe nähme Männern und Frauen ihre je eigene besondere Eigenart. Sie würde die Besonderheit und spezifische Schönheit der Geschlechter verwischen. Menschliche Natur und Heilsordnung können nicht entkoppelt werden; zum gottgewollten, heilen und zur Heiligkeit berufenen Menschsein gehört die volle Bejahung des eigenen Geschlechts.
Männer können unter Umständen Priester werden. Gebären können sie ebenso wenig wie die Jungfrauen- oder Witwenweihe empfangen. Kein Grund zum Neid.
Ein oft zitiertes Gedicht der Verfechterinnen einer Priesterinnenweihe stammt von dem Priester Andreas Knapp:
frauenfragen
wenn eine frau
das WORT geboren hat
warum sollten frauen dann
das wort nicht von der kanzel kündenwenn eine frau
für ihr zuhören gelobt wird
warum sollten frauen dann
als gelernte nicht auch lehrenwenn eine frau
die füße jesu küsste
warum sollten frauen dann
den altar nicht küssen könnenwenn eine frau
den leib christi salben konnte
warum sollten frauen dann
nicht zum salbungsdienst befähigt seinwenn eine frau
jesu sinneswandlung durch ein brotwort wirkte
warum sollten frauen dann
bei der wandlung nicht das brotwort sprechenwenn eine frau
von jesus krüge voller wein erbitten konnte
warum sollten frauen dann
über einen kelch mit wein nicht auch den segen sprechenwenn eine frau
den jüngern als apostelin vorausging
warum sollten frauen dann
zur apostelnachfolge nicht auch gerufen sein (Erstveröffentlichung: Magazin „kirche in”, Österreich 2018)
Du lieber Himmel, dachte ich, als ich das konzentriert las – da wird ja alles mit allem verglichen. Das kann ich auch:
Wenn eine Frau
sich umdrehte und zur Salzsäule wurde
warum soll eine Frau dann nicht
zur Salzsäule werden, wenn sie das Wort umdrehtWenn eine Frau
den Diener ihres Mannes begehrte
ihn dann verleumdete und in den Knast brachte
warum soll eine Frau dann nicht
die Diener ihres Herrn verleumdenWenn eine Frau
die königliche Nachkommenschaft ausrottete
um den Thron zu gewinnen
warum soll eine Frau dann nicht
als Priesterin Macht ausüben [vgl. 2 Kön. 11]Wenn eine Frau
den leidenden Hiob verhöhnte
warum soll eine Frau dann nicht
den leidenden Christus verhöhnenWenn eine Frau
den Täufer um Kopf und Kragen tanzte
warum soll eine Frau dann nicht
sich selbst um Kopf und Kragen reden
Und, wie mein geschätzter Bloggerkollege Peter Esser hinzufügte:
wenn eine frau
von sieben dämonen befreit
werden konnte,
warum nicht ein frauenverband
von siebenundsiebzig tausend
Auf Glatteis begebe ich mich bei meiner Kritik an und vor feministischen Theologinnen nur insofern, als Papst Alexander IV. 1255 den Disput zwischen Laien und Häretikern verboten hat.
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Von Claudia Sperlich
geboren 1962, ist Dichterin, Schriftstellerin, Bloggerin und Lateinübersetzerin aus Berlin. Sie sieht die katholische Kirche als Heimat und Familie. Sie schreibt u.a. für Radio Horeb, Tagespost, X451, kath.net. u.a. Blog: https://katholischlogisch.blog; Bücher: https://tredition.de/autoren/claudia-sperlich-14209/