In Katholisch. de lesen wir aktuell: „Mit der Beauftragung der außerordentlichen Taufspenderinnen und -spender reagiere das Bistum auf eine seelsorgerlich „schwierige Situation“, die durch die rückläufige Zahl von Diakonen und Priestern entstanden sei.“ Wir lesen weiter: „Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck beauftragte in einem Gottesdienst 17 Pastoral- und Gemeindereferentinnen sowie einen Gemeindereferenten für diese sonst in der Regel Geistlichen vorbehaltene Sakramentenspendung.“ Die „schwierige Situation“ – also offenbar viele Taufanfragen bei zu wenigen Taufspendern – scheint also einfach gelöst worden zu sein und das auch noch fortschrittlich, wie katholisch.de titelt: „Im Bistum Essen spenden nun auch Frauen die Taufe.“
Von Störchen und Taufen
Gibt es in Essen etwa noch eine heile katholische Welt, während es anderswo eher einen Austrittsstau vor Standesämtern gibt? Ein Zahlenvergleich zwischen ordentlichen Taufspendern und zu Taufenden löst die „schwierige Situation“ allerdings statistisch überraschend anders auf: Aus der Jahresstatistik des Bistums Essen aus dem Jahr 2020 werden 2.827 Taufen gemeldet bei einer Anzahl von 502 Priestern und Diakonen. Das wären frei nach Adam Riese pro Jahr für jeden Täufer gerademal 5,6 Taufen!
Offensichtlich stehen Anzahl der Täufer und zu Taufende im Bistum Essen aber genauso wenig in einem kausalen Zusammenhang, wie der Rückgang der Störche mit der Abnahme der Geburten von Kindern. Vielmehr scheint aber ein kausaler Zusammenhang zu bestehen zwischen den Auffassungen des Ruhrbischofs und seines Generalvikars und der freudigen Berichterstattung von katholisch.de, dass doch Laien vor allem Frauen, in bisher Klerikern vorbehaltene Tätigkeiten eingerückt werden.
Auf die Idee, dass man Laien und vor allem Frauen auch in anderer Weise bei der Spendung des Taufsakraments einspannen könnte, ist man nicht oder will man wohl nicht kommen. In unserer Pfarrei etwa leiten mehrere Frauen und ein Mann ein Taufseminar für Taufbewerber. Diese aber auch die Eltern Taufkindern werden in mehreren katechetischen Treffen auf die Spendung des Taufsakramentes vorbereitet, während der Priester, der allerdings auch in die Katechese eingebunden ist, am Ende selbst die Taufe vornimmt.
Die kausalen Verknüpfungen im Bistum Essen gehen mir allerdings nicht aus dem Kopf. Ich muss an Heinz Erhardt denken: Ein Schelm der dabei nichts Böses denkt! Könnte es sein, dass man die Gemeinden in homöopathischen Dosen daran gewöhnen möchte, dass auch andere Sakramente entmännlicht werden mögen?
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von Dr. phil. Helmut Müller
Philosoph und Theologe, akademischer Direktor am Institut für Katholische Theologie der Universität Koblenz-Landau. Autor u.a. des Buches „Hineingenommen in die Liebe“, FE-Medien Verlag, Link: https://www.fe-medien.de/hineingenommen-in-die-liebe
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