Alles in der Kirche läuft gerade auf den ersten Blick ziemlich schlecht – und zwar, egal, auf welcher „Seite“ man steht. Die Synodalreformer sind enttäuscht, weil ihre Ideen nach Jahrzehnten immer noch nicht umgesetzt wurden, die Synodalkritiker befürchten hingegen, dass es aber bald so sein könnte. Der „ganz normale Gläubige“ hat auf all die Kirchenpolitik gar keine Lust, und das Urteil der Medien und der restlichen Gesellschaft muss man gar nicht erst erwähnen, denn das Image der Kirche könnte aktuell kaum schlechter sein.
Die Haltungen der verschiedenen Gruppen, die man regelmäßig antrifft, kann man folgendermaßen zusammenfassen:
„Alles ist schlecht“,
„Früher war alles besser“ und
„Wenn xy umgesetzt wird, wird alles endlich gut sein.“
Vielleicht ist es Pessimismus, vielleicht ein Stück Realismus, im besten Fall auch eine gute Portion Idealismus, die einen zum Handeln bewegt. Aber trotzdem lauert bei allen Haltungen die Gefahr, etwas aufzugeben, was eine Grundkompetenz des Christen ist: Hoffnung.
Die christliche Hoffnung
Hoffnung ist nicht nur etwas Profanes, das uns antreibt, weil wir auf ein bestimmtes Ergebnis hoffen. Hoffnung im Christentum hat ein Gesicht und einen Namen: Jesus Christus. Und diese Hoffnung ist immer da, egal, ob sich unsere Wünsche und Hoffnungen für die Kirche realisieren lassen oder nicht. Eine Kirche ohne Hoffnung geht zugrunde, verfehlt ihren Sinn – ist nicht einmal wirklich Kirche, wenn Jesus es ist, der unsere Hoffnung ist. Er hat im Letzten alles in der Hand. Oder wie es Benedikt XVI: in seiner Enzyklika „Spe Salvi“ ausdrückt:
„Nicht die Gesetze der Materie und der Evolution sind die letzte Instanz, sondern Verstand, Wille, Liebe – eine Person. Und wenn wir diese Person kennen, sie uns kennt, dann ist wirklich die unerbittliche Macht der materiellen Ordnungen nicht mehr das Letzte; dann sind wir nicht Sklaven des Alls und seiner Gesetze, dann sind wir frei.“ Spe Salvi 5
Jesus Christus schenkt also Freiheit. Freiheit, die befähigt, ihn als Herrn über jeder Situation anzuerkennen. Er macht uns frei davon, sich von aktuellen Krisen so erschrecken zu lassen, dass wir die Hoffnung aufgeben.
Mut zum Realismus
Hoffnung ist dabei kein utopischer Optimismus, der alles schönredet. Es geht nicht darum, vor lauter Optimismus die Augen vor den Problemen zu verschließen. Ganz im Gegenteil: Es geht darum, eine klare und vernünftige Vorstellung davon zu haben, wie die Dinge wirklich sind. Wer die Augen vor den Fakten verschließt, lebt in seiner selbst-gebastelten Traumwelt und hat schon verloren. Wer kirchlich engagiert ist, regelmäßig betet aber nicht genau weiß, was der Synodale Weg ist, (liest diesen Blog vermutlich nicht und) sollte sich bitte dringend informieren, was gerade in der Kirche passiert.
Nur wer realistisch sieht, in welcher Situation die Kirche steht, kann dieser auch mit echter Hoffnung begegnen. Wer sich in vermeintlicher Sicherheit wiegend mit seinem Boot treiben lässt, braucht nicht viel Hoffnung, kommt aber nicht ans Ziel. Wer aber sieht, dass das Boot ein Leck hat, muss handeln und braucht Hoffnung, dass das noch was wird. Und wer das Leck sieht, aber nichts tut, tja…
Der Blick auf das Gute
“When things are getting better we often don’t hear about them. This gives us a systematically too-negative impression of the world around us, which is very stressful. (Wenn etwas besser wird, hören wir oft nichts davon. Dadurch bekommen wir einen systematisch zu negativen Eindruck von der Welt um uns herum, was sehr belastend ist)“, schreibt Hans Rosling in seinem Bestseller “Factfulness”. Und wie sehr spricht diese Erkenntnis in die aktuelle Kirchensituation hinein? Ein Drama jagt das nächste, ein Skandal den anderen. Und all das Gute, das oft im Verborgenen (oder in anderen Ländern) geschieht, ist natürlich weniger oft eine Pressemitteilung wert.
Aber es geschieht so viel Gutes. Von all den kleinen und großen Taten der Nächstenliebe, über Glaubensaufbrüche und wachsende Initiativen, bis hin zu Bekehrungen, Berufungen und Menschen, die ganz neu Gott begegnen und in ihr Leben lassen. Wie sehr bräuchten wir in dieser über-dramatisierten Welt mehr vom hoffnungsvollen Realismus, der die Dinge sieht, wie sie wirklich sind, im Schlechten, aber bitte auch im Guten!
Das Streben nach dem Besseren
Hoffnung treibt uns zum Handeln an. Ohne Hoffnung, dass sich auch etwas ändern kann, bewegen wir uns nicht und bleiben in unserer eigenen „pity party“, drehen uns selbstmitleidig um uns herum und übernehmen keine Verantwortung. Ohne realistische Hoffnung hätte sich der kleine Hobbit Frodo in Tolkiens Meisterwerk „Herr der Ringe“ wohl nicht auf den Weg gemacht, um den Ring zu zerstören. Ein nicht-realistischer Frodo hätte die Probleme und Gefahren des Weges ausgeblendet und ein nicht hoffnungsvoller gar keinen Weg gesehen. Ohne realistische Hoffnung ist die Welt verloren, und auch die Kirche hat keine Zukunft. Noch einmal Spe Salvi:
„Daß es diese Zukunft gibt, ändert die Gegenwart; die Gegenwart wird vom Zukünftigen berührt, …“ Spe Salvi 7
Die Hoffnung auf eine bessere Welt, auf Gott selbst, der das ewige Leben, vollkommene Freiheit und totale Freude ist, verändert die Gegenwart. Und was wir aus ihr machen.
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Katharina Hauser
26 Jahre alt, Studium der Theologie. Viel Erfahrung in der kirchlichen Jugend- und Erwachsenenbildung in Pfarreien und Kontexten von Neuen geistlichen Gemeinschaften. Nach dem Sammeln beruflicher Erfahrung in Politik, Pfarrei und an der Universität nun tätig im Referat für Neuevangelisierung im Bistum Passau.
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