Eine päpstliche Breitseite direkt vor den Bug:
Eindringlicher kann Papst Franziskus die deutschen Bischöfe nicht mehr warnen.
Selten hat der Papst so rasch – geradezu postwendend – geantwortet wie auf den Brief von vier ehemaligen Teilnehmerinnen des soganannten Synodalen Wegs, den Professorinnen Hanna Barbara Gerl-Falkowitz, Marianne Schlosser, Katharina Westerhorstmann und der Journalistin Dorothea Schmidt. Das Veröffentlichungsdatum des 10. November zeigt, dass sich niemand Illusionen über die Haltung des Papstes angesichts des deutschen Ausscherens aus der Gemeinschaft der Weltkirche machen soll. Martin Brüske ordnet die Aussagen des Briefes theologisch ein.
- Vier tief um die Einheit der Kirche besorgte Katholikinnen – ehemalige Synodale des sog. „Synodalen Weges“, eine Journalistin, drei Wissenschaftlerinnen – schreiben dem Papst. Der Papst antwortet postwendend. Ebenso rasch stimmt er der Bitte zu, das päpstliche Antwortschreiben der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Schon dieser Vorgang als solcher ist sprechend: Offensichtlich geht es um ein Thema, dem Papst Franziskus äusserstes Gewicht und höchste Dringlichkeit beimisst.
- Der Papst wählt als Datum für die Antwort den 10. November, den Gedenktag seines Vorgängers Leo des Großen, der herausragendsten Papstgestalt des 5. Jhdts. Zugleich ist es der Tag, an dem in Deutschland der sog. „Synodale Ausschuss“ errichtet wird. Das ist hochsymbolisch: Franziskus gibt seine skeptische Ablehnung des deutschen Unternehmens direkt zu Protokoll.
- Denn der Papst schliesst sich der Sorge der Briefschreiberinnen in vollem Umfang an. Die deutschen Bischöfe haben es bis zum November 2023 nicht geschafft, die päpstlichen Sorgen auch nur im Ansatz zu zerstreuen. Im Gegenteil!
- Der Papst sieht die deutsche Kirche auf einen gefährlichen Strudel zusteuern. Es geht nicht allein um den sog. „Synodalen Ausschuss“. Es geht um eine Vielzahl konkreter Massnahmen, mit denen der sog. Synodale Weg in die Wirklichkeit umgesetzt werden soll. Diese sieht der Papst mit äusserster Sorge. Denn sie entfremden die deutsche Kirche zunehmend vom Weg der universalen Kirche. Das Ende dieser Dynamik ist der Untergang im Abgrund der Spaltung.
- Der Papst bestätigt in aller Klarheit die durch das Schreiben vom 16.1.23 geschaffene Rechtslage. Es handelt sich bei diesem Schreiben nicht etwa um eine unverbindliche Meinungsäusserung, sondern um ein veritables, in forma specifica erlassenes Verbot der Errichtung des Synodalen Rats, dessen Vorläufergremium der Ausschuss erklärtermassen sein soll. Der Papst sagt nun hier ausdrücklich „ich“ für die, die sich bislang die Augen und die Ohren zugehalten haben.
- Noch einmal erklärt der Papst diese Gremien als mit der sakramentalen Struktur der Kirche unvereinbar. Zur Erläuterung: Sie genügen in ganz grundlegender Weise nicht dem in der Wesensstruktur der Kirche begründeten Zusammenspiel von synodaler Gemeinschaft und der – in sakramentaler Sendung vermittelten – apostolischen Vollmacht. Das ZDK besteht aber für diese Gremien kategorisch auf dieser wesenswidrigen Struktur und ein grosser Teil der deutschen Bischöfe hat sich in die Gefangenschaft dieser Forderung begeben.
- Papst Franziskus bleibt zutiefst skeptisch gegenüber einer Pseudo-Erneuerung durch neue Gremien. Sie setzen nur die systemische Grundkrankheit der Kirche, ihre Selbstbezogenheit (autorreferencialidad) fort. Wirkliche Erneuerung kommt aus geistlichen Quellen. Er verweist erneut auf seinen „Brief an das pilgernde Gottesvolk in Deutschland“. Man muss leider am 21.11.2023 immer noch feststellen, dass der sog. „synodale Weg“ und seine Nachfolgegremien die Rezeption dieses tiefen und reichen Dokuments – jenseits ornamentaler Zierzitate – konsequent verweigert.
- Papst Franziskus möchte den Holzhammer von Zwangsmassnahmen (noch) vermeiden. Aber er hat nun – in einer Weise die für ihn nicht untypisch ist – ein eindeutiges Signal gegeben: Eindeutiger und eindringlicher geht es kaum. Mit anderen Worten: Das Flaggschiff Petri hat der deutschen Kirche eine ganze Breitseite vor den Bug gesetzt. Wer das nicht gehört und gesehen haben will, trägt die volle Verantwortung dafür, wenn er schlussendlich im Strudel der Spaltung verschwindet.
Dr. theol. Martin Brüske
Martin Brüske, Dr. theol., geb. 1964 im Rheinland, Studium der Theologie und Philosophie in Bonn, Jerusalem und München. Lange Lehrtätigkeit in Dogmatik und theologischer Propädeutik in Freiburg / Schweiz. Unterrichtet jetzt Ethik am TDS Aarau.Bildquelle: Imago Images