Zu jeder Kommunikation gehören zumindest zwei. Kardinal Woelki wird von höchster Stelle vorgeworfen, Fehler in der Kommunikation begangen zu haben. Nach einer Bußzeit über gemachte Fehler kehrt er am Aschermittwoch in sein Erzbistum zurück. Kann es nicht vielleicht auch Kommunikationsstörungen von unten nach oben geben? Jedenfalls ist von Bußfertigkeit von unten nichts zu bemerken, auch nicht in homöopathischer Dosierung. Man gewinnt den Eindruck, es sind da keine Fehler gemacht worden. Hin und wieder helfen markante Geschichten bei der Gewissenserforschung. Eine solche möchte ich erzählen. Wer möchte, kann mit mir eine Phantasiereise ins zweite Jahrtausend vor Christus ins Nildelta machen. Jede Ähnlichkeit mit lebenden Akteuren ist beabsichtigt, auch schon vor Aschermittwoch. Man stelle sich vor, in Ägypten hätte es damals einen Radiosender „Stimme des Pharao“ gegeben (zugrunde liegen folgende Passagen der Murrerzählungen)


Irgendwo zu Füßen eines hohen Berges , der Auslandskorrespondent von Radio Stimme des Pharao berichtet:

„Stimme des Pharao: Die Stimmung unter den Migranten aus der Provinz Gosen ist am Tiefpunkt. Uns ist es gelungen mit drei Anführern zu sprechen, deren Meinung als repräsentativ für die Stimmung des Volkes gelten kann. Kore, würden Sie noch einmal den Machtbereich des Pharao verlassen?

Kore: „Ganz entschieden nein. Im Nachhinein muss ich sagen, wir haben gar nicht gewusst, wie gut es uns ging. Wir hatten zu essen und zu trinken und gingen einer Arbeit nach. Jetzt fehlt es an allem, und was uns versprochen wurde liegt in weiter Ferne. Staub, Sand und Hitze bringen uns um, und ob dahinter überhaupt noch was kommt ist mehr als fraglich.“

Die Stimmung der Migranten aus der Provinz Gosen ist am Tiefpunkt

„Stimme des Pharao: Datan, haben Sie denn wenigstens die religiöse Freiheit gefunden, die Sie gesucht haben?

Datan: „Auch das nicht, alles ist reglementiert. Wir sollen an einen Unsichtbaren glauben, der angeblich nur mit Mose spricht. Jede andere Form von Religion ist verboten. Wir dürfen nicht heiraten, wen wir wollen. Wir sollen ins Nichts hinein beten, dürfen keine Amulette, keine Bilder, keine Statuen, einfach nichts haben, was man sehen, anfassen und berühren kann. Wir dürfen nicht so feiern wie die anderen, keinen Wein trinken und auch nicht mit allen Frauen, die uns gefallen, einfach mal lustig sein. Man wird in seinem ganzen Leben und Handeln geknebelt und geknechtet, das hätten wir auch in Ägypten haben können und zwar mit Wein, Frauen und an Fleischtöpfen.“

Aaron versteht uns, der ist an der Basis. Er hat uns erlaubt um ein goldenes Kalb zu tanzen

„Stimme des Pharao: Abiram, was sagt denn eigentlich Ihr Anführer Mose dazu?

Abiram: „Der ist seit Tagen verschwunden, oben auf dem Berg, betet, fastet und redet mit seinem unsichtbaren Gott. Der ist auch, wenn er mal hier ist, immer weit weg vom Schuß, redet lange ganz vergeistigt von seinem unsichtbaren Gott und verlangt von uns, auch an Dinge zu glauben, die nicht gelebt werden können, die wir nicht verstehen, die wir einfach nicht wollen. In Ägypten war vieles, wahrscheinlich sogar alles besser.

Nur sein Bruder Aaron hat Verständnis für unsere Situation, der ist an der Basis, der hat uns auch jetzt erlaubt ein goldenes Kalb herzustellen. Darum herum möchten wir tanzen, singen, beten und einfach fröhlich sein. Und wenn wir Wein hätten, würden wir denselben auch trinken. Der versteht uns. Moses, der hat den Kontakt zur Basis verloren. Aaron, das ist ein guter Führer, der nörgelt nicht ständig rum, macht keine Vorschriften, fordert nicht ständig eine Umkehr, dessen Gott ist wirklich menschenfreundlich. Da gibt es diesen Veränderungsdruck nicht. Jeder kann sein Leben leben wie er will, ohne diese Vorschriften wie aus einer anderen Welt, in der eben Mose lebt, oben auf dem Berg. Bei Aaron leben wir hier unten. Unter seiner Führung können wir leben wie wir wollen. Der hat den Kontakt zur Basis nicht verloren.“

„Stimme des Pharao: Hm, wenn das so ist, warum sind Sie dann eigentlich aus Ägypten ausgezogen?

Kore, Datan und Abiram: „Ja, das fragen wir uns manchmal auch.“

 

von Helmut Müller

 

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