Die katholische Kirche in Deutschland verliert immer mehr an Boden. Statt sich zu überlegen, wie man dem Auftrag Christi – Geht hinaus in die Welt und verkündet das Evangelium – unter diesen Bedingungen weiterhin gerecht werden kann, hat die Mehrheit der deutschen Bischöfe nichts Besseres zu tun, als dem deutschen Gremienkatholizismus, dem die Leute in Scharen davon laufen, ein weiteres Gremium hinzuzufügen: den Synodalen Ausschuss. Helmut Müller schlägt vor, einmal an Gremien zu fasten.

Fasten mit säkularem Migrationshintergrund

Die Fastenzeit hat begonnen. Es geht dabei nicht darum, gar nichts zu essen und zu trinken, sondern alles in Maßen zu tun. Überhaupt, Fasten ist mittlerweile aus dem kirchlichen, sakralen Raum ausgewandert und mit diesem Migrationshintergrund in profane, säkulare Räume in der Weise als Heilfasten eingewandert. Es gibt auch eine Art Remigration aus diesem säkularen Raum in den sakralen, z. B. das Autofasten in der evangelischen Kirche, in der „Werke“ – und dazu gehört Fasten – offensichtlich nicht nur einen katholischen, sondern in dieser Weise auch einen säkularen Migrationshintergrund haben.

Der Mensch lebt, wie wir wissen, nicht vom Brot allein. Erst recht nicht der Christ. Das Wort des Evangeliums zeigt ihm die Richtung seiner Werke. Aber nicht alle Werke passen gleich gut zum Wort des Evangeliums. Daran erinnerte mich dieser Tage eine liebe Bekannte, als sie mich aufforderte, schreib doch einmal etwas zu Gremienfasten. Dahinter steht die Frage: Sind Gremien die richtigen Werke, das Wort des Evangeliums in die Tat umzusetzen? Darüber kann gestritten werden. Aber gibt es davon gerade in Deutschland nicht schon genug? Jedenfalls ist die deutsche Bischofskonferenz in Augsburg dabei, sich für ein neues Gremium stark zu machen. Sie wollen nämlich ab Montag, dem 19. Februar, darüber entscheiden, ob sie die vielen Gremien, die es in der katholischen Kirche in Deutschland schon gibt, um ein weiteres vermehren: Gemeint ist der Synodale Ausschuss. Und wenn es schon um Gremienfasten geht, verstößt genau dieses neue Gremium sogar gegen alle Diätvorschriften aus Rom und zudem kommt es auch zu kirchenrechtlichen Unverträglichkeiten. Also sehr gute Gründe für Gremienfasten.

Diätvorschriften aus Rom und kirchenrechtliche Unverträglichkeiten

Im Folgenden möchte ich einmal Worte und Werke einander gegenüberstellen. An den Worten des Evangeliums sollte nicht gefastet werden, sehr wohl sollten aber passende Werke in den Blick genommen werden. Es sollte auch kein Hungerfasten werden, sondern eine Art Heilfasten. Ich will einmal einen Plan für ein solches kirchliches Heilfasten mit besonderem Blick auf gremienähnliche Gebilde und den Geist dahinter aufstellen und Fastenvorschläge für eben solche durchdeklinieren.

Gut katholisch ist es, das Wort des Evangeliums auch in „Werken“ zu verkünden. Und da muss sich das Wort Wege bahnen durch ein Gestrüpp aus pastoralen Räumen, Plänen, Gremien, Netzwerken, Basisgemeinden, Kompetenzschulungen und Strategieplänen. Das Wort muss jedenfalls zum richtigen Werk passen. Wie könnte also der Menüplan für das Heilfasten an gremienähnlichen Gebilden aussehen, wenn es darum geht, den Auftrag Jesu zu erfüllen, das Evangelium zu verkünden:

Kein transzendentales Hungerfasten, sondern sinnästhetisches Heilfasten

Es sollte auf gar keinen Fall ein transzendentales Hungerfasten à la Magnus Striet sein, in dem die Schrift auf ein Kochrezept schrumpft, Kant eine größere Rolle spielt als Christus und nach Hegel jede Zeit ihre Suppe kochen kann. Alles katholisch Sinnliche wird darin transzendental ausgesiebt. Entsprechend fade schmeckt sie dann. Eher sollte es ein sinnästhetisches Heilfasten à la Robert Spaemann sein, wie er es in seinem Umgang mit der Schrift in den Meditationen eines Christen darlegt. Das Wort des Evangeliums im Denken des Theologen Magnus Striet kommt offensichtlich weniger zur Geltung als im Denken des Philosophen Robert Spaemann[1], das schlussendlich auch in ein Gebet mündet. Das vorweg, wenn beim Fasten das Wort des Evangeliums der Maßstab für die Werke sein soll und gremienähnliche Gebilde und auch der entsprechende Geist ausgesiebt werden sollen. Hier einige Eckpunkte des Menüplans für o. g. Heilfasten:

Biblische Vollwertkost statt Gremienfastfood

  • Biblische Vollwertkost statt Gremienfastfood
  • Nur Bioprodukte – etwa Heilige, die uns schon als Zeugen des Evangeliums vorausgegangen sind, statt Instantpräparate wie Kompetenzschulungen.
  • Freilanderzeugnisse – wie Nachfolge Christi im Alltag, statt Pastoralpläne aus der Käfighaltung.
  • Christliches Zeugnis – frisch aus dem Garten, statt Dosennahrung aus dem pastoralen Raum.
  • In Ruhe gereift – wie das Evangelium im Sauerteig der Kirchenväter, statt nur schnell „sättigendes Linsenmus“ mit modischem theologischen Geschmacksverstärker.
  • Sorgfältige Zubereitung aus ausgewählten Zutaten – Lieben in einer Theologie des Leibes, statt lieben à la carte und deren Unverträglichkeiten ausschließend in penibel sterilisierten Körpern durch Produkte der Petrochemie und Pharmazie[2].
  • Und das Ganze sollte mit dem Prädikat „Ökologie des Menschen“ (Papst Benedikt) lehramtlich zertifiziert und kirchenjuristisch verträglich sein.

Machen sich die Bischöfe ab Montag darüber Gedanken oder ersticken wieder Gremien einmal mehr das Wort des Evangeliums?


[1] In den späten 90er Jahren oder den frühen 2000ern, war ich einmal zufällig Zeuge wie Spaemann in der Münchener Theatinerkirche aus dem Beichtstuhl kam, also das Wort Umkehr sehr ernst nahm. Das hatte mich schon damals beeindruckt.

[2] Diesen Gedanken verdanke ich den Vorlesungen des unvergessenen Schweizer Jesuiten Paul Erbrich in meiner Münchener Zeit an der Hochschule für Philosophie der Jesuiten. Er meinte damit „ökologisch lieben“ ohne die Produkte der Petrochemie und Pharmazie, Pille und Kondom.


Dr. phil. Helmut Müller
Philosoph und Theologe, akademischer Direktor am Institut für Katholische Theologie der Universität Koblenz. Autor u.a. des Buches „Hineingenommen in die Liebe“, FE-Medien Verlag


Foto: Adobe Stock

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