„Im Dschungel der synodalen Strategien“ – Erfahrungen mit der Kirchenpolitik in der Synodalen Vollversammlung

Dorothea Schmidt

Bei der Vorbereitung auf diesen Studientag, habe ich mich gefragt: Braucht die Kirche überhaupt einen Anlass für Reformen? Grund für den Synodalen Weg waren ja die Missbrauchsfälle in der Kirche. Als der Synodale Weg geplant wurde, sahen die Befürworter die Kirche an einem Wendepunkt. Die Organisatoren sagten: „Es soll nun Schluss sein mit Vertuschen und Augen verschließen. Die Karten sollen offen auf den Tisch. Jetzt muss es um die Opfer gehen und darum, Missbrauch zu bekämpfen! Das klang gut. Ich ging offenen Herzens an das Thema heran.

Als ich dann aber berufen wurde, diesen Erneuerungsweg mitzugestalten, peu à peu der synodale Forderungen-Katalog herauskam und es ums Kleingedruckte ging, war ich dann doch immer wieder ziemlich irritiert: Wir sollen nicht nur die kirchliche Sexuallehre kippen und Sternchen-Zungenbrecher zum Besten geben, sondern auch das Priestertum abschaffen (zumindest es in Frage stellen), ein LGBT-Sakrament installieren und ein Rätesystem einführen. Die Schöpfungsordnung soll ersetzt werden durch die gender-Anthropologie mit vielen sexuellen Identitäten. Mann und Frau. Das war einmal. Davon sind die meisten überzeugt. Wo geht es hier um Missbrauchsbekämpfung?

Der Bischof von Rom hat die Deutschen mehrmals ermahnt. Aber irgendwie scheint das Niemanden wirklich zu interessieren. Was interessiert – zumindest die Medien – sind die tiefen Gräben, an deren Rändern sich die beiden Lager (strukturelle vs. geistige Reformen) gegenüberstehen und einfach nicht zueinanderkommen Gibt es etwas, das uns eint – außer der Kirchensteuer? Der Katechismus ist es jedenfalls nicht. Ich habe den Eindruck, das Ziel des Synodalen Weges sei die totale Veränderung der DNA der katholischen Kirche; ein Eingriff in ihre Sakramentalität und den apostolischen Glauben.

Und dann frage ich mich: Reicht es aus, etwas zu verändern, um schon von Reform zu sprechen? Oder welche Eigenschaften muss eine Veränderung vorweisen, um sie sinnvoller Weise als Reform bezeichnen zu dürfen? Und wieso brauchen Katholiken einen Anlass zu Reform (Missbrauch)? Gilt für uns nicht semper reformanda, egal aus welchem Anlass, um zurückzufinden zu Christus?

So habe ich auch den Heiligen. Vater verstanden. Zur Eröffnung der Weltsynode sagte er, es komme vor allem auf ein „Mehr“ an. Mehr Gebet, mehr Hören auf den Geist Gottes, und dann Unterscheidung und Selbstprüfung, ob wir wirklich auf dem Weg gehen, den Jesus für seine Kirche festgelegt hat.

Der Erzbischof von New York, Kardinal Timothy Dolan, hat das gleich aufgegriffen, ins Praktische übersetzt und uns sieben Schlüsselpunkte für eine erfolgreiche Reform mit synodaler Beteiligung auf den Weg gegeben. Das sind:

1. Zentralität des Heiligen Geistes;

2. In der Welt sein, ohne von der Welt zu sein

3. Sakralität des menschlichen Lebens

4. Jesus ist es, der uns leitet

5. Den Bedürftigsten helfen

6. Gebet und Sakramente

7. Loyale Katholiken sein

An diesen Punkten soll sich also messen lassen, ob eine Synode erfolgreich denkt und arbeitet. Ich dachte mir: Wenden wir sie also an, um den Synodalen Weg in Deutschland zu betrachten. Dazu möchte ich Sie herzlich einladen.

Punkt 1: Zentralität des Heiligen Geistes

Die Energie und die Führung der Kirche muss vom Heiligen Geist kommen und nicht von uns selbst. Heißt: Seine Führung erschließt sich aus dem Gebet und nicht aus der Parteitagstaktik.

Ich habe oft den Eindruck, es geht auf dem Synodalen Weg mehr um Machtpolitk, Interessen und Tagesordnungsmanagement als um Geschwisterlichkeit und Geistlichkeit und das Hören auf den Geist Gottes. Anders als zu Beginn wird jetzt vor Versammlungsbeginn ein HL Geist Gebet vorgelesen, das finde ich schön. Aber warum gibt es keine Anbetung, Zeit für hörendes Beten und Unterscheiden (und Coaching: Was ist das/wie geht das?) – damit wir Gottes Führung durch den Hl überhaupt erkennen und lernen, Gottes Stimme zu hören und von anderen Stimmen zu unterscheiden? Ein Gebet zu sprechen heißt nicht automatisch, dass der Hl Geist uns lenkt oder wir auch auf ihn hören. Auch ein Aufeinanderhören gehört dazu, denn das Wirken des Hl Geistes zeigt sich auch in der Einheit. Wir können Korrektiv füreinander sein.

Aber nicht wenige von uns hatten schon zu Beginn den Eindruck, dass die Ziele des Synodalen Weges längst festgezurrt waren. Jeder Widerspruch dazu sowie Beiträge in Bezug auf die Vorgaben Gottes wurde im Keim erstickt, Einwände wurden abgelehnt. Schon bei der 1. Synodalversammlung wurde uns Konservativen das Wort gekappt oder sind ausgerechnet kritische Wortmeldungen unter den synodalen Tisch gefallen und erst später wieder aufgetaucht. Wortbeiträge musste man schriftlich mit Namen und Anliegen einreichen. Das Karten verschwinden, kann natürlich passieren, aber seltsam war es. Ich hätte mir auch gewünscht, dass wir uns Zeit genommen hätten für die vielen Alternativtexte, die zuletzt den Synodalen Weg geflutet haben, aber die hat das Synodenpräsidium mit dem Argument vom Tisch gewischt, dass das „zu viel kleinteiliges Arbeiten an einzelnen Textzeilen sei“.

Ich habe manchmal den Eindruck, man würde uns am liebsten aus dem Diskurs werfen. Die regelmäßigen Schüsse des ZdK-Präsidenten Thomas Sternberg in unsere Richtung sind auch eindeutig: Wir stören. Unter anderen stichelte er einmal, dass es „tö­richte Bemerkungen“ zum Synodalen Weg gäbe, die unterstellen würden, die „Protestantisierung“ der ka­tholischen Kirche voranzutreiben und dass diese Menschen den Prozess ausbremsen würden. „Törichte Bemerkungen“ – solche Aussagen nennt man Framing, in der Schule würde man Mobbing sagen… Wir haben hier so eine schräge Debattenkultur, wie sie manchen in der Politik unangenehm auffällt.

Für mich hat diese eigentlich kirchliche Veranstaltung nichts Kirchliches, sondern eher etwas von einem Parteitag mit linker Forderungswut, grünen Allüren und viel Persönlichkeitsmanagement; einer politischen Bühne also, die sich nach Meinungen der Wähler dreht, wo ein politischer rauher Tonfall und eine angespannte bis aggressive Stimmung herrschen und Mehrheiten organisiert werden – das ist der Synodale Weg.

Für den Heiligen Geist bleibt wenig Raum, sich zu entfalten. Gemeinsames Ringen, gemeinsames Hinhören: Das ist nicht der Stil des Synodalen Weges. Wir haben zudem 1 bis 2 Minuten Redezeit. Das Wie soll man in wenigen Worten die kirchliche Lehre und die christliche Anthropologie erklären, die vielen kein Begriff und völlig fremd ist? Was der Mainstream sagt und will, muss man nicht näher erläutern, aber die christliche Anthropologie und katholische Lehre sehr wohl. Ich fände es angebracht und notwendig, der Minderheit mehr Rederecht einzuräumen, denn wenn ca. 10 von 9 Beiträgen den Mainstream abbilden, dann geht die eine Meinung von uns Minderheit auch zahlenmäßig völlig unter.

Jedenfalls frag ich mich: Würde der Heilige Geist sich selbst widersprechen und die Vorgaben und die Kirche Gottes grundlegend verändern? Besonders denke ich hier an die neue Sexualmoral. Wie bitte will man mit einer willkürlichen Zeitgeistmoral Missbrauch ausbremsen? Ich war dankbar, dass die synodalen Architekten damit nicht nur auf Gegenliebe gestoßen sind. Bei einem der Hearings, vom BDKJ organisierte Online-Treffen zu bestimmten Themen aus den Foren, stießen sie statt auf den erhofften und erwarteten Zuspruch auf viel Gegenwind. Besonders herrlich war ein Kommentar zur geplanten und kontrovers diskutierten Sexualmoral, den jemand in den Chat schrieb: „Und was, wenn wir einfach wieder das tun, was Jesus gesagt hat?“ – Tja, dann wäre des Synodale Weg ja vorbei!

Punkt 2: „Während wir in der Welt sind, sind wir nicht von der Welt

Die Prinzipien, die uns leiten, kommen aus dem Evangelium, der Offenbarung und dem Erbe der Lehre der Kirche. Kurz: aus Christus, nicht aus unseren Wünschen und Alltagserfahrungen.

Wir können nicht Gott sein Werk wegnehmen, es korrigieren und ihm zurückgeben mit der Bemerkung: 6, setzen. Wir machen’s selber. Genau das tun wir aber auf dem Synodalen Weg. Die Prinzipien dort spiegeln kirchenpolitische Interessen, Herzenswünsche und biographische Brüche, wie schon zu Beginn offenbar wurde als einige Synodale Zeugnis in der Eröffnungsmesse gaben. Aus den meisten sprachen Groll und Enttäuschung, negative Gefühle, aus denen heraus Forderungen an die Kirche, an den Synodalen Weg, formuliert wurden.

Mein Fazit: Nicht Gottes Prinzipien leiten uns, sondern die Lebenswirklichkeiten der Menschen von heute – die sollen die ewigen Gesetze Gottes schleifen, damit die Kirche anschlussfähig bleibt. Als ich einer solchen Forderungen einmal einen standard-katholischen Beitrag über die Ergänzung und Polarität von Mann und Frau sowie zur katholischen Sexualethik entgegensetze – da rauften sich die Matadore die Haare, schüttelten sich vor Entsetzen und rangen vor Empörung um Fassung.

Unter anderem hatte ich gesagt, dass wenn man Sexualität von der Fruchtbarkeit trennt, könne man auch Fruchtbarkeit von Sexualität entkoppeln. Dann scheint es ok, den Menschen zu planen und zu produzieren. Damit wird aus dem Geschenk Mensch aber ein Produkt Mensch. Und was wir produzieren können, können wir auch zerstören. Ich denke an die zig-tausend Embryonen, die weltweit in Tiefkühltruhen gelagert werden, deren Recht auf Leben missachtet wird. Auch das ist eine Folge davon, wenn der Mensch sich von seiner Natur trennt und sich zum Produkt macht.

Punkt 3: Sakralität des menschlichen Lebens

Hier geht es um die Würde jedes Menschen und um die Berufung zur Heiligkeit, herausgefordert durch den Alltag. Ziel ist nicht Gleichheit oder Gerechtigkeit, sondern die Heiligkeit.

Als ich zur 2. Synodalversammlung das Messegebäude betreten wollte, sah ich Frauen Banner hochhalten, auf denen stand: „Gleiche Rechte, gleiche Würde.“ Sie riefen nach dem Priesteramt. Wir hatten über Würde gesprochen. Aber wenige scheinen wirklich zu glauben, dass Gott uns allen als seine Abbilder und sozusagen Verweise auf IHN selbst, eine großartige Würde eingeschrieben hat, die uns nichts und niemand nehmen kann.

Für die Frauenweihe wurden auf dem Synodalen Weg gern Argumente ins Feld geführt wie beispielsweise das Gleichheitsgebot aus dem Galaterbrief. Hier ab­zuleiten, es gäbe keinen Unterschied zwischen Frauen und Männern und Frauen müssten daher auch Priesterin­nen werden, finde ich theologisch und biologisch un­terbelichtet. Das ist zu einfach. Solche Argumente bilden aber die Grundlage für Entscheidungen und Diskussionen in dieser Reformrunde.

Und warum wird die Frauenweihe gefordert, wenn neuerdings gleichzeitig darüber diskutiert werden soll, ob es das Priesteramt überhaupt noch braucht? Hier muss man nicht viel weiterdenken, um festzustellen, dass dies das Ende der katholischen Kirche wäre: Ohne Priester keine Eucharistie – damit würde die Quelle des christlichen Lebens versiegen. Oder soll der männliche Priester komplett durch Priesterinnen ersetzt werden? Das wäre nicht Machtbekämpfung, sondern Machtumkehrung inklusive Inhalts-Aufgabe. Dann können wir Sing-, Spiel- und Erzählfeiern in der Kirche abhalten – aber keine Heiligen Messen mehr!

Reform der Kirche bedeutet nicht Wunscherfüllung, sondern, Menschen darin zu bestärken und ermutigen, die Heiligkeit anzustreben, und das erfolgreich. Statt „Gleich Rechte, Gleiche Würde“, sollten wir hochhalten: „Ein Gott, ein Retter, eine Offenbarung.“

Punkt 4: Jesus ist es, der uns leitet

Wir sollen den Weg in die himmlische Heimat mit Jesus als unserem Führer, seiner allerseligsten Mutter und den Heiligen gehen.
Der Rahmen der Reform ist die Gemeinschaft der Heiligen, und die gruppiert sich um Jesus, oder wenn wir es weiblich wollen: um seine Mutter.

Wer oder was leitet den Synodalen Weg? Es sind die Lebenswirklichkeiten der Menschen von heute. Aber ist die katholische Kirche ein Service-Unternehmen, das sich nach den ständig ändernden Bedürfnissen der Klienten ausrichten muss? Jesus hat sich auch nirgendwo eingeschleimt, nach Bedarf die 10 Gebote umgeschrieben, oder einen Betriebsrat für das Reich Gottes eingeführt.

Es ist Gottes Kirche, nicht unsere. Er hat sie uns anvertraut, bleibt aber Stifter und Chef. An Ihm müssten wir uns ausrichten. Und dann könnten wir Heilige mehr einbeziehen, aber die scheinen ein rotes Tuch zu sein auf dem Synodalen Weg. Vor allem die Theologie des Leibes von Johannes Paul II. sollte man niemals erwähnen, wenn man vor allem die vielen der älteren Synodalendamen und -herren gesundheitlich behüten und davor bewahren will, dass der Blutdruck explodiert.

Und was ist mit der Muttergottes? Wenn wir über Frauenförderung reden, wenn wir als Frauen hoch hinaus wollen, dann sollten wir sie doch zum Vorbild nehmen. Wir ignorieren sie aber, beten nicht einmal ein AVE auf dem Synodalen Weg. Dabei hat sie es richtig weit gebracht, genießt heilsgeschichtlich gesehen eine Stellung, wie sie kein Mensch vor oder nach ihr je erreicht hat. Eine evangelische Pfarrerin sagte mir nach einem TV-Talk, man müsste die Weiblichkeit wieder in die protestantische Kirche hineintragen, denn mit Maria habe man die Weiblichkeit verbannt. Das Marianische sei die Stärke der katholischen Kirche. Bingo!

Wie Recht sie hatte. Das wünsche ich mir: Mehr Weiblichkeit in der Kirche. Mehr Demut. Mehr Gebet. Mehr Dank an Gott. Mehr Bewusstsein, dass wir in Seiner Hand liegen. Dass allein er unsere Stärke ist. Dass wir Mitarbeiter von sind an seiner Schöpfung. Dass wir alle Empfangende sind und mit leeren Händen vor ihm stehen. Dass alles Gute und alles Schöne ein Spiegel der Liebe und Größe Gottes ist. Die Haltung, die zum Ausdruck kommt, wenn Maria sagt: „Mir geschehe nach Deinem Wort.“ Oder „Was Er Euch sagt, das tut.“ Diese Haltung fehlt uns in der Kirche, fehlt dem Synodalen Weg.

Punkt 5. Den Bedürftigsten helfen

Also den Kranken, Schwachen und Armen.
Hier ist unser Platz als Reformkatholiken

Wenn ich an die armen, krankgemachten Missbrauchsopfer und daran denke, dass wir den Missbrauch bekämpfen wollen: Wie bitte soll eine quasi nicht mehr existente bzw. zeitgeistaffine Sexualmoral Missbrauch ausbremsen und Opfer schützen? Opfer hätten sich doch gewünscht, dass die Täter sich an der Lehre orientiert hätten! Als ich das sagte und auch auf Zahlen, Fakten und Unstimmigkeiten der MHG Studie hinwies, z.B. darauf, dass mehr als 2/3 der Opfer männlich und die meisten in der Vorpubertät sind, wie das zu bewerten sei, wurde ich – gelinge gesagt – mit einem Schwall empörtester Entrüstung übergossen. Aber müssen wir nicht auch unliebsame Fakten, alle Aspekte berücksichtigen, wenn wir Missbrauch bekämpfen wollen?

Der DBK-Vorsitzende Bischof Bätzing, kritisierte Kritiker wie Bischof Voderholzer, der von „Instrumentalisierung des Missbrauchs“ sprach; das sei unerlaubt und anmaßend. Seit wann brauchen wir eine Legitimierung für meine Meinung zu diesem Thema? Außerdem – ist das nicht so, dass Missbrauch instrumentalisiert wird? Es wird sogar emotionalisiert und skandalisiert, wenn ich z.B. an den Fall Woelki denke, der auf jede erdenkliche Weise in Presse und Social Media fertig gemacht wird.

Wenn wir emotionalisieren, verlassen wir die Ebene der Sachlichkeit, die Basis für eine ehrliche und unaufgeregte Debatte ist. Dann geht die Diskussion schnell an den Kernthemen vorbei: Glaubensmangel, fehlendes Glaubenswissen und eine fehlende Christusbeziehung. Aus der Begegnung mit Christus heraus können wir uns Bedürftigen wie Missbrauchsopfern überhaupt erst aus ganzem Herzen zuwenden. Wir können als Kirche den Menschen ja mehr geben als soziale Hilfestellungen. Wir können Ihnen Christus bringen. Seine Liebe.

Wenn wir auf dem Synodalen Weg über Missbrauch sprechen, dann fast nur, um die geplanten Änderungen in der Kirche durchzubringen. Der Satz von Bischof Voderholzer jedenfalls, es handle sich um Missbrauch des Missbrauchs, ist keine Provokation der Minderheit, sondern die Wahrheit!

6. Gebet und Sakramente

Es braucht Glaube, Vertrauen, Gebet, Sakramente und die Gnade Gottes. Uns prägen sollen Barmherzigkeit, Liebe, Entgegenkommen, Freude, Dienst – niemals Härte, Verurteilung oder Stolz. Also: Leben wir aus den Sakramenten!

Ich vermisse auf dem Synodalen Weg Beichtangebote, Anbetung, und die tägliche Heilige Messe. Bei einer Morgenmesse der 1. SV durften Priester und Bischöfe nicht konzelebrieren. Sie mussten später die Hl. Messe auf dem Hotelzimmer feiern, sie haben ja Zelebrationspflicht. Überhaupt steht die Messe nicht täglich auf dem synodalen Programm. Dabei könnte man bei so vielen Bischöfen und Priestern aus dem Vollen schöpfen. Aber, so erklärte mir ein Priester, wenn viele Priester (v.a. wenn sie in roten Gewändern) in die Kirche einziehen würden, dann sei dies DAS Zeichen für Klerikalismus und Machtinszenierung oder Machtmissbrauch schlechthin. Darum sollten Laien, v.a. Frauen einen Wortgottesdienst gestalten.

Nichts gegen Frauenförderung, ich bin auch eine Frau. Aber kann man allen Priestern pauschal Machtgier unterstellen und vermeintliche Macht mit Macht bekämpfen? Also eine Art Machtumkehrung inszenieren – als wären Frauen weniger anfällig für Machtmissbrauch, die Heiligeren? Unser eigentliches Problem ist doch, dass wir auf dem Synodalen Weg von einem weltlich verstandenen Machtbegriff heraus argumentieren und anfangen den Anspruch Jesu an uns, nämlich zu dienen, nivellieren? Das Priesteramt ist keine Rolle, sondern eine Berufung und ein Dienst nach dem Vorbild Christi. Heißt im Klartext: mit der Bereitschaft, für den Glauben zu sterben. Das rote Gewand der Kardinäle ist übrigens in Wirklichkeit Sinnbild für die Bereitschaft zum Martyrium.

Wie ist das mit Verurteilung und Härte? Mein Traum war echte Synodalität, ein echter, offener und fairer Dialog und ein Ringen um Argumente. De facto signalisieren manche mit in die Luft fliegenden roten oder grünen Karten vom BDKJ, durch Applaus oder Buh-Rufe, was sie von Wortbeiträgen halten. Hier werden die Zungen gewetzt und Grabeskämpfe ausgetragen. Hinzu kommen verbale Attacken gegen vor allem so genannte konservative Denker. Besonders Bischof Voderholzer wird gern angegriffen. Neulich flogen die roten Karten, noch bevor er überhaupt ein Wort herausgebracht hat. Das zeugt von einer GesprächsUNkultur. Der hat der BDKJ Bundesvorsitzende Gregor Podschun die Krone aufgesetzt als er sagte: Wer gegen die Textvorlagen stimme, stimme zugleich für die Erhaltung von Missbrauch und Gewalt in der Kirche.

Sicher hat es Figuren gegeben, die Macht missbraucht haben. Aber das macht doch gerade deutlich, wie sehr wir Umkehr und die Gnade Gottes brauchen. Und die Sakramente. Und vor allem eine Beziehung zum Herrn. Die Christusbegegnung ist der Dreh- und Angelpunkt jeder Erneuerung!

7. Loyale Katholiken sein

Wir sollen dem Heiligen Vater helfen, die Kirche immer unter der Führung Jesu zu bewahren. Wem sind wir denn loyal?

Loyal bedeutet, den Papst ernst und seine Weisungen demütig anzunehmen – und damit die Einheit der Kirche – geographisch, aber auch auf der Zeitachse in der Gemeinschaft der Heiligen zu wahren. Alle Bitten des Heiligen Vaters, Neuevangelisierung zum Schwerpunkt des Synodalen Weges zu machen, hat das Synodenpräsidium abgelehnt – dabei ist es die Kernaufgabe der Kirche! Auch bischöfliche Ermahnung hat nicht gefruchtet. Die meisten interpretierten die Vorgaben des Papstes als Ermutigung so weiterzumachen auf dem Synodalen Weg.

Ich würde die Uhr gern zurückdrehen, die Themen neu setzen, Neuevangelisierung ein Primat geben, Christus in die Mitte nehmen und die Synodenversammlung neu besetzen. Bisher sitzen überwiegend Menschen in der SV, die tiefgreifende Strukturreformen fordern, die die kirchliche Lehre auf humanistische Füße stellen und zeitgeisttauglich aufpolieren wollen – und die auf dem Papst schimpfen. Sie stellen die Mehrheit und geben als solche den Ton an. Das ist als würden im Bundestag bei einer Abstimmung zum Stopp von Flächenversiegelungen nur Bauunternehmer sitzen. Da ist doch schon vorab klar, wofür sie stimmen. Auf dem Synodalen Weg sind die Bauunternehmer ein Großteil der Bischöfe, der BDKJ sowie Mitglieder des ZdK, also jede Menge Funktionäre. – Wer hat die eigentlich gewählt?

Wir müssten bei „0“ anfangen und überhaupt erst grundlegende Begriffe klären: Was ist Sünde, Wahrheit, Anbetung, Dialog, Neuevangelisierung und Umkehr, Macht und Vollmacht, Tradition und Traditionen, was bedeutet Hierarchie in der Kirche und was ist ein Priester, was ist Eucharistie, woran glauben wir etc.? Und natürlich: Was ist eine echte Reform?

Wenn ich die 7 Schlüssel für mich zusammenfasse, dann heißt Reform in der Kirche, sich an Jesus Christus zu orientieren. Reform ist, wenn unser Licht mehr leuchtet, unser Salz mehr salzt, wenn Jesus noch mehr unser Hirte sein darf. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Nur, wo Wahrheit fehlt, kann man jeden Maßstab ändern. Echte Reform führt und zurück auf den Weg der Nachfolge. Als Kirche müssen wir uns in bester Weise zur Wahrheit der Offenbarung in unserer Zeit bezie­hen. Wir sind dabei, die Konstanz der kirchlichen Lehre an den Nagel zu hängen – zur Zierde und zur Erinnerung an alte Zeiten.

Mein Herzenswunsch ist aber semper reformanda – eine innere Bereitschaft eines jeden Synodalen, ja der ganzen Kirche, aller Gläubigen, sich jeden Tag aufs Neue auf den Weg zu Christus zu machen, die Vergebung aus Seiner Hand zu empfangen, IHM zu begegnen in der Tiefe unseres Herzens. Das ist Reform.


Dorothea Schmidt, Synodalin, Journalistin, junge Familienmutter, Mitarbeiterin Maria 1.0, Buchautorin: „Pippi-Langstrumpf-Kirche“ (2021). Vortrag vom 7. November 2021 im Rahmen des 3. Online-Studientages der Initiative NeuerAnfang.online. Der Vortrag kann auch als Video auf dem Youtube-Kanal von NeuerAnfang angesehen werden unter dem Link: https://www.youtube.com/channel/UCKSX5RHoRU_qdenM7TZb4Nw und steht hier als PDF-Download zur Verfügung:

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