Möglicherweise war es schon immer so geplant, tatsächlich wird aus dem ursprünglich auf zwei Jahre konzipierten, deutschen Reformprozess namens „Synodaler Weg“ gerade ein Drama in zahlreichen Akten und dazu ein Drama mit offenem Ende. Zeit für einen Schlussstrich, will man nicht riskieren, dass sich die katholische Kirche in Deutschland in einen identitätspolitischen Interessenverband verwandelt und damit der eigenen Bedeutungslosigkeit als Kirche nahezu entgegenrennt.
Als die Vollversammlung des Synodalen Weges im Advent 2021 erstmalig ihre Arbeit aufnahm, war nie die Rede von einer „ersten Phase“, also der Option einer Verlängerung, Fortführung oder gar dauerhaften Einrichtung eines wie auch immer gearteten „synodalen“ Gremiums für die katholische Kirche in Deutschland.
Heute, nach dem Ende des offiziellen Synodalen Weges mit seiner letzten Sitzung im März 2023, spricht man auf den Seiten der deutschen Bischofskonferenz offen von einem „vorläufigen Abschluss“, denn „die weitere Bearbeitung der Themen wird der Synodale Ausschuss im Anschluss übernehmen.“ Dies Anschlussgremium, das wieder mit Mitgliedern aus Bischöfen und Laien, nur in einer anderer Konstellation, besetzt wurde, hat man mit einer klaren Aufgabe betraut: Die Themen weiter zu diskutieren und jene Papiere zu beschließen, auf die man sich bislang nicht einigen konnte. Explizite Aufgabe ist aber auch die Konzeption und Installation eines „Synodalen Rates“ für die Katholiken in Deutschland. Ganz schön viel „synodale“ Strukturen und Begrifflichkeit…
Endziel: Pseudo-Kirchenparlament
Damit wäre aber zumindest die Frage beantwortet, was eigentlich das Ziel dieses gesamten Prozesses unter dem Label „Synodaler Weg“ sein soll: Man will als Endziel ein Pseudo-Kirchenparlament namens „Synodaler Rat“ in Deutschland etablieren, das die Macht der Bischöfe begrenzen soll, um stattdessen den Laien die Kompetenzen der Entscheidung nicht nur über Sachfragen, Strukturen und Gelder, sondern auch über Inhalte der Lehre zu überreichen. Natürlich sagt man das nicht so, es ergibt sich aber aus der nahtlosen Übertragung der Aufgaben aus dem ersten Gremium und dem Ziel des Rates. Die letzte Phase des Synodalen Weges soll also eine unendliche synodale Geschichte mit Struktur und vor allem Budget sein.
Nun war schon lange erkennbar, dass die diskutierten Papiere und Forderungen auf dem Synodalen Weg nichts mit dem zu tun haben, was man ursprünglich als Vorwand benutzt hatte, um ihn überhaupt zu starten. Aus der angeblichen Aufarbeitung der Missbrauchskrise war man innerhalb kürzester Zeit zu allen üblichen alten Forderungen einer linken Kirchenbewegung gekommen: Frauenpriestertum erlauben, Bischöfe entmachten, Homosexualität selbst im Priesterseminar erlauben, gleichgeschlechtliche Paare mit kirchlichem Segen versehen, Anerkennung der LGBT-Agenda und ihrer Theorie von der Vielfalt der Geschlechter auch in der Kirche, Taufen und Predigten auch durch Laien erlauben. Man diskutierte ernsthaft sogar die Frage, ob es überhaupt noch Priester in der katholischen Kirche brauche und natürlich den linksliberalen Evergreen: Abschaffung des Zölibats.
Vom Missbrauch des Missbrauchs
Es spricht für sich, dass man zwar vier Foren einrichtete zu den Themen Frauen, Macht, Priestertum und Sexualität, aber kein Forum zum Thema Missbrauch. Bis heute beschweren sich zudem in Deutschland die Betroffenenverbände der Missbrauchsopfer, dass sie dort keinen Raum und keine Mitsprache bekamen. Kein Wunder, niemand wollte sie wirklich hören. Dann hätte man ja auch ernsthaft darüber reden müssen, warum die kirchenrechtliche „Legalisierung“ von Homosexualität nicht die Lösung sein kann in einem Missbrauchsskandal, bei dem es sich statistisch sowohl in Deutschland als auch weltweit zu rund 80 Prozent um ein klar homosexuelles Täterprofil im katholischen Raum handelt. So wurde, statt über Fakten zu reden, lieber das „System Kirche“ in Frage gestellt und allen Ernstes die strenge Sexualmoral der Kirche als Ursache für den Missbrauch erklärt.
Erst nach dem Ende der letzten Sitzung des Synodalen Weges trat der Osnabrücker Bischof Bode, gleichzeitig auch Mitglied des Präsidiums des Synodalen Weges, von seinem Amt zurück. Zuvor war er bereits im vergangenen Herbst durch den ersten offiziellen Zwischenbericht der Universität Osnabrück, die ein Gutachten zur Missbrauchsaufarbeitung in seinem eigenen Bistum erstellt, aber auch von Betroffenenverbänden der Missbrauchsopfer scharf kritisiert worden. Man attestierte ihm Amtsversagen in zahlreichen Fällen. Ein sofortiger Rücktritt wäre nicht nur moralisch, sondern auch kirchenrechtlich schon damals angebracht gewesen.
Auf dem Synodalen Weg forderte seinerzeit jedoch niemand seinen Rücktritt, obwohl es mehr als fragwürdig war, dass Bode dort als Vizepräsident maßgeblich die Agenda bestimmt und Sitzungen leitet im Namen der „Missbrauchsaufarbeitung“, während ihm der Zwischenbericht grobe Versäumnisse in seiner Funktion als Bischof attestierte, gerade beim Umgang mit Missbrauchsvertuschung. Es brauchte erst eine offizielle kirchenrechtliche Anzeige beim Vatikan, den die Betroffenenverbände dort einreichten, bis Bode dann doch nach getaner Arbeit auf dem Synodalen Weg überraschend seinen Rücktritt bekanntgab. Bode fasste man mit Samthandschuhen an, er forcierte schließlich die Reformen. Einen Kardinal Woelki treibt dieselbe Meute bis heute gnadenlos seit Jahren, weil er bei den Reformwünschen nicht mitzieht.
Kollektive Systemkritik statt individuellem Schuldbekenntnis
Der Falle Bode zeigt symptomatisch das deutsche Problem: Statt individuelle Schuld zu benennen, die auch individuell bekannt werden muss und deren Konsequenzen auch persönlich getragen werden müssen, wird nach wie vor die Schuld einem angeblichen Machtsystem der Bischöfe zugeschrieben und der katholischen Sexualmoral, die Menschen angeblich ausgrenze.
Bis heute ist die katholische LGBT-Lobbyvertretung namens #Outinchurch, eine Ansammlung bekennender nicht-heterosexueller kirchlicher Mitarbeiter und Priester, eine der großen treibenden Kräfte dieses gesamten Prozesses. Man muss das verstehen, um zu begreifen, warum der Druck in Deutschland so groß ist, und warum natürlich niemand mit dem Ausgang des Synodalen Weges und dem bisher erreichten Status Quo zufrieden sein kann. Den Konservativen gehen die Beschlüsse zu weit, den Linksliberalen gehen sie noch lange nicht weit genug.
Der deutsche Sonderweg liegt strategisch auf Eis
Die aktuelle Situation in der Anschlussphase des Synodalen Weges ist nun kompliziert. Einerseits ist es still geworden, weil die Arbeit des Nachfolgegremiums des „Synodalen Ausschusses“ erst im November 2023 – also nach der Weltsynode in Rom – seine Arbeit aufnehmen soll.
Das ist insofern recht clever terminiert, weil der Weltkirche und auch dem Vatikan bis dahin nichts zu Ohren kommen wird an absurden und auch konkreten Forderungen katholischer Funktionäre aus Deutschland. Man hat den deutschen Prozess auf Eis gelegt bis zum November und kann gleichzeitig die Illusion bei den progressiven deutschen Laien aufrechterhalten, dass man ja bei der Weltsynode die deutschen Forderungen intensiv einbringen und sicher auch Verbündete gegen die verkrusteten Strukturen in Rom finden werde.
So werden gerade beide Seiten in falschen Illusionen gehalten. Man sollte sich im Vatikan und auch in den bisher schon besorgten anderen Teilen der Weltkirche nicht von der Ruhe täuschen lassen. Es sind leider nur taktische Spielchen, weil man jetzt erstmal die Strukturen und die Finanzierungen klären muss. Und nichts könnte man gerade weniger gebrauchen als weitere hitzige Debatten. Die werden erst wieder aufgenommen, wenn man im Herbst bei der Weltsynode in Rom verbal versichert hat, dass dieser Synodale Rat ganz bestimmt niemals irgendetwas gegen die Lehre und Ordnung der Kirche beschließen oder gar durchsetzen würde.
Dilemma: Die Deutschen planen einen Rat, den Rom längst verboten hat
Andererseits kracht es ordentlich hinter den deutschen katholischen Kulissen und manchmal auch vor Kameras, da wesentliche Fragen nicht geklärt sind, vor allem nicht die kirchenrechtliche Legitimation des Ausschusses, seine Arbeitsweise, aber auch seine Finanzierung und das Endziel – die Etablierung eines Synodalen Rates als eine Art Kirchenparlament – hat Rom gar mit einem Schreiben im Januar 2023 explizit verboten. Man steckt fest in einer unlösbaren Falle. Schafft man ein Gremium, das Bischöfe auch nur im geringsten in ihrem Amt einschränkt, wird Rom möglicherweise härter durchgreifen. Tut man es nicht, eskalieren die deutschen Laien-Funktionäre, die genau diese Entmachtung fordern.
Der Vatikan hatte am 16. Januar schriftlich mitgeteilt, die katholische Kirche in Deutschland sei nicht befugt, einen Synodalen Rat als Leitungsorgan einzurichten. Mehrere Bischöfe, darunter der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, hatten erklärt, man wolle dennoch daran festhalten. Man hat aus Rom zudem angefügt, dass kein deutscher Bischof gezwungen sei, sich an der Arbeit so eines Ausschusses zur Bildung eines Rates zu beteiligen. Der deutsche Nuntius Nikola Eterovic präzisierte gar, „dass nach richtiger Auslegung des Inhalts dieses Schreibens nicht einmal ein Diözesanbischof einen Synodalen Rat auf diözesaner oder pfarrlicher Ebene errichten kann.“ Eine deutlichere Absage an Räte, in welcher Form auch immer, kann es kaum geben. Die Deutschen haben ihn auf dem Synodalen Weg dennoch beschlossen und suchen nun nach einem Weg, wie man das, was man will, durchsetzt, dabei aber so tut, als bewege man sich innerhalb des kirchenrechtlich legitimen Rahmens.
Kein einziger Beschluss ist verbindlich
Die katholische Kirche in Deutschland befindet sich also gerade in einer Art Umsetzungsphase, was nun aber umgesetzt werden darf und soll, steht trotz der Beschlüsse und fast dreijähriger Arbeit nicht fest, weil der gesamte Synodale Weg ein kleines Problem hat: Sogar laut seiner eigenen Satzung ist kein einziger Beschluss verbindlich.
Wörtlich heißt es dort in Artikel 11, Absatz 5:
„Beschlüsse der Synodalversammlung entfalten von sich aus keine Rechtswirkung. Die Vollmacht der Bischofskonferenz und der einzelnen Diözesanbischöfe, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit Rechtsnormen zu erlassen und ihr Lehramt auszuüben, bleibt durch die Beschlüsse unberührt.“
So argumentierten und beteuerten es übrigens auch alle „Botschafter“ des deutschen Sonderweges, wie etwa der Vorsitzende Bischof Bätzing, aber auch die Präsidentin des Laienverbandes ZdK (Zentralkomitee der deutschen Katholiken) und gleichzeitig Vizepräsidentin des Synodalen Weges, Irme Stetter-Karp, unermüdlich gegenüber der Weltkirche und vor allem gegenüber dem Vatikan: Alle Beschlüsse des Synodalen Weges seien kirchenrechtlich nicht bindend und verpflichteten niemanden – auch keinen Bischof – zur Umsetzung. Jetzt will man davon nichts mehr wissen und prangert stattdessen jene Bistümer an, die die Satzung schlicht beim Wort nehmen.
Der Trick der „Selbstbindung“ der Bischöfe
Beim Jahrestreffen des ZdK empörte sich entsprechend die Laienvertreterin Stetter-Karp gerade erst im Mai 2023 lautstark gegenüber der Presse über das „absolutistische Machtsystem“, das ein Ende finden müsse, über Männer, die ihre Macht „zementieren“ und außerdem sei sie „wütend“ über die negativen Reaktionen von Bischöfen und Kurienkardinälen hinsichtlich der progressiven Entscheidungen des deutschen Reformdialogs. Sie betonte, sie „bestehe darauf“, dass die Beschlüsse des Synodalen Weges „in allen deutschen Diözesen“ umgesetzt würden. Insbesondere ist man wenig amüsiert, dass die beschlossene regelmäßige Predigt und Taufe durch Frauen, aber auch das Mitspracherecht der Laien bei der Bischofswahl innerhalb weniger Wochen aus Rom wieder kassiert wurden.
Fakt bleibt also: Kein Bischof in Deutschland muss theoretisch irgendetwas davon umsetzen. Alles läuft auf das hinaus, was die Kritiker dieses Konstruktes von Anfang an benannten: Der Synodale Weg setzt auf medialen und sozialen Druck. Nicht umsonst versuchte man, die Bischöfe in einer Abstimmung zu einer Art „Selbstverpflichtung“ zu nötigen, mit der sie sich zur Umsetzung in ihrem Bistum in einer Art „Selbstbindung“ verpflichten sollten. Dies Papier ist tatsächlich als nahezu einziges nicht abgestimmt, sondern in den neuen Synodalen Ausschuss zur weiteren Beratung überwiesen worden, weil bei der letzten Versammlung des Synodalen Weges im März absehbar wurde, dass er sonst in der Abstimmung verloren worden wäre.
Unhaltbare Versprechungen nach allen Seiten
In der nun eingetretenen Umsetzungsphase des Synodalen Weges zeigt sich das ganze Problem: das Team Bätzing hat den beteiligten Laien mit diesem Prozess etwas versprochen, was kirchenrechtlich nicht umsetzbar war und man wusste es auch. Genaugenommen wussten alle Synodalen es auch, jedenfalls jene, die lesen können. Man hat sich aber auch gerne blenden lassen vom eigenen Enthusiasmus, durch die eigene Sturheit, aber auch von der Hoffnung auf sensationelle Reformen, die von führenden Bischöfen der Bischofskonferenz geschürt wurde – und die nun nicht liefern können.
Jetzt erntet auch Bätzing den Frust jener Funktionäre, die sich fragen, wofür sie eigentlich zwei Jahre lang mühsam an ihren Reformwünschen gearbeitet haben, wenn das alles sowieso nicht umgesetzt wird. Er hatte ihnen schlicht zu viel versprochen und steht gerade zwischen den Fronten jener, die ihn kritisieren, weil er zu weit geht und jener, die ihn kritisieren, weil er nicht weit genug geht.
„Machtverzicht geht nur als Amtsverzicht“
Zahlreiche renommierte Kirchenrechtler haben sich in den vergangenen Jahren zu Wort gemeldet und die Problematik angeprangert, dass hier mit Verbindlichkeiten operiert werde, die schlicht nicht existieren. Zuletzt attestierte der emeritierte Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke dem geplanten Synodalen Ausschuss, dass er kirchenrechtlich gar nicht existiere und sich deswegen als Gremium auch nicht konstituieren und schon gar nicht einen weiteren Rat ins Leben rufen könne. Nur Kleriker könnten Beschlüsse treffen, Laien könnten diese nur vorbereiten, deswegen sei der gesamte Synodale Weg auch nicht mehr als eine Empfehlung, aber niemals bindend. Genauso scharf geht er mit dem Plan ins Gericht, die Bischöfe könnten den Weg in irgendeiner Form freiwillig mitgehen. Lüdecke wörtlich: „Die Legende der freiwilligen Selbstbindung als Reformweg sollte endlich ad acta gelegt werden.“ Für Bischöfe gebe es den „Machtverzicht nur als Amtsverzicht“.
Konsequenz: Veto-Recht der Bischöfe soll abgeschafft werden
Um die Fehler der „Freiwilligkeit“ zu vermeiden, wollen die Laien nun die Arbeit im geplanten Synodalen Ausschuss strategisch anders ordnen, konkret will man das bisherige Veto-Recht der Bischöfe ausschalten, um die Bischöfe überstimmen zu können.
Bislang brauchte es auf dem Synodalen Weg unter den Bischöfen eine Zwei-Drittel-Mehrheit abseits der einfachen Mehrheit des Plenums, damit ein Beschluss gültig ist. Im jetzt neu geplanten Gremium soll es keine Sperrminorität der Bischöfe mehr geben und damit schafft man in Wahrheit die wirklich einzige und letzte Hürde weg, mit der eine Minderheit der Bischöfe das Schlimmste noch verhindern könnte.
Dazu muss man wissen: In der Zusammensetzung des Synodalen Ausschusses sind die Bischöfe sowieso bereits in der Minderheit, weil nur die Diözesanbischöfe, nicht aber die Weihbischöfe obligatorisch berufen sind, manche Bischofsstellen derzeit vakant sind und man überhaupt gespannt sein darf, welche Bischöfe sich beteiligen werden, da sie es ja nicht müssen. Aktuell sind konkret 27 Bischöfe auf der Teilnehmerliste, die restlichen 47 Mitglieder des Ausschusses, die aus den Reihen des ZdK und durch die Vollversammlung des Synodalen Weges gewählt wurden, haben also bereits von der ersten Minute an eine strukturelle Mehrheit. Nur durch ein Vetorecht hätten die Bischöfe überhaupt etwas zu entscheiden – und selbst das will man nun im Keim ersticken.
Wiederholung desselben Tricks
Gleichzeitig bliebe natürlich auch im geplanten Synodalen Ausschuss das kirchenrechtliche Paradoxon stehen: Wunderbar formuliert heißt es, die „Beschlüsse des Ausschusses entfalten dieselbe rechtliche Wirkung wie die Beschlüsse des Synodalen Weges“, siehe Artikel 11, Absatz 5 wie bereits oben erwähnt – nämlich gar keine! Man wiederholt also denselben Trick, indem man vorgibt, kirchenrechtlich sei nichts bindend, was man auch in die Weltkirche und in den Vatikan versichert, um dann anschließend anzuprangern, dass das Beschlossene jetzt doch umgesetzt werden müsse.
Es ist kirchenrechtlich nahezu absurd, dass ein Gremium, das selbst nicht legitimiert ist, ein weiteres Gremium, den Synodalen Rat, schaffen soll. Kann ein Ausschuss, an dem nicht einmal alle Bischöfe Deutschlands teilnehmen werden, und von dem man in Rom gar sagt, es gäbe gar keine Verpflichtung für Bischöfe, sich dort zu beteiligen, überhaupt irgendetwas konzipieren, was für die abwesenden Bischöfe und alle Katholiken Deutschlands danach dennoch bindend sein soll? Einfache logische Fragen für jene, die auch nur Spuren rechtlicher oder kirchenrechtlicher Vorbildung besitzen, bleiben unbeantwortet.
Hoffnungsschimmer: Vorerst kein Geld bewilligt
Die Zeichen stehen also auf Eskalation, und das ist eine gute Nachricht, weil es jeden einzelnen deutschen Bischof endlich dazu zwingt, zu bekennen, wo er steht. Genaugenommen besteht gerade die einmalige Chance, diesem ganzen Spuk in Deutschland ein Ende zu setzen, und zwar durch eine ganz banale Sache: Das Geld zur Finanzierung all dieser Gremien, Ausschüsse und Räte ist noch nicht beschlossen Und ohne Geld kein Ausschuss und auch kein Rat.
Um diese Finanzierung tobt hinter den Kulissen gerade ein Machtkampf. Ganz praktisch wird jener Teil der Arbeit der deutschen Diözesen, den man gemeinsam finanziert, über einen zentralen „Verband der Diözesen Deutschlands (VDD)“ organisiert. Je nach Vermögen zahlen dort alle Diözesen ihren Anteil in die Kasse ein. Alle Diözesanbischöfe beschließen dort gemeinsam und – das ist entscheidend – vor allem einstimmig über die Verwendung der Gelder.
Die inzwischen auf mindestens 7,5 Millionen angewachsenen Kosten des Synodalen Weges wurden ebenfalls aus dieser Kasse finanziert. Und vollmundig hatte der Sprecher der deutschen Bischofskonferenz nach der letzten Vollversammlung auf Anfrage der Presse mitgeteilt, es seien wie auch bisher 2,5 Millionen jährlich für die weitere Arbeit im Synodalen Ausschuss eingeplant. Niemand hat zudem die Kosten eines möglichen Synodalen Rates und dessen Arbeit bis zum Ende aller Tage jemals beziffert. Wir reden hier über nicht unerhebliche Summen. Zumal auch hier davon auszugehen ist, dass über zahlreiche weitere diözesane Fördergelder vor Ort in allen Bistümern weitere Projekte und Umsetzungsstrukturen finanziert würden. Die realen Kosten des Projektes „Synodaler Weg“ sind eine einzige Geschichte des Versteckens und Verschleierns in unterschiedliche Zuständigkeiten.
Verweigerung von Geld als Druckmittel
Es waren die Bischöfe Rainer Maria Woelki, Rudolf Voderholzer, Bertram Meier, Stefan Oster und Gregor Maria Hanke die einst in Rom mit einem Brief um Auskunft baten und damit die päpstliche Antwort über die Unzulässigkeit eines Synodalen Rates provoziert hatten, aber auch die Auskunft über die Nicht-Verpflichtung, sich daran zu beteiligen.
Es sind gerade wieder dieselben Bischöfe, die sich im sogenannten „Ständigen Rat“ der Bischofskonferenz gegen einen Automatismus sperren und die Finanzierung aller weiteren synodalen Phasen und Räte in Frage stellen. Über das Instrument der Finanzierung könnten sie nun sowohl den Ausschuss als auch den Rat zu Fall bringen – wenn sie dem steigenden innerkirchlichen, aber auch öffentlichen Druck standhalten. Genaugenommen reicht sogar ein einziger Bischof, der sich sperrt und das Budget aus der Kasse des VDD kann nicht angefasst werden, weil es einstimmig beschlossen sein muss.
Bereits am 5. April hatte Bischof Rudolf Voderholzer in einem Brief an die ZdK-Präsidenten und den Bischofskollegen Georg Bätzing gefordert, dass für die Aufnahme der Arbeit des Synodalen Ausschusses eine zusätzliche Entscheidung innerhalb der Bischofskonferenz nötig sei und die Abstimmung auf dem Synodalen Weg dafür kein Ersatz sei. In einer ersten Beratung, die im VDD am 24. April stattgefunden hat, wurde man sich offenbar nicht einig.
Bereits seit Wochen drangen Gerüchte über massive Streitereien unter den „Bischofsbrüdern“ an die Öffentlichkeit. So sollen die Kardinäle Marx und Woelki hart aneinandergeraten sein – gleichzeitig sind das auch die Bischöfe der beiden reichsten Diözesen Deutschlands, sie zahlen beide am meisten in den Fond des VDD ein. Bischof Oster hüllt sich zunächst in Schweigen mit dem Hinweis, er werde erst die nächste Beratung am 19. Juni im „Ständigen Rat“ der Deutschen Bischofskonferenz abwarten.
Der Augsburger Bischof Bertram Meier ließ im Mai gegenüber der Presse verlauten, er sehe schlicht ein Dilemma im Synodalen Ausschuss:
„Einerseits teile ich das zugrundeliegende Anliegen, Synodalität als Lebensstil der Kirche in Deutschland zu fördern und zu stabilisieren. Andererseits soll der Ausschuss in einen sogenannten Synodalen Rat münden, gegen den der Papst und wichtige Kardinäle aus Rom mehrfach deutliche Vorbehalte angemeldet haben. Solange weder die genaue Zielstellung noch die konkreten Kompetenzen des Synodalen Ausschusses geklärt sind, ist der Sachstand dazu für mich noch nicht entscheidungsreif. Das betrifft meine Mitwirkung ebenso wie die Mitfinanzierung des Gremiums.“
Erste Bewährungsprobe bestanden: Vorerst kein Geld für Synodalen Ausschuss
Wie das Tauziehen unter den Bischöfen am Ende ausgehen wird, ist derzeit kaum abzuschätzen, allerdings haben jene, die sich sperren, absolut recht: Warum sollten sie mit den Geldern ihrer Diözesen einen Ausschuss finanzieren, an dem sie nicht teilnehmen wollen und auch nicht teilnehmen müssen, wie ihnen ein päpstliches Schreiben höchstpersönlich attestiert? Warum sollten sie einen Ausschuss finanzieren, dessen zentrale Aufgabe es sein soll, einen Rat ins Leben zu rufen, dessen Installation der Papst selbst verboten hat?
Gerade haben vier Bischöfe am 19. Juni 2023 bei der Sitzung der Bischöfe ihren Standpunkt bekräftigt, vorerst die Weltsynode abwarten zu wollen, bevor Sie weitere Entscheidungen treffen. Faktisch haben die Bischöfe gar nicht erst über das Geld abgestimmt, weil klar war, dass es dann für die Progressiven schlecht ausgeht. Teilnehmer der Sitzung berichten vertraulich, der „Crash“ habe jetzt mal stattgefunden. In einer von Bischof Oster veröffentlichten Stellungnahme vom 19.06.2023 heißt es dazu, die Bischöfe Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Stefan Oster (Passau), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln) betonten, dass das Vorhaben, jetzt schon einen Synodalen Ausschuss in Deutschland zu organisieren, der dann einen Synodalen Rat einrichten soll, gegen die klare Weisung des Papstes stehe, daher könnten sie diesen Schritt zum jetzigen Zeitpunkt nicht mitgehen. Die bereits beschlossenen Texte des Synodalen Weges sollen daher jetzt ins Gespräch mit Rom und in den Synodalen Prozess der Weltkirche eingebracht werden. So sei es beim Ad-limina-Besuch der Bischöfe in Rom im November letzten Jahres auch vereinbart worden, bei dem aber ein neues Gremium zu keiner Zeit zur Debatte stand.
Die Kritik der Vier richtet sich aber auch substanziell gegen die Beschlüsse des Synodalen Wegs. So heißt es in ihrer Erklärung weiter: „Beim Synodalen Weg sind Beschlüsse gefasst worden, die bei vielen Gläubigen in der ganzen Welt Unruhe erzeugen: Es geht um tiefe Fragen der Lehre, vor allem um die Lehre von der Kirche, vom Menschen, von den Sakramenten.“ Würde man nun „forciert weitergehen, würden die Polarisierungen unter den Gläubigen bei uns, unter den Bischöfen und im Miteinander der Weltkirche nur noch weiter verstärkt. Manche Fragen seien so tiefgreifend, dass sie nur von einem Konzil geklärt werden könnten.
Auch ohne Geld immer weiter voran
Der progressive Teil der Bischöfe und die Laien diskutieren nun „Synodale Umweg“-Strategien bei der Finanzierung, frei nach dem Motto: Wenn diese vier oder fünf nicht mitziehen, müssen die anderen es eben alleine finanzieren. Sowohl die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) unter Führung von Bischof Bätzing als auch die Laienvertretung des ZdK haben sich sofort entsprechend positioniert. Die DBK ließ in einer Stellungnahme unverdrossen verlauten, „die erste Sitzung des Synodalen Ausschusses soll, wie vorgesehen, am 10./11. November 2023 stattfinden.“ Außerdem würden für die „Begleitung der Weiterarbeit an den Beschlüssen“ und dazu zähle auch die Begleitung des Synodalen Ausschusses, finanzielle und personelle Ressourcen auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz notwendig. Man plant jetzt bereits bis zur „sechsten Synodalversammlung 2026, die die Ergebnisse evaluieren soll“. Da hierüber einstimmig entschieden werden müsse „und vier Bischöfe erklärt haben, einer weiteren Finanzierung des Synodalen Weges über den Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) nicht zuzustimmen,“ müsse nach einem alternativen Finanzierungsmodell gesucht werden, das die Weiterarbeit ermöglicht.
Niemand kann uns stoppen!
Das ZdK unter Führung von Stetter-Karp zeigte sich erfreut über die Zusage „alternativer Finanzierungen“. Dass eine einstimmige Zustimmung zur Finanzierung des Synodalen Ausschusses unter den Bischöfen nicht möglich gewesen wäre, zeige, „dass die ungeteilte Verfügungsgewalt über die Kirchensteuer in den Händen der Bischöfe mit dem heutigen Tag eine Zäsur erfahren hat.“ Es sei an der Zeit, dass das Kirchenvolk und die Bischöfe endlich gemeinsam über Prioritäten und Verteilungen beraten und dann auch entscheiden.“ Wenigstens kann man sagen, dass hier offen ausgesprochen wird, was ebenfalls eines der unausgesprochenen Ziele des Synodalen Weges war: Die Verfügungsgewalt über das Geld von den Bischöfen abzuziehen.
Kommt es zu diesem Szenario einer „alternativen Finanzierung“ wäre es in vielfacher Hinsicht ein Novum und dazu möglicherweise sogar ein Dammbruch. Bislang haben sich die Bischöfe immer am Ende geeinigt, man hat noch nie am VDD vorbei agiert, um etwas durchzusetzen. Wenn man es jetzt tut, könnte das auch zu einer neuen Regel werden und das Prinzip der Einigkeit noch einmal auf einem ganz neuen Themengebiet zusätzlich in Frage stellen.
Fehlende Einigkeit führt zu noch weniger Legitimation
Es ist zudem kein Automatismus, dass sich außer jenen fünf genannten Bischöfen alle anderen an einer alternativen Finanzierung eines Ausschusses auch wirklich beteiligen werden. Nicht wenige Diözesen sind gerade auf hartem Sparkurs wegen sinkender Einnahmen. Wer will da ein weiteres Gremium finanzieren, dessen Sinn sich kirchenrechtlich nicht festmachen lässt? Mit jedem Bistum, das nicht mitmacht, sinkt zudem zusätzlich die Legitimation der neu geschaffenen Gremien:
Sie könnten nichts beschließen, was alle betrifft, nichts durchsetzen, was alle mitmachen müssen. Innerhalb des sowieso schon existenten deutschen Sonderweges würden sich zahlreiche Nebenstraßen und eine immer weitere Entfernung von der Weltkirche entwickeln.
Man darf also gespannt sein, ob jene fünf Bischöfe, die hier (endlich) offen Widerstand zeigen, sich in der Sache noch überreden lassen oder ihren Überzeugungen treu bleiben. Bis zum Abschluss der Weltsynode haben sie jedenfalls etwas Zeit erkämpft. Knicken sie ein, tragen sie jedenfalls die Schuld mit, in einem historischen Moment versagt und mitgeholfen zu haben, neue Strukturen zu ermöglichen und zu finanzieren, die an ihrem eigenen Bischofsstuhl, vor allem aber an der Lehre der Kirche und der Einheit der Weltkirche sägen.
Auf dem Weg in ein „schmutziges“ Schisma
Ganz unter dem Radar der Wahrnehmung in der Weltkirche und der Berichterstattung in den Medien breitet sich allerdings der Ungeist des Synodalen Weges jetzt schon ganz praktisch in deutschen Diözesen aus: Man schafft auch ohne verbindliche Beschlüsse oder gar entgegen den Weisungen aus Rom einfach Fakten und setzt trotzig um, was man will. Es bildet sich damit in Deutschland das aus, was Kritiker des Synodalen Weges, wie etwa die Laieninitiative „Neuer Anfang“ in umfangreichen Analysen vorausgesagt hatten: Es droht ein schmutziges Schisma für Deutschland, da in zahlreichen Diözesen einfach umgesetzt wird, was man will.
Wozu Beschlüsse erkämpfen, Antworten aus Rom abwarten oder gar eine Änderung des Katholischen Katechismus erkämpfen, wenn man in Deutschland auch einfach machen kann, weil einige Bischöfe es nicht nur dulden, sondern sogar mittragen und forcieren?
In diesem Frühjahr fand in der Diözese Aachen mit großem Pomp und Medienbegleitung die Segnungsfeier eines schwulen Paares statt– im Ablauf in großer Verwechselbarkeit mit einer kirchlichen Trauung. Der zuständige Bischof Helmut Dieser ließ verlauten, dass er die Entscheidung, ob ein Priester ein gleichgeschlechtliches Paar trauen will, jedem Priester als „Gewissensentscheidung“ überlasse. Die Lehre der Kirche muss sich jetzt also dem Gewissen des Priesters unterordnen – oder auch dem Druck, den dieser Priester möglicherweise aus der Gemeinde und aus der Presse bekommt, wenn er sich weigert.
„Liturgie“ für Segnungsfeiern für „Paare, die sich lieben“
Erst vor wenigen Wochen veröffentlichte eine Arbeitsgruppe bestehend aus Mitarbeitern unterschiedlicher Diözesen eine neue Anleitung für eine Liturgie für Segensfeiern für alle Paare, die das wünschen, die wegen der geltenden kirchlichen Lehre keine sakramentale Ehe schließen können, deren Verbindung man in Deutschland aber gerade mit einer eigenen Liturgie dennoch segnen will. Zwar ist man in dem Papier verbal bemüht, eine Abgrenzung zu Ehe und zum Sakrament zu finden, faktisch hat man aber eine Bedienungsanleitung geschrieben, wie solche Segensfeiern in ganz Deutschland durchgeführt werden können.
Explizit geht es vor allem um homosexuelle Paare und geschiedene Wiederverheiratete. Man hat auch schon Pläne entwickelt, wie man Mitarbeiter flächendeckend ausbilden kann, damit sie in den Diözesen diese Feiern dann auch durchführen können. Faktisch setzt man hier einen Fuß in die Tür um eine Art Ehe „light“ zu zelebrieren. Die Parole ist aber schon ausgesprochen von zahlreichen Akteuren auf dem Synodalen Weg: Das Endziel ist die Ehe für alle Paare.
Überall neue Stellen für „queere Pastoral“
Wer genehmigt solche Arbeitsgruppen, die parallel zum Synodalen Weg bereits die Umsetzungspapiere ausgearbeitet haben, obwohl noch gar nichts beschlossen war? Aus welchen Diözesen wird das finanziert, dass Angestellte der Kirche ihre LGBT-Lobbyarbeit jetzt im Namen und auch auf Rechnung der Kirche hauptberuflich tun können? In nahezu allen Diözesen fehlt es an Geld und an Jugendarbeit, dennoch werden gerade nahezu überall neue Stellen für „queere“ Pastoral geschaffen und die Budgets dafür freigegeben. Obwohl es durch Rom untersagt wurde, taufen in manchen Bistümern explizit und ohne Not nur noch Frauen, weil man ihnen partout ein Amt geben will. Was Rom vorgibt, ist vor Ort egal. Manchmal verkündet man auch stolz, dass man sich nicht darum schert, was in Rom gesagt wird. Der kleine Tabubruch als großes Rebellentum gegen den Papst.
Seit Januar 2023 verlangt dieselbe katholische Kirche in Deutschland durch ein neues Arbeitsrecht von seinen eigenen Mitarbeitern nicht einmal mehr ein Bekenntnis zum Glauben, das sich in der realen Lebensführung irgendwie zeigt. Es reicht faktisch, dass man auf dem Papier noch Mitglied der Kirchensteuergemeinschaft ist. Was die Kirche als größter Arbeitgeber Deutschlands aber nicht mehr einfordern will und was auch kein Kündigungsgrund mehr sein darf, ist die Frage der persönlichen Lebensführung ihrer eigenen Kirchenmitarbeiter. Explizit ist dabei der Beziehungsstatus, das Sexualleben und auch die sexuelle Orientierung gemeint. Das neue Arbeitsrecht der Kirche verzichtet also darauf, dass gut bezahlte Mitarbeiter, die im Auftrag der Kirche arbeiten, selbst nach den Regeln der Kirche leben. Die eigene Glaubwürdigkeit wird zur Farce, konkret bedeutet es, dass selbst offiziell staatlich „verheiratete“ homosexuelle kirchliche Mitarbeiter jetzt Jugendgruppen, Firmgruppen oder katholische Kindergärten und Schulen leiten können.
Kirchenmitarbeiter werden auf neue Sexualmoral verpflichtet
Bereits vor einem Jahr, also noch während der Synodale Weg als Prozess lief, erschien im Bistum Limburg mit persönlichem Segen des Bischofs Georg Bätzing ebenfalls eine Handreichung mit Leitlinien zur sexualpädagogischen Arbeit, die alle Mitarbeiter des Bistums zu einer Sexualmoral verpflichtet, die ohne Rückbindung auf kirchliche Lehre auskommt, dafür aber wörtlich die Segnung aller sexuell denkbaren Paare (Sexualität zwischen „Frau und Frau“, „Mann und Mann“, oder „zwischen Menschen“, die sich als weder noch definieren) als wünschenswert empfiehlt. Soll man sich freuen, dass man es vorerst wenigstens auf nur zwei Menschen pro Partnerschaft begrenzt? Aber mit welchem Recht werden hier Katholiken auf eine willkürliche neue Moral verpflichtet? Es entsteht die paradoxe Situation, dass lehramtstreue Mitarbeiter unter Kündigungsdruck stehen, während jene, die die katholische Lehre missachten, fortan durch dasselbe Arbeitsrecht geschützt sind.
Die katholische Kirche in Deutschland hat trotz sinkender Kirchensteuereinnahmen leider nach wie vor kein ernsthaftes Finanzproblem, da sie ihre Gelder immer noch durch das einmalige deutsche Kirchensteuersystem auch von jenen bekommt, die zwar getauft sind, aber niemals sonntags in der Gemeinde auftauchen.
Man kann ihr nur wünschen, dass die Zahl der Austritte weiter steigt, damit das Geld für solche Kirchenpolitik ausgeht und sie sich wieder ihrem Unique Selling Point zuwenden muss: Verkündigung der Botschaft Jesu Christi und der Erlösung vom Bösen. Die größten Feinde der katholischen Lehre stehen in Deutschland nicht mit Transparenten vor den Kirchentüren, sie sitzen drinnen am Schreibtisch.
Es bleibt eine nahezu neurotische deutsche Natur, dass man alles, was man tut, unbedingt mit Perfektion umsetzen muss, und sei es der eigene Untergang. Keine Kirche weltweit bezahlt ihre eigenen Feinde jedenfalls so großzügig wie die Deutschen.
Birgit Kelle
publiziert als freie Journalistin und Kolumnistin für verschiedene Print- und Onlinemedien in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu den Themen der Frauen-, Familien- und Genderpolitik. Kelle ist Autorin diverser Bücher („Gendergaga“, „MUTTERTIER. Eine Ansage“, „NOCH NORMAL? – Das lässt sich gendern!“ und zuletzt „CAMINO. Mit dem Herzen gehen“). Sie wurde 1975 in Siebenbürgen, Rumänien geboren und ist Mutter von vier Kindern. www.vollekelle.de
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