Heilige Jahre zu feiern ist eine Tradition der Kirche, die aus der biblischen Tradition der Jubeljahre hervorgeht. Auch das Volk Israel kannte und feierte diese besonderen Jahre. Eine besondere Hinwendung zu Gott, der Schuldenerlass und die Barmherzigkeit standen schon immer im Mittelpunkt dieser Jahre. Das Heilige Jahr 2025 stellt die christliche Tugend der Hoffnung in den Mittelpunkt. Peter Winnemöller liefert geschichtliches Hintergrundwissen dazu.
Alle Jubeljahre . . .
Alle 25 Jahre feiert die Kirche ein Heiliges Jahr. Als äußeres Merkmal werden in diesen Jahren an den vier päpstlichen Basiliken die Heiligen Pforten geöffnet, die zu anderen Zeiten zugemauert sind. Nur in Heiligen Jahren können die Gläubigen die Basiliken durch diese Tore betreten. Die feierlichen Öffnungen nimmt der Papst oder ein von ihm Beauftragter in den ersten Wochen des Kirchenjahres, in dem das Heilige Jahr stattfindet, vor. Den Beginn macht immer der Papst mit Öffnung der Heiligen Pforte des Petersdoms am Heiligen Abend.
Mit einer Pilgerreise nach Rom, dem Empfang des Bußsakramentes sowie der Eucharistie und dem Durchschreiten einer Heiligen Porte ist immer ein besonderer Ablass verbunden, den die päpstliche Pönitentiarie gewährt. Der Papst ruft das Heilige Jahr mit einer eigenen Bulle aus. Am 9. Mai 2024 veröffentlichte der Vatikan die Bulle „Spes non confundit“. Das Heilige Jahr 2025 steht unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“. Außer den regulären Heiligen Jahren alle 25 Jahre kann der Papst auch besondere Heilige Jahre ausrufen. Ein Beispiel war das Heilige Jahr der Barmherzigkeit, welches Papst Franziskus im April 2015 für das Jahr 2016 ausgerufen hatte. Eine Besonderheit damals war die Möglichkeit, auf der ganzen Welt Kircheneingänge zu Pforten der Barmherzigkeit zu erklären. Das gibt es in diesem Heiligen Jahr so nicht. Dennoch hat die päpstliche Pönitentiarie den Diözesen vor Ort Möglichkeiten eingeräumt, den Ablass zu gewähren. Auch mit Pilgern, Werken der Barmherzigkeit oder Verzicht auf soziale Medien können Katholiken den Ablass in diesem Heiligen Jahr erwerben.
„Erklärt dieses fünfzigste Jahr für heilig und ruft Freiheit für alle Bewohner des Landes aus! Es gelte euch als Jubeljahr.“ (Lev 25,10)
Das Heilige Jahr oder Jubeljahr, wie es auch genannt wird, knüpft indirekt an das biblische Erlassjahr an, das einen alle 50 Jahre gebotenen Schuldenerlass und Besitzausgleich an Land für alle Israeliten vorsah, wie es in Lev 25,8–55 beschrieben wird. Außer der Bezeichnung „Jubeljahr“ kennen wir ebenfalls den Namen „Jobeljahr“. Dieser leitet sich vom hebräischen Wort „jobel“ her, das ursprünglich „Widder“ bedeutete. Der Grund findet sich in einem Brauchtum, da nämlich aus Widderhörnern das Blasinstrument gebaut wurde, das zur Eröffnung eines Erlassjahrs geblasen werden soll: der Schofar. So kam das Jubeljahr zu seinem Namen. Auch unser Wort Jubiläum leitet sich vom Jubeljahr ab. Die Redewendung „alle Jubeljahre“ deutet auf ein seltenes Ereignis hin, da ein Mensch in seiner Lebensspanne nur zwei oder drei Jubeljahre erleben konnte.
Eine feste Einrichtung seit über 700 Jahren
Die Kirche feiert Heilige Jahre seit 1300. Es war Papst Bonifatius VIII., der mit der Bulle „Antiquorum habet fida relatio“ am Fest der Kathedra Petri (22. Februar) im Jahre 1300 das erste Heilige Jahr ausrief. Von Beginn an konnten die Gläubigen einen vollkommenen Ablass gewinnen, wenn sie in Rom die Sakramente der Buße und der Eucharistie empfingen und die Heiligen Pforten der Apostelkirchen durchschritten. Das Heilige Jahr sollte alle 100 Jahre gefeiert werden. Nur wenige Jahre später ordnete Papst Clemens VI. die Wiederkehr eines Heiligen Jahres nach jeweils fünfzig Jahren an. Eine Zeit lang wurde sogar alle 33 Jahre ein Heiliges Jahr gefeiert. Dies wurde mit der Lebensspanne Jesu begründet. Im Jahr 1470 legte Papst Paul II. unabänderlich fest, dass die Heiligen Jahre, beginnend mit dem Jahr 1475, alle 25 Jahre zu begehen seien. Der heutige Ritus der Eröffnung der Heiligen Pforten an den vier Papstbasiliken (St. Peter, Santa Maria Maggiore, San Giovanni in Laterano und St. Paul vor den Mauern) wurde erstmals im Jahr 1500 gefeiert. Der Papst öffnet am Heiligen Abend die Heilige Pforte am Petersdom durch symbolische Hammerschläge und schreitet als erster hindurch. Zum Abschluss des Jahres werden die Pforten wieder geschlossen.
Das Jahr der Hoffnung
Heilige Jahre werden bei der Ausrufung oft unter ein Motto gestellt. So stand das bis dato letzte Heilige Jahr unter dem Aspekt des Jahrtausendwechsels. Der große Papst, der zwei Jahrtausende miteinander verband, war Johannes Paul II. Nicht nur weltpolitisch war dieser Papst maßgeblich am Zusammenbruch der menschenfeindlichen Diktaturen des Ostblocks beteiligt. Es war seine Aufgabe, die Kirche in ihr drittes Jahrtausend zu führen. Die große Feier dazu war das Jubiläumsjahr 2000. Vieles ist seitdem passiert. Manche Menschen sehen deutlich weniger optimistisch in die Zukunft als sie es vor 25 Jahren taten. Kriege, Krisen, Migration und Vertreibung, sowie zahlreiche weltpolitische Verwerfungen machen den Menschen Angst.
Papst Franziskus setzt mit einem Jubeljahr einen Impuls der Hoffnung. Die Hoffnung, so der Papst in der Bulle „Spes non confundit“, werde nämlich aus der Liebe geboren und gründe sich auf die Liebe, die aus dem am Kreuz durchbohrten Herzen Jesu fließe. Das Leben des Herrn zeige sich in unserem Glaubensleben, fährt der Heilige Vater fort, das mit der Taufe beginne, sich in der Fügsamkeit gegenüber der Gnade Gottes entwickele und deshalb von der Hoffnung beseelt sei, die durch das Wirken des Heiligen Geistes immer wieder erneuert und unerschütterlich werde. Damit spricht der Papst in eine von Krisen und Ängsten erschütterte Zeit ein aufmunterndes Wort der Hoffnung. Diese christliche Hoffnung soll das ganze Jahr prägen und den Menschen den Weg weisen aus Angst und Pessimismus. Es muss nicht unbedingt eine Reise nach Rom sein. Auch die Diözesen in Deutschland bieten Orte der Hoffnung an, die man als Pilger aufsuchen und den Ablass gewinnen kann. Weitere und aktuelle Informationen rund um das Heilige Jahr finden sich auf einer eigenen Webseite dazu.
Peter Winnemöller
Journalist und Publizist. Autor für zahlreiche katholische Medien. Kolumnist auf dem Portal kath.net. Im Internet aktiv seit 1994. Eigener Weblog seit 2005. War einige Jahre Onlineredakteur bei „Die Tagespost“. Und ist allem digitalen Engagement zum Trotz ein Büchernarr geblieben.