Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, tritt gegenwärtig unseriös auf. Bei der Abschlusspressekonferenzder Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe in Fulda verlangte er am 29. September von Kurienkardinal Kurt Koch eine Entschuldigung und drohte ihm mit einer Beschwerde beim Papst. Martin Grünewald ist der Meinung, dass sich vielmehr Bischof Bätzing entschuldigen müsste.

Kardinal Kurt Koch hatte sich zuvor in einem Interview der „Tagespost“ zum Orientierungstext des Synodalen Weges in einer historisch völlig korrekten Analogie geäußert. Bischof Bätzing hat dagegen die Aussage des Kardinals verkürzt wiedergegeben und damit die Position seines Mitbruders im Bischofsamt in entstellender Weise dargestellt sowie dessen theologiegeschichtlich exakte Analogie ohne Grund skandalisiert.

Legitimation aus trüben Quellen

Zum Hintergrund: Vor und nach 1933 haben die sog. „Deutschen Christen“ damit begonnen, dem Nationalsozialismus eine theologische Deutung und Legitimation zu verschaffen. Für diese Legitimation wurden – ebenso wie für den Synodalen Weg heute – die aktuellen Zeitereignisse („Zeichen der Zeit“) zu einer Quelle, in der sich die Präsenz Gottes zeigt. Gegen diese falsche Theologie richteten sich andere mutige evangelische Christen. In der Bekenntnissynode in Barmen vom 31. Mai 1934 bekannten sie vielmehr in These 1: „… Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes… Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen.“

Dieses Barmer Bekenntnis hatte der Ökumene-Bischof des Vatikans in dem aktuellen Interview zitiert und auf Parallelen beim Synodalen Weg in Deutschland hingewiesen. Wörtlich sagte der aus der Schweiz stammende Kurienkardinal: „Es irritiert mich, dass neben den Offenbarungsquellen von Schrift und Tradition noch neue Quellen angenommen werden; und es erschreckt mich, dass dies – wieder – in Deutschland geschieht. Denn diese Erscheinung hat es bereits während der nationalsozialistischen Diktatur gegeben, als die so genannten „Deutschen Christen“ Gottes neue Offenbarung in Blut und Boden und im Aufstieg Hitlers gesehen haben. Dagegen hat die Bekennende Kirche mit ihrer Barmer Theologischen Erklärung im Jahre 1934 protestiert.“ Dann zitierte Koch aus der ersten These der Barmer Erklärung und ergänzte: „Der christliche Glaube muss stets ursprungsgetreu und zeitgemäß zugleich ausgelegt werden. Die Kirche ist deshalb gewiss verpflichtet, die Zeichen der Zeit aufmerksam zur Kenntnis und ernst zu nehmen. Sie sind aber nicht neue Offenbarungsquellen. … Diese notwendige Unterscheidung vermisse ich im Orientierungstext des „Synodalen Weges.“

Kardinal Koch behauptet also nicht eine materielle Übereinstimmung zwischen den „Deutschen Christen“ und dem Orientierungstext des Synodalen Wegs, sondern eine strukturelle Übereinstimmung im theologischen Denken. Diese allerdings ist problematisch und gefährlich.

Wenn es zum Schwur kommt

Bätzing bezeichnete die Bewertung des Kardinals als „völlig inakzeptable Entgleisung“ und forderte vor Journalisten eine „öffentliche Entschuldigung“ Kochs. Falls dies nicht umgehend geschehe, werde er eine „offizielle Beschwerde“ bei Papst Franziskus einreichen. Damit erweckte Bischof Bätzing den Eindruck, Kardinal Koch habe einen unlauteren Nazi-Vergleich aufgestellt. Es gebe „Versuche der Delegitimierung“ des Synodalen Wegs, klagte Bischof Bätzing und unterstellte seinem Amtsbruder falsche Motive. Wörtlich sagte er auf der Pressekonferenz: „Aus den Äußerungen spricht wie häufiger bereits bei Kardinal Koch pure Angst, dass sich etwas bewegt.“

Beunruhigend ist die aggressive und manipulative Rhetorik, zu der sich Bischof Bätzing hinreißen ließ. Sie ist ein Indiz dafür, dass Kurt Kochs struktureller Vergleich den Kern der Sache getroffen hat. Georg Bätzing und die deutschen Bischöfe, die dem Orientierungstext zugestimmt haben, müssen sich fragen lassen. Wie haltet ihr es mit der ersten Barmer These? Gilt sie? Ja oder Nein?


Martin Grünewald
Der Journalist war 36 Jahre lang Chefredakteur des Kolpingblattes/Kolpingmagazins in Köln und schreibt bis heute für die internationale Nachrichtenagentur CNA. Weitere Infos unter: www.freundschaftmitgott.de

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