Das ZdK fühlt sich von Rom missverstanden und färbt sich und den Synodalen Weg schön — allerdings unter Zuhilfenahme von Halbwahrheiten. Kommentar einer ehemaligen Synodalen.

Die „Katholische Nachrichtenagentur“ (KNA) hat am Sonntag einen Bericht veröffentlicht, in dem sich das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) nach seinem Rombesuch über angebliche Missverständnisse in der Kurie beklagt, sowohl die eigene Rolle innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland als auch den Synodalen Weg ordentlich schönfärbt und sich rühmt, dem Vatikan endlich klar gemacht zu haben, wer das ZdK als Laienvertretung wirklich ist. Das ändert trotzdem nichts an der Tatsache, dass beim Besuch in Rom — außer einigen netten Gesprächen — nichts Substanzielles herausgekommen ist.

Verfassung der Kirche neu aufziehen

Warum also nimmt sich das ZdK so wichtig? Es ist nicht einmal die Laienvertretung der katholischen Kirche in Deutschland, sondern es vertritt die Belange einiger, die sowohl die Verfassung der Kirche als auch die Anthropologie völlig neu aufziehen möchten. Da gibt es nichts schönzureden oder Halbwahrheiten zu präsentieren, wie in dem Bericht geschehen, in der Hoffnung, Rom würde sich doch noch auf die Seite der ZdK-Führung schlagen. Das wird nicht passieren.

Verbale Kunstgriffe

Rom ist nicht falsch, sondern gut informiert, auch wenn das ZdK die Wahrheit zu verschleiern versucht; dazu gleich mehr. Die Fakten liegen auf dem Tisch: Die ZdK-Spitze hat sich aufs Fähnchen geschrieben, Kirchenreformen im Sinne einer Neuausrichtung der Kirche durchzusetzen, die den autonomen pluralistisch-individualisierten Freiheitsbegriff der Moderne zu zentralen Fragen des Lehramts voranbringen will. ZdK-Vize Thomas Söding und seine Mitstreiter meinten, das christliche Menschenbild sei für alle historischen Interpretationen offen, weil das Menschenbild zeitabhängig — und nicht schöpfungsabhängig — sei.  Und um das binäre Bild in ein bipolares aufzulösen, haben sie sich allerlei verbaler Kunstgriffe bedient. Zum Beispiel wiederholten sie, was neulich der Mainzer Alttestamentler Thomas Hieke noch einmal sagte: Die Adjektive „männlich“ und „weiblich“ gäben „Raum für ein Spektrum von männlich und weiblich“.

Wenn von Synodalität die Rede war …

Wenn vom christlichen Menschenbild die Rede war, dann waren Humanwissenschaften gemeint. Sie wurden ständig als wichtige Richtlinien für die kirchliche Sexualmoral ins Feld geführt, ja sogar in den Rang von Dogmen erhoben. Wenn von Synodalität die Rede war, meinten sie Demokratie. Mit der kirchlichen Verfassung wurde ähnlich kühn verfahren, gegenüber Rom aber immer brav gesagt, man bewege sich im Rahmen der Lehre. Von dem alles andere als christlichen Miteinander auf den Synodalen Weg mal ganz zu schweigen.

Links-grüne Verkleidung

Nun war die ZdK-Spitze also in Rom und versuchte wieder, das von ihr mit angerichtete Desaster innerhalb der katholischen Kirche in bunte Gewänder zu kleiden — und sich selbst in ein Opfergewand. Das ZdK beklagt, in der römischen Kurie herrschten „eine Reihe unzutreffender Annahmen“ über das Wesen des Zentralkomitees. Man meine dort, es handle sich „um die Interessenvertretung der vielen bei der Kirche angestellten Laienmitarbeiter“.

Nun, im ZdK finden sich auch viele Politiker, was unter anderem erklärt, warum es dort zuging wie auf einem linksgrünen Parteitag, auf dem die Messer gewetzt und ideologische Grabenkämpfe ausgetragen wurden, Buh-Rufe und rote oder grüne Karten inklusive, die in die Luft gehalten wurden, je nachdem, ob eine Wortmeldung gefiel oder nicht. Als Interessenvertretung eines Laienapostolates fungiert das ZdK jedenfalls definitiv nicht.

Evangelisierung à la ZdK

Apostolat, Mission, Neuevangelisierung — das alles war ein rotes Tuch auf dem Synodalen Weg. Neuevangelisierung wurde dort von Anfang an mit Missachtung quittiert. Gegen Ende der Synodalversammlungen hieß es, Evangelisierung sei ohnehin, was auf dem Synodalen Weg gesprochen und beschlossen werde. Den Wunsch des Papstes vor Beginn dieses Reformprozesses, Neuevangelisierung als Primat in die Debatten mit aufzunehmen, scheiterte am Willen der Präsidiums-Spitze, über den zu bekämpfenden Missbrauch die Kirche aus der lehramtlichen Verankerung zu heben und auf neue Füße zu stellen; genau genommen auf die Basis der Lebenswirklichkeiten der Menschen von heute.

Anrennen gegen vermeintliche Klerikermacht

Das ist nicht Kirche, und schon gar nicht etwas, das Rom gefällt. Da hilft auch keine Schönfärberei oder das Jammern darüber, man nehme das ZdK in Rom als „die organisierte Form der innerkirchlichen Opposition“ wahr. Man fragt sich: Wundert sich die ZdK-Spitze wirklich? Die Mehrheit des ZdK rannte permanent frontal gegen das Lehramt, die gesamte Tradition und die Aussagen der letzten drei Päpste in Bezug auf die Frauenweihe an. „Katholische“ Klerikermacht sollte durch Demokratisierung, Gewaltenteilung und Mitbestimmung gebrochen werden. Und jetzt monieren sie, man glaube in Rom, auf dem Synodalen Weg sei das Priesteramt um ein Haar abgeschafft worden. Das war so tatsächlich nicht der Fall, aber was die ZdK-Spitze verschweigt, ist, dass sehr wohl zur Diskussion stand, ob es das Priesteramt überhaupt noch brauche, ob der Zölibat nicht besser abgeschafft, Frauen geweiht und Laien mit Entscheidungskompetenzen ausgestattet werden müssten. Wortgottesdienste hatten vor der heiligen Messe auch Priorität bei den Synodalversammlungen. Nicht ohne Grund gingen eine Handvoll Bischöfe mit einigen Laien am frühen Morgen in eine Kirche, um die heilige Messe zu feiern.

Überfahrene Leitplanken

Rom hat sich mehrfach zum Synodalen Weg geäußert, Weisungen formuliert, Leitplanken aufgestellt. Die wurden meist überfahren. Rom hat im März dieses Jahres zum wiederholten Male deutlich formuliert, wo die Letztentscheidungen in der katholischen Kirche ihren Platz haben: beim Heiligen Stuhl.

Aber solche Aussagen des Vatikans ignorierten die führenden ZdK-Funktionäre geflissentlich. In ihrem Kampf um Entscheidungskompetenzen und Mitspracherecht ging die ZdK-Spitze sogar so weit, den Bischöfen im Frühjahr dieses Jahres ein Ultimatum zu stellen und damit zu drohen, die Zusammenarbeit mit den deutschen Bischöfen einzustellen, sollten sie ihre Entscheidung gegen Viola Kohlberger als Bundeskuratin der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) nicht zurücknehmen. Die Bischöfe agierten freilich gemäß Kanon 305 des kirchlichen Gesetzbuches CIC, nach dem alle Vereine von Gläubigen der Aufsicht der zuständigen kirchlichen Autorität unterliegen. Diese hat dafür zu sorgen, dass unter anderem die Unversehrtheit von Glaube und Sitte bewahrt wird. Aber genau das stand auf dem Synodalen Weg auf dem Prüfstand – wie auch die Leitungsfunktion und Letztentscheidung des Bischofs in lehramtlichen Fragen.

Halbwahrheiten und Nichtigkeiten

Nur die halbe Wahrheit ist in den Ausführungen des ZdK auch, dass Bischöfe von Laien auf den Synodalversammlungen nicht überstimmt werden konnten. Richtig daran ist, dass es für die Beschlüsse eine Zweidrittelmehrheit der Bischöfe brauchte. Die wurde allerdings mehrfach moniert und sollte mit dem Synodalen Rat abgeschafft werden, womit Laien Bischöfe eben doch hätten überstimmen können. Nun steht das Gremium unter römischer Kuratel. Davon abgesehen stehen die Bischöfe unter dem von Laien ausgeübten Druck, die Kirche müssen sich an die Moderne angleichen, wolle sie noch anschlussfähig bleiben. Einige Bischöfe sagten, sie würden den Synodalen Weg quasi täglich im Bistum erleben.

War der Weg umsonst?

Ob es nun nach dem Besuch in Rom einen „neuen Gesprächskanal“ zwischen dem Vatikan und dem ZdK gibt, wie das ZdK kolportiert, ist auch nicht klar. Sicher gab es Gespräche, für einige davon hätte man nicht nach Rom fahren müssen. Aber relevante Gesprächspartner der Kurie, die als Kanal fungieren könnten, werden in dem Bericht gar nicht erst genannt. Nur der Name Markus Graulich fällt, ein Kirchenrechtsexperte, der aber einen finnischen Nachfolger erhalten hat.

Zudem ist der Synodale Weg institutionell gestorben, das Hauptnarrativ desselben seit der „ForuM“-Studie der evangelischen Kirche und Diakonie widerlegt: Es gibt keine systemischen Ursachen sexuellen Missbrauchs spezifisch katholischer Prägung.

Was wollte das ZdK nun erreichen? Es riecht nach einem Streben nach Relevanz auf weltkirchlichem Parkett. Auf jeden Fall wurden Nichtigkeiten aufgeblasen. Und mit Halbwahrheiten katapultiert sich das ZdK nicht an irgendwelche wichtigen Schaltstellen, sondern allenfalls nur ins Abseits.


Dorothea Schmidt
arbeitet als Journalistin und regelmäßige Kolumnistin für diverse katholische Medien (Tagespost, kath.net, u.a.). Sie ist Autorin des Buches „Pippi-Langstrumpf-Kirche“ (2021). Sie war Mitglied der Synodalversammlung des Synodalen Weges und verließ gemeinsam mit weiteren Frauen Anfang 2023 das Gremium als Protest gegen die Beschlüsse des Synodalen Weges, die sich immer weiter von der Weltkirche entfernen. Schmidt ist Mutter von zwei Kindern und lebt mit ihrer Familie in Süddeutschland.


Der Beitrag erschien am 17.09.2024 in der Tagespost

Melden Sie sich für unseren Newsletter an