Ist das Schlussdokument der Synode Teil des ordentlichen Lehramts des Papstes geworden? Dies ist in den letzten Tagen ebenso nachdrücklich bejaht (J. Liedl) wie verneint worden (N. Lüdecke, H. Hallermann). Martin Grünewald gibt eine wohlbegründete Antwort und sichtet die einschlägigen Normen. Ein starker Beitrag in einer offenen Diskussion.
Hat der Papst das Abschlussdokument der Weltsynode nur zur Veröffentlichung freigegeben oder hat er es zum Bestandteil des ordentlichen Lehramtes gemacht? Die Antwort auf diese momentan entscheidende Frage befindet sich im abschließenden Grußwort des Heiligen Vaters an die Weltsynode, in Canon 343 des kirchlichen Gesetzbuches (CIC) und in Artikel 18 der Apostolischen Konstitution „Episcopalis Communio“ über die Bischofssynode.
Beraten, nicht entscheiden!
Can. 343 des CIC klärt, dass es Aufgabe der Bischofssynode ist,
„über die Verhandlungsthemen zu beraten und Wünsche zu äußern, nicht aber diese zu entscheiden und über sie Dekrete zu erlassen“.
Die Apostolische Konstitution „Episcopalis Communio“ legt in Artikel 17, § 3 fest:
„Das Schlussdokument wird nach Maßgabe des besonderen Rechts den Mitgliedern zur Approbation vorgelegt, für die im Rahmen des Möglichen eine moralische Einstimmigkeit zu suchen ist.“
In diesem Zusammenhang wird also die Schlussabstimmung über das Synodendokument als „Approbation“ bezeichnet, die möglichst einmütig erfolgen soll.
Gemäß Artikel 18 dieser Vorschrift entscheidet der Papst über dessen Veröffentlichung. Der Nachfolger Petri kann, wenn er will, noch einen Schritt weiter gehen. „Episcopalis Communio“ regelt in Artikel 18:
„Wenn das Schlussdokument ausdrücklich vom Papst approbiert wurde, hat es Anteil am ordentlichen Lehramt des Nachfolgers Petri.“
Ausdrückliche Approbation?
Entscheidende Frage: Gibt es eine solche „ausdrückliche Approbation“? Bei der Beantwortung dieser Frage ist das abschließende Grußwort des Heiligen Vaters an die Weltsynode von entscheidender Bedeutung. Darin sagt Franziskus, er
„beabsichtige nicht, ein apostolisches Schreiben zu veröffentlichen, es reicht das, was wir approbiert haben.“
Bedeutet diese hier erwähnte Approbation nun lediglich eine (Schluss)Abstimmung im Sinne von Artikel 17 der Apostolische Konstitution „Episcopalis Communio“? Oder bedeutet sie eine „ausdrückliche Approbation“ im Sinne des Artikels 18 mit der weitreichenden Wirkung auf das ordentliche Lehramt?
Die Antwort darauf ergibt sich aus den weiteren Hinweisen von Papst Franziskus im abschließenden Grußwort an die Bischofssynode. Darin sagt er zunächst, dass er das Abschlussdokument „allen sofort zur Verfügung stellt“ und veröffentlichen lässt.
Es braucht Zeit . . .
Papst Franziskus äußert sich auch über das weitere Verfahren. Er erwähnt, dass es zehn Studiengruppen zu Einzelthemen gab, die frei arbeiten sollten, damit sie ihm Vorschläge unterbreiten. Dazu stellt er fest, dass
„es Zeit braucht, um zu Entscheidungen zu gelangen, die die ganze Kirche miteinbeziehen. Ich werde also weiterhin auf die Bischöfe und die ihnen anvertrauten Kirchen hören.“
Damit sagt Papst Franziskus eindeutig, dass es keine unmittelbare Wirkung dieser Vorschläge gibt, sondern dass es Zeit braucht und weitere Beratungen mit den Bischöfen erfolgen werden. Zugleich räumt er ein, dass es keine klassische Methode sei, Entscheidungen auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Und er hebt hervor:
„Es ist das, was dem synodalen Stil entspricht, mit dem auch das Petrusamt ausgeübt werden muss: zuhören, versammeln, unterscheiden, entscheiden und bewerten.“
Ergänzend sagt er:
„Das Generalsekretariat der Synode und alle Dikasterien der Kurie werden mir bei dieser Aufgabe helfen.“
Damit steht fest, dass Papst Franziskus dem Abschlussdokument keine ausdrückliche Approbation erteilt hat, sondern er selbst – nach längeren Beratungsprozessen – über die weitere Umsetzung entscheiden wird. Abschließend formuliert er ein wenig umständlich, im Ergebnis aber eindeutig.
Martin Grünewald
Der Journalist war 36 Jahre lang Chefredakteur des Kolpingblattes/Kolpingmagazins in Köln und schreibt heute für die internationale Nachrichtenagentur CNA. Weitere Infos unter: www.freundschaftmitgott.de
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