Pressemitteilung der Initiative Neuer Anfang vom 21. November 2023

Papst Franziskus: Neuer Bugschuss für die deutschen Bischöfe

Initiative Neuer Anfang ruft sie zur Umkehr auf

DIE WELT berichtet heute online über die „Sorge“ des Papstes um die katholische Kirche in Deutschland. Dies teilt er in einem Brief mit, den die WELT im Wortlaut veröffentlicht. Die katholische Initiative „Neuer Anfang“ reagiert mit der Aufforderung an die Mehrheit unter den deutschen Bischöfen, die bislang die Gründung eines vom Papst untersagten „Synodalen Rates“ befürworten, keine neue Spaltung in der Weltkirche herbeizuführen.

In dem heute in der WELT veröffentlichten Brief des Papstes nach Deutschland heißt es: „Auch ich teile diese Sorge über die inzwischen zahlreichen konkreten Schritte, mit denen sich große Teile dieser Ortskirche immer weiter vom gemeinsamen Weg der Weltkirche zu entfernen drohen. Dazu gehört zweifelsohne auch die von Ihnen angesprochene Konstituierung des Synodalen Ausschusses, der die Einführung eines Beratungsdienstes- und Entscheidungsgremiums vorbereiten soll, das in der im entsprechenden Beschlusstext umrissenen Form mit der sakramentalen Struktur der katholischen Kirche nicht in Einklang zu bringen ist und dessen Einrichtung vom Heiligen Stuhl daher mit Schreiben vom 16. Januar 2023, das ich in spezifischer Form approbiert habe, untersagt wurde.“

Bereits in einer Erklärung vom 21. Juli 2022 hatte der Vatikan mitgeteilt, dass die Gesprächsinitiative des Synodalen Wegs in Deutschland „nicht befugt“ sei, „die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten“. Gleichzeitig wurde die Einladung ausgesprochen, die Vorschläge des Synodalen Weges in den Synodalen Prozess der Weltkirche einzubringen.

In einem Brief vom 16. Januar 2023 stellte der Vatikan klar, „dass weder der Synodale Weg noch ein von ihm eingesetztes Organ noch eine Bischofskonferenz die Kompetenz haben, den ,Synodalen Rat‘ auf nationaler, diözesaner oder pfarrlicher Ebene einzurichten“. Der Vatikan wies in dem Brief, der vom Papst „in forma specifica“ approbiert und seine Übermittlung angeordnet wurde, darauf hin, dass der Synodale Rat eine neue Leitungsstruktur der Kirche in Deutschland bilden würde.

In seinem Grußwort an die Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 27. Februar 2023 in Dresden hat der Apostolischer Nuntius Erzbischof Dr. Nikola Eterović das Verbot „von Amts wegen“ bekräftigt.

Der Synodale Ausschuss wurde am 10. November konstituiert, der genau den Auftrag hat, den Synodalen Rat einzurichten, der vom Vatikan als unzulässig und unvereinbar mit dem katholischen Verständnis des Bischofsamtes (2. Vatik. Konzil, Lumen Gentium 21) eingeordnet wird.

Deshalb begrüßt die Initiative „Neuer Anfang“ die Weigerung von mindestens vier deutschen Bischöfen, sich an einer Handlung zu beteiligen, die eindeutig gegen das Kirchenrecht und den erklärten Willen des kirchlichen Lehramtes verstößt. Ebenso begrüßt wird das Zögern weiterer Bischöfe sowie deren Fernbleiben von der konstituierenden Sitzung des Synodalen Ausschusses.

Die Initiative „Neuer Anfang“ weist auf die Worte Jesu hin:  „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15) Umkehr und das Verlassen falscher Wege gehören zum Wesenskern des Christentums. Es ist deshalb nicht zu spät zu einer neuen Abwägung und gewissenhaften Prüfung mit dem Ergebnis, den Synodalen Ausschuss zu verlassen, dessen Hauptaufgabe in der Bildung eines Synodalen Rates besteht. An diesem unzulässigen Ziel wird von dessen Befürwortern ausdrücklich festgehalten.

Es kann nicht Aufgabe der Katholischen Kirche in Deutschland sein, durch ein einseitiges Vorpreschen neue Spaltungen herbeizuführen. Es sind bereits zu viele Spaltungen von Deutschland ausgegangen. Das geschieht ohne wirkliche Not. Denn der Papst hat das Thema Synodalität weltweit aufgegriffen. Wenige Tage nach der ersten Tagungsperiode der Weltsynode in Rom zu diesem Thema schaffen die Protagonisten des Synodalen Weges in Deutschland Fakten – unabhängig und abgekoppelt von der übrigen Weltkirche und in offensichtlichem Widerspruch zum Konzil.

Das ist kein Versehen, sondern Absicht. Bischof Georg Bätzing hat das in einem WELTInterview im Januar 2023 deutlich gemacht. Er betonte: „Wir haben grundverschiedene Vorstellungen von Synodalität. Der Papst versteht darunter ein breites Sammeln von Impulsen aus allen Ecken der Kirche, dann beraten Bischöfe konkreter darüber, und am Ende gibt es einen Mann an der Spitze, der die Entscheidung trifft. Das halte ich nicht für die Art von Synodalität, die im 21. Jahrhundert tragfähig ist.“ Dazu erklärt die Initiative „Neuer Anfang“: Bischof Bätzing denkt damit ausschließlich in weltlichen Kategorien; das Zusammenspiel von synodaler Gemeinschaft und apostolischer Vollmacht bleibt unverstanden.“

Die Initiative „Neuer Anfang“ vertritt die Überzeugung, dass grundsätzliche Fragen wie die Leitungsstruktur der katholischen Kirche und eine wesentliche Veränderung in Wesen und Verantwortung des Bischofsamtes weder in Deutschland entschieden noch vorentschieden werden. Das gilt auch für das Verständnis von Synodalität. Maßgeblich ist vielmehr das Lehramt der Kirche, das in berechtigter Weise die Grenzen nationaler Sonderwege aufzeigt und damit die Einheit des Glaubens bewahrt.

Die Initiative „Neuer Anfang“ bittet alle deutschen Bischöfe, ihrer Verantwortung für das Wohl der Kirche gewissenhaft nachzukommen und ihre weiteren Schritte sorgfältig abzuwägen. Denn es sind bereits zu viele Spaltungen von Deutschland ausgegangen.

 

Das heute von der WELT veröffentlichte Schreiben veranlasst Martin Brüske von der Initiative Neuer Anfang zu folgender Stellungnahme:

  1. Vier tief um die Einheit der Kirche besorgte Katholikinnen – ehemalige Synodale des sog. „Synodalen Weges“, eine Journalistin, drei Wissenschaftlerinnen – schreiben dem Papst. Der Papst antwortet postwendend. Ebenso rasch stimmt er der Bitte zu, das päpstliche Antwortschreiben der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Schon dieser Vorgang als solcher ist sprechend: Offensichtlich geht es um ein Thema, dem Papst Franziskus äußerstes Gewicht und höchste Dringlichkeit beimisst.
  2. Der Papst wählt als Datum für die Antwort den 10. November, den Gedenktag seines Vorgängers Leo des Großes, der herausragendsten Papstgestalt des 5. Jhdts. Zugleich ist es der Tag, an dem in Deutschland der sog. „Synodale Ausschuss“ errichtet wird. Das ist hochsymbolisch: Franziskus gibt seine skeptische Ablehnung des deutschen Unternehmens direkt zu Protokoll.
  3. Denn der Papst schließt sich der Sorge der Briefschreiberinnen in vollem Umfang an. Die deutschen Bischöfe haben es bis zum November 2023 nicht geschafft, die päpstlichen Sorgen auch nur im Ansatz zu zerstreuen. Im Gegenteil!
  4. Der Papst sieht die deutsche Kirche auf einen gefährlichen Strudel zusteuern. Es geht nicht allein um den sog. „Synodalen Ausschuss“. Es geht um eine Vielzahl konkreter Maßnahmen, mit denen der sog. Synodale Weg in die Wirklichkeit umgesetzt werden soll. Diese sieht der Papst mit äußerster Skepsis. Denn sie entfremden die deutsche Kirche zunehmend vom Weg der universalen Kirche. Das Ende dieser Dynamik ist der Untergang im Abgrund der Spaltung.
  5. Der Papst bestätigt in aller Klarheit die durch das Schreiben vom 16.1.23 geschaffene Rechtslage. Es handelt sich bei diesem Schreiben nicht etwa um eine unverbindliche Meinungsäußerung, sondern um ein veritables, in forma specifica erlassenes Verbot der Errichtung des Synodalen Rats, dessen Vorläufergremium der Ausschuss erklärtermaßen sein soll. Der Papst sagt nun hier ausdrücklich „ich“ für die, die sich bislang die Augen und die Ohren zugehalten haben.
  6. Noch einmal erklärt der Papst diese Gremien als mit der sakramentalen Struktur der Kirche unvereinbar. Zur Erläuterung: Sie genügen in ganz grundlegender Weise nicht dem in der Wesensstruktur der Kirche begründeten Zusammenspiel von synodaler Gemeinschaft und der – in sakramentaler Sendung vermittelten – apostolischen Vollmacht. Das ZDK besteht aber für diese Gremien kategorisch auf dieser wesenswidrigen Struktur und ein großer Teil der deutschen Bischöfe hat sich in die Gefangenschaft dieser Forderung begeben.
  7. Papst Franziskus bleibt zutiefst skeptisch gegenüber einer Pseudo-Erneuerung durch neue Gremien. Sie setzen nur die systemische Grundkrankheit der Kirche, ihre Selbstbezogenheit (autorreferencialidad) fort. Wirkliche Erneuerung kommt aus geistlichen Quellen. Er verweist erneut auf seinen „Brief an das pilgernde Gottesvolk in Deutschland“. Man muss leider am 21.11.2023 immer noch feststellen, dass der sog. „synodale Weg“ und seine Nachfolgegremien die Rezeption dieses tiefen und reichen Dokuments – jenseits ornamentaler Zierzitate – konsequent verweigert.
  8. Papst Franziskus möchte den Holzhammer von Zwangsmaßnahmen (noch) vermeiden. Aber er hat nun – in einer Weise die für ihn nicht untypisch ist – ein eindeutiges Signal gegeben: Eindeutiger und eindringlicher geht es kaum. Mit anderen Worten: Das Flaggschiff Petri hat der deutschen Kirche eine ganze Breitseite vor den Bug gesetzt. Wer das nicht gehört und gesehen haben will, trägt die volle Verantwortung dafür, wenn er schlussendlich im Strudel der Spaltung verschwindet.

 

In seinem Brief an vier ehemalige Teilnehmerinnen des Synodalen Weges in Deutschland hat Papst Franziskus bestätigt, dass die Einrichtung eines Synodalen Ausschusses vom Heiligen Stuhl untersagt worden ist. Er sei mit der sakramentalen Struktur der katholischen Kirche nicht in Einklang zu bringen.

Bei den vier Frauen handelt es sich um die Theologinnen Marianne Schosser, Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Katharina Westerhorstmann und die Publizistin Dorothea Schmidt — dieselben vier Frauen, die ihr Mandat als Mitglieder des Synodalen Weges kurz vor Ende der letzten Synodalversammlung niedergelegt haben. In einer in der WELT publizierten Erklärung vom 22. Februar erklärten sie, „diesen Weg, auf dem sich die katholische Kirche in Deutschland immer mehr von der Weltkirche entfernt, nicht mehr mitgehen“ zu wollen.

Die Frauen hatten vor einem Jahr bereits einen Brief an den Papst geschickt, in dem sie ihre Sorge über Methoden und Inhalt des Synodalen Weges zum Ausdruck gebracht haben. Anlässlich der Konstituierung des Synodalen Ausschusses trotz römischen Verbots und ein Jahr nach ihrem ersten Brief an den Papst, hatten die vier Frauen jetzt einen weiteren Brief nach Rom geschickt, diesmal mit der Sorge, die katholische Kirche würde sich mit dem Synodalen Ausschuss noch weiter von Rom entfernen und „einem Schisma gefährlich nahe rücken“, sagte Dorothea Schmidt gegenüber dem „Neuen Anfang“.

Eine persönliche Antwort vom Papst habe sie nicht erwartet, „eher, wenn überhaupt, vom Dikasterium oder Staatssekretariat“. Der päpstliche Brief sei vom 10. November datiert, „dem Tag, an dem sich der Synodale Ausschuss konstituiert hat“, erklärt Schmidt.  Und er sei per Eilpost verschickt worden. Darin schreibt der Papst, er teile die „Sorge über die inzwischen zahlreichen konkreten Schritte, mit denen sich große Teile dieser Ortskirche immer weiter vom gemeinsamen Weg der Weltkirche zu entfernen drohen“.


Die Initiative Neuer Anfang besteht aus einem Kreis von Theologen und Laien, die für Reformvorhaben in der katholischen Kirche eintreten und sich dabei innerhalb der weltkirchlichen Identität bewegen. Ihr Reform-Manifest, das mit neun Thesen zum Synodalen Weg für die Einheit mit der Weltkirche eintritt, überreichte sie im Namen von 7.000 Unterzeichnern in Rom an Papst Franziskus.

Presseanfragen bitte an Martin Grünewald: presse@neueranfang.online 

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