Wie „München“ im Detail zu bewerten ist, steht dahin, wenn auch einige aus der bekannten Phalanx schon zwei Minuten nach Publikation genau wussten, was Sache ist. Man geht gewiss nicht fehl, wenn man hinter der Empörung derer, die den Emeritus seit jeher mit „feindseliger Sprungbereitschaft“ begleitet haben, Interesse an seiner finalen Beschädigung vermutet. Man geht auch darin nicht fehl, wenn man die Ereignisse in einen größeren Zusammenhang der „Hermeneutik des Bruches“ einordnet.
Kommen soll keine erneuerte, sondern eine andere Kirche, deren axiale Verlagerung von Gott auf den Menschen sich programmatisch hinreichend dargestellt findet. Damit ein Art humanistischer „Religion“ in Szene gesetzt werden kann (die eines am wenigsten braucht: Gott), müssen die Heiligen vom Sockel gestossen, die alten Meister blamiert, die Ikonen übermalt, die Institution als Tyrannis, ihre Autorität als Gewaltherrschaft, ihre Priester als Verbrecher, ihre Geschichte als Terror, ihre Moral als Missbrauch und ihre Lehren als Lüge erwiesen werden. Im Ganzen haben wir es nicht mit einer zweiten Reformation zu tun, denn Reformation verbliebe im Horizont des Gehorsams zum Herrn und seinem Offenbar werden. Es ist Apostasie ( = Glaubensabfall), der in einem Herzbereich der Institution („Theologie“ ist Gott sei Dank nicht ihr Letztes) seit Jahrzehnten untergründig wirksam ist.
Was kommen soll, ist eine von Gott, Hingabe, Glaube, Gehorsam, Buße, Gebet und Hingabe purgierte moralische Institution, in der es Monatsgehälter und Rentenanspruch gibt, die Farce einer Kirche ohne Gott – Ekklesiozentrismus pur. Dass niemand in der Welt diese „höhere Instanz“ und moralineske Verdoppelung der Welt braucht, ist manchen noch nicht aufgegangen.
von Bernhard Meuser