Neu anfangen und nicht wieder aufhören! Marc-Stephan Giese SJ stellt eine Jüngerschaftsschule vor, welche die konsequente Fortsetzung eines Taufkurses darstellt, Glaubensdurst stillt und Gemeindekatechese auf hohem Niveau umsetzt. Ein Format mit Potential! Zur Nachahmung ausdrücklich empfohlen.
“einfach nachfolgen”
Das große Fest in der Osternacht war vorbei. Elf Erwachsene waren durch Taufe oder Konversion in die Katholische Kirche aufgenommen worden. Doch mit der abklingenden Freude wurde auch bewusst, dass da eine Sehnsucht war, den gemeinsamen Weg noch nicht zu Ende sein lassen zu sollen: Es gab noch viele Fragen, für einige sogar viel mehr Fragen als zu Beginn des Kurses, und das Hineinwachsen in die konkreten Gemeinden vor Ort war auch nicht ganz einfach. Man wollte weitermachen und als nachfolgendes Format zum Kurs „einfach katholisch“ entwickelte sich mit einem schönen Wortspiel „einfach nachfolgen“. Eine Weiterführung der Erlebnisse des Taufkurses, der sich nun öffnete auf alle, die „Durst haben“ und die ihren Glauben vertiefen wollen. Ein Ort für alle, die immer weiter Christ werden wollten.
Das Format hat sich schnell eingespielt: Lobpreis, Lehre, Austausch, Gemeinschaft und Gebet. Für etwa zweieinhalb Stunden treffen sich nun um die 20 Leute (eine Kerngruppe von 15 plus eine erweiterte Interessentengruppe von 20) alle zwei Wochen zu diesem Format, das ich als Jüngerschaftsschule bezeichnen möchte.
Missionarische Jünger
„Jüngerschaftsschule“ ist als Begriff sehr schillernd, immer wieder geprägt durch die Erfahrungen von jungen Menschen sowohl im freikirchlichen wie im katholischen Bereich, in denen sie häufig für ein Jahr durch intensives Gemeinschaftsleben, eindeutige Lehre und Erfahrungen im Bereich der (Neu-)Evangelisation lebensverändernde Schritte im Glauben gegangen sind. Dieser Hintergrund führt auch dazu, dass das Konzept der Jüngerschaft in manchen großkirchlichen Kreisen sehr kritisch beäugt wird, obwohl gerade in Veröffentlichungen der letzten Jahre (z.B. Christoph Kardinal Schönborn: Die Lebensschule Jesu: Anstöße zur Jüngerschaft) immer deutlicher wird, dass Jüngerin oder Jünger in der Nachfolge Jesu zu sein nichts Exklusives oder Schwärmerisches an sich hat, sondern dass es eine Grundbestimmung des christlichen Lebens ist. Auch Papst Franziskus spricht – schon lange vor seinem Pontifikat übrigens in der Erklärung der lateinamerikanischen Bischöfe von Aparecida – immer wieder davon, dass die Christen discipulos misioneros sein sollen, also missionarische Jünger.
Von Milch zu “fester Nahrung”
Das Potsdamer Modell „einfach nachfolgen“ einer gemeindeorientierten Jüngerschaftsschule ist im Grunde genommen eine mystagogische Katechesenreihe, die sich dem Wissensdurst und der Freude an der Gemeinschaft der Neugetauften (und Konvertiten) verdankt, die sehr genau wissen, dass sie immer noch „Milch trinken“ (1 Petr 2:2) und an die feste Speise noch herangeführt werden müssen, gleichzeitig aber auch selbstbewusst sagen können, wo ihre Sehnsucht liegt und was sie brauchen. Die Öffnung auf die Neukatholiken der vergangenen Jahre, die ehemaligen Teilnehmenden an Alpha-Kursen und auf interessierte Gemeindemitglieder war aber nicht nur pragmatisch, sondern vor allem programmatisch: Alle Christinnen und Christen sind gerufen Jesus in der Jüngerschaft nachzufolgen.
Jüngerschaft braucht Beziehung
Um Jüngerin oder Jünger zu werden- und das ist in der Bezeichnung des Jüngers (griechisch: mathetes-Schüler) schon mitgesagt – braucht es Beziehung zum eigentlichen Lehrer Jesus:
Die *ersten* Jünger Jesu waren mit ihm unterwegs, sie hörten seine Predigten, sahen seine Wunder und Zeichen, bekamen mit, wie er betete, und hatten in allem Gemeinschaft mit ihm (am Ende auch in seinem Leiden) und untereinander.
Für die Jüngerinnen und Jünger *heute* hält das Abenteuer Jüngerschaft die gleichen Erfahrungen und Lernorte bereit. In den Impulsen und in der Bibellese hören sie das Wort Gottes und die Auslegung (vgl. Lk 8:9-12) Im gemeinsamen Lobpreis und im Gebet erfahren sie Jesu Gegenwart. In der dankbaren Rückschau auf das eigene Leben entdecken sie die Wunder Gottes in ihrem manchmal sehr zerbrochenen Alltag. Im Austausch und in der geschwisterlichen Gemeinschaft lernen sie einander und Christus zugleich kennen.
Ein Format mit Potential
Genau diese Erfahrungen will „einfach nachfolgen” (ENA) ermöglichen. In den thematischen Abenden genauso wie in den anderen Angeboten der „einfach nachfolgen“ Familie: bei ENA Lectio (ein Bibelkreis, der die Methode der Lectio Divina anwendet) oder bei ENA Pilgrim (einer Pilgergruppe, die kürzere oder längere Pilgerwege anbietet). Zum Erfolgsrezept von „einfach nachfolgen“ gehören auch professionelle, ansprechende Werbung und Materialien, die vom Design her frisch sind und doch die Breite der christlichen Kunst und Kultur und auch die Neuen Medien nutzen.
Die Erfahrungen von Potsdam sind nicht einfach überall hin übertragbar. Mit der guten Anzahl von Neu-Katholiken und den vertiefungssuchenden Alpha-Leuten und einem Geistlichen, der für diese Arbeit brennt, gab es schon sehr gute Voraussetzungen. Dennoch denke ich, dass das Format ein Potenzial hat, auch an anderen Orten Christen einzuladen, sich als Jüngerinnen und Jünger zu verstehen und sich als solche auch senden zu lassen. Das Potsdamer Modell „einfach nachfolgen“ zeigt, dass evangeliumsgemäße Aufbrüche und Anfänge in unserer Kirche möglich sind.
Pater Marc-Stephan Giese SJ
studierte Philosophie und Theologie in Frankfurt-Sankt Georgen und Cochabamba (Bolivien). Er trat 2004 in die Gesellschaft Jesu ein und wurde 2010 zum Priester geweiht. Er arbeitete einige Jahre in Schweden, Bolivien, im Libanon und Jordanien. Seit 2023 ist er Hochschulseelsorger und Stadtkirchenreferent in Potsdam.
Pater Marc-Stephan Giese ist Mitautor des Buches „Urworte des Evangeliums“.
Beitragsbild: Christen, die füreinander beten, Quelle: Adobe Stock