Anna Diouf berichtet für den TV Sender EWTN live von der Synodalversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt. Die Ablehnung der Bischöfe gleich bei der ersten Abstimmung zum Grundtext Sexualität hat einen Eklat verursacht. Sie schildert ihre Eindrücke aus der Atmosphäre der Debatte und sagt: Ich muss mich entschuldigen – und zwar bei jenen 21 Bischöfen, die jetzt mit „Nein“ zu diesem Text stimmten.

Ich muss mich entschuldigen. Bei mindestens 21 Bischöfen. Ich hatte es nicht verstanden: ‚Warum wehrt ihr euch nicht?‘, wollte ich sie fragen. Und ich habe mich beklagt: Dass die Bischöfe keine Position beziehen. Dass sie es zulassen, dass die wunderschöne Lehre der Kirche in den Dreck gezogen und verunstaltet wird. Und wenn man mir entgegenhielt, dass das schwer sei, dass das ein Martyrium sei, habe ich leichthin eingewandt: Nun, so ist das eben. Das muss man ertragen, dazu sind sie geweiht, dass sie Christus nachfolgen – auch im Leiden.

Der Druck. Das Kesseltreiben.

Dieser Meinung bin ich immer noch. Aber nun, an meinem ersten Tag vor Ort in einer Synodalversammlung, bleibt mir meine hochmütige Anklage im Halse stecken. Weil ich es nun selbst spüren durfte:
Der Druck. Das Kesseltreiben.
Die unverhohlenen Drohungen, die eingeleitet werden mit „Ich will niemandem drohen, aber…“.
Die Beleidigungen, die beendet werden mit der Forderung „Wir dürfen niemanden verletzen…“.

Ich kann nicht mehr leichthin das Martyrium fordern von denen, die diesen Spießrutenlauf seit Jahren ertragen. Die Ungerechtigkeit, die Verlogenheit, die Heuchelei dieses Synodalen Weges tritt nun voll zutage, denn trotz der Drohkulisse, der Manipulation, der Schützenhilfe durch weltliche und nicht wenige kirchennahe und kirchliche Medien haben sich nun 21 Bekenner zusammengerauft. Sie haben ihre Ängste und Nöte hintangestellt, ihr Gewissen und ihren Auftrag an erste Stelle gesetzt. Und ich entschuldige mich von ganzem Herzen für all meine Unbedarftheit, mit der ich dachte, dass sich „das bisschen Martyrium“ doch fast von alleine machen müsse.

Zwischen Entsetzen und infantiler Betroffenheit

Nun haben fast alle ihr Gesicht verloren: Die sicher geglaubte Zustimmung zum Grundtext des Forum IV, „Grundlinien einer erneuerten Sexualethik“, wurde nicht erteilt. Es gab keine Zwei-Drittel-Mehrheit unter den Bischöfen. Die Reaktion darauf: Kollektives Entsetzen. Fassungslosigkeit. Der Saal ist von einer Stille erfüllt, als habe man der Synodalversammlung gesammelt mit einem stumpfen Gegenstand aufs Haupt geschlagen. Dann folgt eine infantile Trotzreaktion: Menschen formen einen Kreis, weinen, rufen Vorwürfe gegen die Bischöfe in den Raum. Sofort sind Medien zur Stelle um den „spontanen“ Protest zu dokumentieren. Dabei haben die Bischöfe nur dem Verfahren gemäß abgestimmt. Sie haben ihre Zustimmung zu einem unterkomplexen, mit Platitüden, zusammenhanglosen Behauptungen und infamen Unterstellungen angereicherten Text verweigert.

Das aber wollen die Gegner der katholischen Lehre und Sexualmoral nicht respektieren. Synodalität, das heißt für die Mehrheit der hier Versammelten: Meine Meinung wird durchgesetzt. Und nur die Durchsetzung meiner Meinung bedeutet, dass ich ernstgenommen werde. Ist das die Reife, die intellektuelle Mündigkeit erwachsener Menschen? Ein solches Verhalten ist akzeptabel für Kinder, die noch nicht verstanden haben, dass ihre Wahrnehmung der Welt nicht die Welt an sich ist, sondern nur einen kleinen Teil davon abbildet. Wenn die hier demonstrierte Labilität echt ist, kann es hier keine verbindlichen Entscheidungen geben, weil die Beteiligten dazu nicht in der Lage sind. Wenn sie gespielt wäre, kann es keine verbindlichen Entscheidungen geben, weil selbst grundlegende Ehrlichkeit – sich selbst und andern gegenüber – fehlt. Wenn jemand noch glauben wollte, hier ginge es um eine offene und ehrliche Zusammenarbeit, dann weiß er jetzt, dass das nicht stimmt.

Wer sich verweigert, ist böse

Denn nun muss es eine „Aussprache“ geben: Dass die Abstimmung nicht wie gewünscht ausgefallen ist, überfordert nämlich offensichtlich eine signifikante Anzahl von Synodalen. Hätte es auch eine solche Aussprache gegeben, wenn ein glaubenstreuer Weihbischof unter Tränen zusammenbräche, weil die geliebte Lehre seiner geliebten Kirche abgeschafft und pervertiert würde? Ich bezweifle es.

„Aussprache“, das klingt so nett: Alle dürfen offen sagen, was sie fühlen. Aber so ist das jedenfalls nicht auf dem Synodalen Weg. Auf dem Synodalen Weg gibt es eine berechtigte Ansicht und böse Menschen, die sich verweigern. Ihr Verweigern ist nicht legitim. Ihre Zweifel zählen nicht. Sie sind auch auf gar keinen Fall authentisch, ehrlich und an Dialog interessiert – weil sie ja nicht die Mehrheitsmeinung vertreten! Wer das nicht tut, ist per se schlecht. Das wurde in den nur wenigen Stunden des ersten Tages der Synodalen Vollversammlung zu genüge und mehrfach klargemacht. Wer seine Meinung nicht ändert, ist stur, trotzig. Aber das gilt wohlgemerkt nur für die Positionen, die der Lehre treu sind. Alle anderen sind offen – selbst dann, wenn sie sich von keinerlei Sachargument beirren lassen.

Vorher nichts gesagt?

Deshalb ist eine Aussprache keineswegs das, was das Wort verspricht. In den Debatten dürfen alle nur eine Minute reden. Selbst da, wo es um komplexeste theologische Inhalte geht. Jetzt aber wird die Uhr ausgestellt. Jetzt dürfen alle, die reden dürfen, so viel sagen, wie sie wollen. Eine eigenmächtige Entscheidung des Präsidiums. Darüber wird nicht nur nicht abgestimmt. Es wird als natürliches Recht empfunden, dass die, die sich im Recht wähnen, die Anderen zum Schweigen verdammen. Nun dürfen alle, die wie trotzige Kleinkinder aufstampfen, weil sie ihren Willen nicht bekommen haben, sagen, was sie fühlen. Sie müssen nicht darauf achten, niemanden zu verletzen. Sie unterstellen nun, einer nach dem anderen, Dialogverweigerung. Sie setzen emotional unter Druck: Irme Stetter-Karp weint. Beide, Bischof Bätzing und Irme Stetter-Karp werfen den Bischöfen nun vor, dass sie zuvor nicht deutlich gemacht hätten, dass sie gegen den Text seien.

Wie ein Tribunal

Das ist eine grobe Unwahrheit. Nur: Es gibt etwas, was man nur bemerkt, wenn man wirklich hier vor Ort ist, hier im Saal ist: Die unfassbare, einem Außenstehenden unverständliche Selbstblendung eines großen Teils der Synodalen. Man führt Debatten so, dass jeder, der sich gegen die Mehrheitsmeinung ausspricht, „fertig gemacht“ wird. Sofort und gnadenlos. Synodale, die einfache Sachargumente gegen das Mehrheitsgefühl äußern, bekommen postwendend und sofort die Quittung: Sie werden zurechtgewiesen, ihnen wird über den Mund gefahren. Sie werden auch bei kurzer Übertretung der Redezeit barsch gemaßregelt, während man die Wortführern der eigenen Meinung milde um Entschuldigung bittet, zum Ende zu kommen.

Alles an dieser Art und Weise der Diskussion macht es zu einem psychischen Kraftakt für Anhänger von Minderheitenmeinungen, wirklich offen zu sagen, was sie denken. Wenn sie es sagen, will es ohnehin keiner hören. Und für dieses Nicht-Hören-Wollen der Mehrheit werden nun offen jene verantwortlich gemacht, die sich nicht schreiend und agitierend Gehör verschafft haben, sondern still akzeptiert haben, dass man ihnen nicht zuhört. Trotzdem kann man den an dieser Form der Unterdrückung und des Machtmissbrauchs Beteiligten nicht einmal Zynismus vorwerfen: Denn sie haben sich so blind, so taub gemacht, dass sie eben tatsächlich die Einwände nicht gehört haben. Sie haben in ihrer Echokammer wirklich nur sich selbst gehört und sind nun vor den Kopf gestoßen. Aber Selbstkritik ist hier ein Fremdwort. Dies ist kein synodales Miteinander.

Dies ist ein Tribunal. Und ich habe höchsten Respekt und empfinde redlichste Dankbarkeit für alle Hirten, die sich für mich, für meinen Glauben und für die Kirche dieser Tortur aussetzen. Bitte haltet stand.

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