Briefe aus Rom, dem Vatikan und der römischen Kurie werden in der deutschen katholischen Kirche bisweilen frei interpretiert oder gar ignoriert mit dem Hinweis, sie hätten keinen klaren Absender. Doch selbst Papst Franziskus kann nicht immer auf Aufmerksamkeit hoffen, selbst wenn er persönlich unterschreibt. Ein aktueller Brief ist nun „in forma specifica“ eingegangen. Müssen die deutschen Bischöfe dem gehorchen? Peter Mettler analysiert.

Seitdem am 16. Januar 2023 ein Brief aus dem Staatsekretariat des Vatikans an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) Dr. Georg Bätzing veröffentlicht wurde, ist die Tatsache ins Bewusstsein getreten, dass sich einige römische Dokumente durch die formale Besonderheit einer „approbatio in forma specifica“ auszeichnen. So findet sich gegen Ende des genannten Briefes der Hinweis:

„Der Heilige Vater hat vorliegendes Schreiben in forma specifica approbiert und dessen Übermittlung angeordnet.“

Diese besondere Form der Genehmigung durch den Papst hat in der Folge zu mehr oder weniger zutreffenden, aber auch falschen Deutungen geführt. Es erhebt sich also die Frage, was diese „spezielle“ Genehmigung durch den Papst genau bedeutet. Erhält diese dadurch einen besonders hohen Grad an Verbindlichkeit oder verändert sich sogar deren Rechtscharakter?

Handeln mit stellvertretender Vollmacht des Papstes

Der vorliegende Brief trägt die Unterschriften von Kardinal Pietro Parolin, dem Staatssekretär des Vatikans, Kardinal Luis Franco Ladaria Ferrer SJ, dem Präfekten des Dikasteriums für die Glaubenslehre und Kardinal Marc Oullet, dem Präfekten des Dikasteriums für die Bischöfe. Der can. 360 CIC bestimmt, dass die römische Kurie ihre Aufgaben im Namen und in der Autorität des Papstes ausübt. Sie hat also keine andere Autorität und Vollmacht als jene, die ihr vom Papst übertragen wurde. Ihr kommt also eine ordentliche und stellvertretende Vollmacht zu, keinesfalls aber eine eigenberechtigte Vollmacht.

Während die einzelnen Dikasterien innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs die sogenannten ordentlichen Geschäftsvorgänge ohne weiteres erledigen können, müssen sie in allen wichtigen und außerordentlichen Fragen stets den Papst informieren, bevor sie mit der Bearbeitung beginnen. Die Entscheidungen, die von größerer Bedeutung sind, bedürfen der Genehmigung des Papstes. Diese Art der Genehmigung, die als „approbatio in forma communi“ bezeichnet wird, ist als ein rechtsbekräftigendes Handeln des Papstes im Hinblick auf eine bereits vom Dikasterium getroffene Entscheidung zu verstehen. Durch diese Form der „approbatio“ ändert sich weder der formalrechtliche Rang der Entscheidung, noch erhält sie dadurch einen anderen Autor. Sie bleibt vielmehr eine Entscheidung der römischen Kurie, bleibt folglich in deren Verantwortung und es kann Rekurs gegen sie eingelegt werden.

Handeln mit expliziter Bestätigung des Papstes

Von der „approbatio in forma communi“ ist die „approbatio in forma specifica“ zu unterscheiden. Sie wird erbeten mit dem Ziel für eine Entscheidung die Immunität zu erlangen, die von Rechts wegen allen Urteilen und Dekreten des Papstes zukommt.

Dafür ist ein genaues Vorgehen vorgeschrieben. Die Bitte muss dem Papst in jedem Fall schriftlich vorgelegt werden. Sie muss entsprechend begründet werden und außerdem ist der Bitte der endgültige Textentwurf beizufügen, damit der Papst persönlich den Vorgang prüfen und anschließend das Dikasterium über seine Entscheidung unterrichten kann. Mit diesem Vorgehen ist sichergestellt, dass die „approbatio in forma specifica“ keineswegs ohne genaue Prüfung erlangt werden kann. Sie ist ein Schutzmechanismus für das päpstliche Amt gegenüber der zentralen Verwaltung der Kirche.

Damit ausreichende Rechtssicherheit besteht, muss dem entsprechenden Dokument ausdrücklich der Vermerk beigefügt werden, dass es vom Papst „in forma specifica“ approbiert worden ist. Eine diesbezügliche Erklärung des Papstes oder auch seine persönliche Unterschrift sind zur Wahrung dieser Rechtsnorm allerdings nicht erforderlich.

Mit dieser Vorgehensweise wird dem Handeln der Kurie in der Person des Papstes eine Kontrollinstanz gegenübergestellt und auf diese Weise verhindert, dass die Zahl der Rechtsakte, gegen die keine Berufung oder Beschwerde mehr möglich ist, ins Unermessliche steigt. Letztlich wird auf diese Weise das Berufungsrecht der Gläubigen auch gegen Rechtsakte der Römischen Kurie gesichert und gestärkt.

Weder Ermessensspielraum noch Vetorecht

Die Rechtsfolge der „approbatio in forma specifica“ besteht darin, dass gegen die in dieser Weise bestätigte Entscheidung keine Beschwerdemöglichkeit besteht. Eine vom Papst in besonderer Weise bestätigte Handlung genießt damit dieselbe Unanfechtbarkeit, wie sie Handlungen zukommt, die vom Papst selbst vorgenommen wurden. Man kann daher auch sagen, dass sich der Papst eine Handlung durch die Bestätigung in besonderer Form so zu eigen macht, dass man sich gegenüber fortan so zu verhalten hat, wie wenn sie von ihm selbst vorgenommen worden wäre. Sie verändert also ihren Rechtscharakter, ist ohne Wenn und Aber im Gehorsam anzunehmen und umzusetzen. Es gibt für den (die) Empfänger weder einen Ermessensspielraum noch ein Vetorecht.

Im Schreiben vom 16. Januar 2023 hat der Papst eindeutig und unmissverständlich klargestell:

„dass weder der Synodale Weg noch ein von ihm eingesetztes Organ noch eine Bischofskonferenz die Kompetenz haben, den ´Synodalen Rat` auf nationaler, diözesaner oder pfarrlicher Ebene einzurichten“.

Noch einmal gesagt: Es handelt sich nicht um einen Wunsch, Vorschlag, eine Bitte oder eine Einladung zur Debatte, sondern um eine rechtsverbindliche und zu befolgende Anordnung des Papstes.

Dieser ist Haupt des Bischofskollegiums, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche und verfügt deshalb kraft seines Amtes in der Kirche über die höchste, volle, unmittelbare, universale und ordentliche Gewalt, die er immer frei ausüben kann (can. 331 CIC): Höchstgewalt besagt, dass es keine Gewalt gibt, die ihr übergeordnet ist. Gemäß can. 333 § 3 CIC kann es gegen ein Urteil oder ein Dekret des Papstes weder eine Berufung noch eine Beschwerde geben:

„Der Papst kann von niemanden vor Gericht gezogen werden“ (can. 1404 CIC).

Der Papst besitzt innerhalb der Kirche die Fülle der Gewalt und somit Vollgewalt. Dieser Vollgewalt, der gegenüber alle getauften Katholiken, die Hirten und die einzelnen Gläubigen, zu hierarchischer Unterordnung und wahrem Gehorsam verpflichtet sind, bezieht sich in materieller-inhaltlicher Hinsicht auf alle Angelegenheiten der Kirche.

Kein Dienstweg durch die Hierarchie, sondern direkt

Unmittelbare Gewalt besagt, dass der Papst ohne Mittler direkt und jederzeit in alle Teilkirchen und deren Verbände eingreifen kann (vgl. can. 333 § 1 CIC), ohne eine Ermächtigung oder Erlaubnis von der örtlich und personell zuständigen Autorität zu erbitten. So kann der Papst, unter Ausschluss aller Instanzen, eine Sache direkt an sich ziehen. Umgekehrt haben alle Gläubigen das Recht, sich direkt an den Papst zu wenden.

Die Vollmacht des Papstes bezieht sich nicht nur auf die Diözese Rom, sondern erstreckt sich über die Universalkirche. Die direkte Leitungsvollmacht des Papstes besagt, dass dem Papst die ganze Gewalt, die Christus seiner Kirche auf Erden übertragen hat, in ihrer gesamten Fülle zukommt.

Nach can. 131 § 1 CIC ist ordentliche Leitungsgewalt jene, welche ipso iure mit einem Amt verbunden ist. Diese ordentliche Gewalt erhält der Papst durch die Annahme der rechtmäßig erfolgten Wahl. Die ordentliche Leitungsgewalt ist dem Papstamt eigen und wird im eigenen Namen ausgeübt. Die freie Ausübung der päpstlichen Gewalt besagt, dass er sie unabhängig von kirchlichen oder zivilen Autoritäten ausübt und daran nicht gehindert werden darf.

Gehorsamsverweigerung kennzeichnet Schisma

In seiner Stellungnahme vom 23. Januar 2023 hat der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Dr. Georg Bätzing aber deutlich gemacht, dass er nicht bereit ist, sich der päpstlichen Autorität unterzuordnen und zu gehorchen, sondern in völliger Verkennung seiner Kompetenzen und seiner Stellung in der kirchlichen Hierarchie, das Projekt des Synodalen Rates und anderer „Reformen“ des sogenannten „Synodalen Weges“ weiterzuverfolgen.

Damit fallen er und seiner Unterstützer in die von can. 751 CIC umschriebene Rechtswirklichkeit:

„… Schisma nennt man die Verweigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft mit dem diesen untergebenden Mitgliedern der Kirche.“

Die Weigerung Bätzings und weiterer deutscher Bischöfe, dem Papst zu gehorchen, sind schismatische Akte. Für Schismatiker, Apostaten und Häretiker schreibt can. 1364 § 1 CIC die Tatstrafe der Exkommunikation vor. Wenn andauernde Widersetzlichkeit oder die Schwere des Ärgernisses es erfordern, können weitere Strafen hinzugefügt werden, die Entlassung aus dem Klerikerstand nicht ausgeschlossen (can. 1364 § 2 CIC).

Bischofsamt kann nicht delegiert werden

Die von einigen Bischöfen jetzt propagierte und schon praktizierte „Selbstbindung“ und Übertragung bischöflicher Vollmacht auf ein Gremium, in dem dessen Entscheidungen einfach nur rezipiert werden, ist ein unlauterer und billiger Trick, um das päpstliche Verbot zu unterlaufen und auszuhebeln.

Diese „Selbstbindung“ besitzt weder theologische noch rechtliche Legitimität und ist als besonders perfide zu bezeichnen. Das Amt des Bischofs, übertragen durch die Fülle des Weihesakramentes, wird als ein persönliches und unverlierbares Präge-Mal und als persönliche Vollmacht verliehen, die nicht abgegeben oder an ein Gremium wegdelegiert werden kann. Damit würde sich ein Bischof seiner grundlegenden Verantwortung feige entziehen und sich zum Büttel eines Gremiums degradieren. Trotz aller Beteuerungen Bätzings wäre die dogmatische Substanz des Bischofsamtes nicht nur massiv tangiert, sondern zerstört und die Kirche nicht mehr die Kirche Christi, die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche.

Der Theologe Dr. Joachim Heimerl analysierte es in einem Beitrag bei kath.net bereits sehr gut:

„Man braucht sich nicht zu wundern, dass Schismen entstehen; auch nicht darüber, wie schnell das geht. Was gegenwärtig in Deutschland geschieht ist ein Musterbeispiel dafür. Bruchlinien vertiefen sich und schließen sich nicht mehr. Worthülsen wie „versöhnte Verschiedenheit“ bestätigen das im Grunde nur.

Eine wirkliche Einheit kann nie nur ein Lippenbekenntnis sein. Sie erfordert ein klares Bekenntnis zu den lehramtlichen Aussagen der Kirche, die Einhaltung des kirchlichen Rechts und den Gehorsam gegenüber dem Papst. Die kirchliche Einheit muss auch praktiziert werden; eine vorgetäuschte Einheit ist keine, auch nicht eine nach deutscher Art. Sie ist eine Lüge und weiter nichts.

Natürlich kann man an einer solchen Lüge festhalten, diesseits wie jenseits der Alpen. Man kann die fehlende Einheit ignorieren und so tun, als bestünde sie noch irgendwie fort. Aber jetzt ist ein Punkt erreicht, an dem ein Schisma so bedauerlich wie notwendig ist; ansonsten wird die Kirche in Deutschland in ihrem Inneren zerreißen. Ein „Weiter so“ ist nicht mehr möglich. Das hat man nun wohl auch in Rom begriffen“

Auch der Autor Edmund Pevensie schließt sich dem an: „Heute benötigen wir dringend wieder das, was Eberhard Jüngel im Blick auf die vom ihm kritisierte ökumenische Erklärung zur Rechtfertigungslehre forderte: „Um Gottes Willen – Klarheit!“

 


Dr.  theol. Peter Josef Mettler,
geboren am 06. Juni 1955 in Morbach (Hunsrück). 1974 Eintritt in die Ordensgemeinschaft der Missionare von der Heiligen Familie (MSF), 1975-1980 Studium der Theologie in Mainz und Trier. Priesterweihe am 06. September 1981 in Wanne-Eickel. 1982-1987 Kaplan in Düren und Neuss. 1988 Aussendung nach Brasilien in die Diözese Januaria/Brasilien, dort verschiedene pastorale Dienste als Kaplan, Pfarrer und Seelsorger in einem Indio-Reservat. 2001-2003 Lizentiat in Kirchenrecht (Rio de Janeiro). 2007 Promotion zum Dr. theol. in Freiburg. 2008-2019 Dozent für Kirchenrecht an der theologisch-philosophischen Fakultät in Belo Horizonte/Brasilien und zwischen 2012-2017 dort auch Offizial am Interdiözesanen Kirchengericht. 2019 Rückkehr nach Deutschland. Seither in Münster in pastoralen Diensten und Diözesanrichter am Offizialat.


Literaturhinweise

Gomez-Iglesias, Valentin. Approbación en forma especifica. In Diccionario General de Derecho Canonico (DGDC) Navarra 2012, Vol 1, 431-435.

Hallermann, Heribert. Die „Approbatio in forma specifica“ – Ein Instrument zum Schutz des geltenden Rechts. In ÖAKR 45 (1998) 160-171.

Klappert, Sebastian. Das Verhältnis des Papstes zu den Diözesanbischöfen nach dem Codex Iuris Canonici von 1983. Berlin 2014.

Primetshofer, Bruno. Approbatio in forma specifica. Überlegungen zur Normentypik im kanonischen Recht. In AfkKR 169 (2000) 408-432.

Reisinger, Philipp. Jurisdiktionsprimat und bischöfliche Kollegialität in perichoretischer Zusammenschau. Ein spekulativer, theologischer Entwurf zum Subjekt der höchsten Autorität der Kirche unter besonderer Berücksichtigung der kanonischen Gesetzgebung im CIC/1983 und CCEO. St. Ottilien, 2012.

Rhode, Ulrich. Mitwirkungsrechte kirchlicher Autoritäten im Codex Iuris Canonici. Teil II: Rechtsfolgen und Verfahrensfragen. St. Ottilien 2004.

Viana, Antonio. „Approbatio in forma specifica“. El Reglamento general de la curia romana de 1999. In Ius canonicum 40 (2000) 209-228.

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